Die Kammer
Lüftungsöffnung geschwenkt und einen Hauch frischer Luft erhascht. Dann lehnte er mit verschränkten Armen an der Wand und starrte die Tür an, so weit weg von Sam wie möglich. Er lehnte immer noch da und starrte auf die Tür, als sie aufging und der Kopf von Sergeant Packer erschien. Wollte nur nachsehen, ob alles in Ordnung ist, sagte er, wobei er zuerst einen Blick auf Adam warf und dann durch das Gitter hindurch Sam musterte, der mit einer Hand vor dem Gesicht vornübergebeugt auf seinem Stuhl saß.
»Alles bestens«, sagte Adam wenig überzeugend.
»Gut, gut«, sagte Packer und machte schnell die Tür wieder zu und schloß ab. Adam kehrte langsam zu seinem Stuhl zurück. Er zog ihn dicht an das Gitter heran und stützte die Ellenbogen auf. Sam ignorierte ihn ein oder zwei Minuten, dann wischte er sich mit dem Ärmel die Augen ab und richtete sich auf. Sie sahen sich an.
»Wir müssen reden«, sagte Adam leise.
Sam nickte, sagte aber nichts. Er wischte sich noch einmal die Augen ab, diesmal mit dem anderen Ärmel. Er holte eine Zigarette aus der Packung und steckte sie zwischen die Lippen. Seine Hand zitterte, als er das Feuerzeug aufschnappen ließ. Er paffte schnell.
»Also bist du wirklich Alan«, sagte er mit leiser, rauher Stimme.
»So habe ich wohl früher geheißen. Ich habe es erst erfahren, nachdem mein Vater gestorben war.«
»Du bist 1964 geboren.«
»Stimmt.«
»Mein erster Enkel.«
Adam nickte und schaute woanders hin.
»1967 seid ihr verschwunden.«
»Vermutlich. Ich kann mich nicht daran erinnern. Meine frühesten Erinnerungen stammen aus Kalifornien.«
»Ich habe gehört, daß Eddie nach Kalifornien gegangen ist und daß da noch ein zweites Kind war. Jemand hat mir später erzählt, daß sie Carmen heißt. Im Laufe der Jahre habe ich dieses und jenes erfahren und wußte, daß ihr alle irgendwo in Kalifornien seid, aber er hat ganze Arbeit geleistet bei seinem Verschwinden.«
»Wir sind ziemlich viel herumgezogen, als ich klein war. Ich glaube, er hatte Mühe, einen Job zu behalten.«
»Du hast nichts von mir gewußt?«
»Nein. Angehörige wurden nie erwähnt. Ich habe es erst nach seiner Beerdigung erfahren.«
»Wer hat es dir gesagt?«
»Lee.«
Sam kniff einen Moment lang die Augen fest zusammen, dann tat er wieder einen Zug aus seiner Zigarette. »Wie geht es ihr?«
»Gut, nehme ich an.«
»Weshalb arbeitest du bei Kravitz & Bane?«
»Es ist eine gute Firma.«
»Hast du gewußt, daß sie mich vertreten hat?«
»Ja.«
»Also hast du das geplant?«
»Seit ungefähr fünf Jahren.«
»Aber warum?«
»Ich weiß es nicht.«
»Du mußt doch einen Grund gehabt haben.«
»Der Grund liegt auf der Hand. Du bist mein Großvater. Ob es uns nun gefällt oder nicht, du bist der, der du bist, und ich bin auch der, der ich bin. Und jetzt bin ich hier. Also, wie geht es jetzt weiter?«
»Ich finde, du solltest verschwinden.«
»Ich verschwinde nicht, Sam. Ich habe mich sehr lange hierauf vorbereitet.«
»Worauf vorbereitet?«
»Du brauchst einen Rechtsbeistand. Du brauchst Hilfe. Deshalb bin ich hier.«
»Mir kann keiner mehr helfen. Sie sind entschlossen, mich in die Gaskammer zu schicken, aus einer Menge von Gründen. Du brauchst dich da nicht mit hineinziehen zu lassen.«
»Warum nicht?«
»Nun, zum einen ist es hoffnungslos. Du wirst darunter leiden, wenn du dir Arme und Beine ausreißt und keinerlei Erfolg damit hast. Zum anderen wird deine wahre Identität bekannt werden. Das wird sehr unerfreulich sein. Das Leben wird für dich wesentlich angenehmer sein, wenn du Adam Hall bleibst.«
»Ich bin Adam Hall, und ich habe nicht vor, daran etwas zu ändern. Außerdem bin ich dein Enkel, und daran können wir schließlich auch nichts ändern. Weshalb also die Aufregung?«
»Es wird deine Familie in Verlegenheit bringen. Eddie hat gute Arbeit geleistet, um euch zu schützen.«
»Meine Deckung ist bereits aufgeflogen. Meine Firma weiß es. Ich habe es Lucas Mann gesagt, und...«
»Dieser Mistkerl wird es jedem weitererzählen. Dem darfst du keine Minute trauen.«
»Du verstehst das nicht, Sam. Mir ist es völlig gleich, ob er es weitererzählt oder nicht. Von mir aus kann die ganze Welt wissen, daß ich dein Enkel bin. Ich habe diese schmutzigen kleinen Familiengeheimnisse restlos satt. Ich bin jetzt erwachsen. Ich kann für mich selbst denken. Außerdem bin ich Anwalt und habe mir ein dickes Fell zugelegt. Ich kann das durchstehen.«
Sam entspannte sich ein wenig auf
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