Die Kammer
seinem Stuhl und betrachtete den Fußboden mit einem angenehmen kleinen Grinsen von der Art, mit denen erwachsene Männer kleine Jungen bedenken, die so tun, als wären sie älter als ihre Jahre. Er grunzte leise und nickte dann sehr langsam mit dem Kopf. »Du verstehst das einfach nicht, Junge«, sagte er, jetzt in gemessenem, geduldigem Tonfall. »Dann erklär es mir«, sagte Adam. »Das würde eine Ewigkeit dauern.«
»Wir haben vier Wochen. In vier Wochen kann man eine Menge reden.«
»Was genau ist es, das du hören willst?« Adam lehnte sich auf seinen Ellenbogen noch näher an das Gitter heran. Seine Augen waren nur Zentimeter von der Öffnung im Gitter entfernt. »Erstens möchte ich mit dir über den Fall reden - Anträge, Strategien, die Prozesse, das Bombenattentat, wer dabei war in jener Nacht...«
»Niemand war dabei in jener Nacht.«
»Darüber können wir später reden.«
»Wir reden jetzt darüber. Ich war allein, hast du gehört?«
»Okay. Zweitens will ich alles über meine Familie erfahren.«
»Warum?«
»Warum nicht? Weshalb sollte es vergraben bleiben? Ich will etwas erfahren über deinen Vater und dessen Vater, über deine Brüder und Vettern. Es kann sein, daß mir diese Leute zuwider sind, wenn alles vorüber ist, aber ich habe ein Recht darauf, über sie Bescheid zu wissen. Diese Informationen sind mir bisher vorenthalten worden, und ich will Bescheid wissen.«
»Da gibt es nichts Bemerkenswertes.«
»Ach,. wirklich? Ich finde es ziemlich bemerkenswert, daß du es bis hierher in den Todestrakt gebracht hast. Eine zeimlich exklusive Gesellschaft. Nimmt man die Tatsache hinzu, daß du weiß bist, aus der Mittelschicht stammst und fast siebzig Jahre alt bist, dann wird es noch bemerkenswerter. Ich will wissen, wie und warum du hier gelandet bist. Was hat dich dazu gebracht, diese Dinge zu tun? Wie viele Männer aus meiner Familie haben dem Klan angehört? Und warum? Wie viele weitere Leute wurden so ganz nebenbei umgebracht?«
»Und du glaubst, ich werde auspacken und dir das alles erzählen?«
»Ja, das glaube ich. Du wirst es tun. Ich bin dein Enkel, Sam, der einzige lebende, atmende Verwandte, dem du noch etwas bedeutest. Du wirst reden, Sam. Du wirst mit mir reden.«
»Nun, da ich so geschwätzig sein werde - worüber werden wir sonst noch reden?«
»Über meinen Vater.«
Sam tat einen tiefen Atemzug und schloß die Augen. »Du verlangst nicht gerade wenig, stimmt's?« sagte er leise. Adam notierte etwas Sinnloses auf seinem Block.
Es war Zeit für das Ritual einer weiteren Zigarette, und Sam vollführte es mit noch mehr Geduld und Sorgfalt. Ein weiterer Schwall Rauch vereinigte sich mit der Wolke über ihren Köpfen. Seine Hände zitterten nicht mehr. »Und wenn wir mit Eddie fertig sind, worüber willst du dann reden?«
»Ich weiß es nicht. Aber damit sollten wir wohl vier Wochen beschäftigt sein.«
»Wann reden wir über dich?«
»Jederzeit.« Adam griff in seinen Aktenkoffer und holte eine dünne Akte heraus. Er schob ein Blatt Papier und einen Stift durch die Öffnung. »Das ist eine Vereinbarung über juristische Vertretung. Unterschreib auf der unteren Linie.«
Ohne es anzurühren, las Sam es aus einiger Entfernung. »Also engagiere ich Kravitz & Bane von neuem?«
»Gewissermaßen. «
»Wie meinst du das, gewissermaßen? Hier steht schwarz auf weiß, daß ich damit einverstanden bin, daß diese Juden mich wieder vertreten. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich sie los war, und dabei habe ich sie nicht einmal bezahlt.«
»Die Vereinbarung triffst du mit mir, Sam. Du wirst diese Leute nicht zu Gesicht bekommen, wenn du es nicht willst.«
»Ich will es nicht.«
»Schön. Zufällig arbeite ich für die Firma, und deshalb muß die Vereinbarung auch mit der Firma getroffen werden. So einfach ist das.«
»Ah, der Optimismus der Jugend. Alles ist einfach. Hier sitze ich, weniger als dreißig Meter von der Gaskammer entfernt, die Uhr an der Wand dort drüben tickt weiter und wird immer lauter, und alles ist einfach.«
»Unterschreib das verdammte Papier, Sam.«
»Und was passiert dann?«
»Dann machen wir uns an die Arbeit. Rechtlich kann ich nichts für dich tun, bevor wir diese Vereinbarung getroffen haben. Du unterschreibst, wir machen uns an die Arbeit.«
»Und womit willst du anfangen, wenn du dich an die Arbeit machst?«
»Das Kramer-Attentat noch einmal durchgehen, ganz langsam, Schritt für Schritt.«
»Das ist bereits tausendmal geschehen.«
»Wir
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