Die Kammer
informieren.
Es war fast fünf Uhr. Adam saß bei geschlossener Tür an seinem Schreibtisch und lauschte den Stimmen auf dem Flur; Anwaltsgehilfen, Sekretärinnen und andere Angestellte trafen die letzten Vorbereitungen, um für diesen Tag Feierabend zu machen. Er kam zu dem Schluß, daß er dem Fernsehreporter nichts zu sagen hatte. Er wählte die Nummer von Todd Marks von der Memphis Press. Ein Tonband dirigierte ihn durch die Wunder der fernmündlichen Verbindung, und nach ein paar Minuten meldete sich Mr. Marks auf einem seiner fünf Anschlüsse und sagte hastig: »Todd Marks.« Er hörte sich an wie ein Teenager.
»Ich bin Adam Hall, von Kravitz & Bane. Ich habe eine Nachricht vorgefunden, daß ich Sie anrufen sollte.«
»Ja, Mr. Hall«, sprudelte Marks, sofort freundlich und nicht mehr in Eile. »Danke für Ihren Anruf. Ich - äh - wir haben ein Gerücht gehört, daß Sie den Cayhall-Fall übernehmen wollen, und - äh - ich wollte der Sache nachgehen.«
»Ich vertrete Mr. Cayhall«, sagte Adam mit gemessenen Worten.
(»Ja, genau, das haben wir gehört. Sie äh - kommen aus Chicago?«
»Ich komme aus Chicago.«
»Ah ja. Und wie - äh - sind Sie an den Fall gekommen?«
»Meine Firma hat Sam Cayhall sieben Jahre lang vertreten.«
»Ja, richtig. Aber hat er die Vertretung nicht vor kurzem aufgekündigt? «
»Das hat er. Und jetzt hat er die Firma erneut engagiert.« Adam konnte Tastengeklapper hören; Marks verleibte die Worte einem Computer ein.
»Ich verstehe. Wir haben ein Gerücht gehört, mehr als ein Gerücht ist es ja wohl nicht, Sam Cayhall sei Ihr Großvater.«
»Von wem haben Sie das gehört?«
»Nun, wissen Sie, wir haben da so unsere Quellen, und die müssen wir schützen. Ich kann Ihnen wirklich nicht sagen, von wem wir das gehört haben.«
»Ja, ich weiß.« Adam holte tief Atem und ließ Marks eine Minute warten. »Wo sind Sie jetzt?«
»In der Redaktion.«
»Wo ist das? Ich kenne mich hier nicht aus.«
»Wo sind Sie?« fragte Marks.
»In der Innenstadt. In unserem Büro.«
»Ich bin nicht weit weg. Ich könnte in zehn Minuten bei Ihnen sein.«
»Nein, nicht hier. Treffen wir uns irgendwo anders. In irgendeiner ruhigen kleinen Bar.«
»Gut. Das Peabody Hotel liegt an der Union Street, drei Blocks von Ihnen entfernt. Dort gibt es eine nette Bar gleich am Foyer. Heißt Mallards.«
»Ich bin in einer Viertelstunde dort. Nur Sie und ich, okay?«
»Natürlich.«
Adam legte den Hörer auf. Sams Vereinbarung enthielt einige unscharfe und mehrdeutige Formulierungen, mit denen er zu verhindern versuchte, daß sein Anwalt mit der Presse sprach.
Die entsprechende Klausel hatte große Schlupflöcher, die jeder Anwalt mühelos passieren konnte, aber Adam wollte es nicht darauf ankommen lassen.
Nach zwei Besuchen bei seinem Großvater wußte er immer noch nicht, was er von ihm zu halten hatte. Er konnte Anwälte nicht ausstehen und würde sich nicht scheuen, einen weiteren zu entlassen, selbst wenn es sein eigener Enkel war.
Mallards füllte sich rasch mit erschöpften jungen Männern, die vor der Heimfahrt in einen der Vororte erst einmal ein paar harte Drinks brauchten. In der Innenstadt von Memphis wohnten nur wenige Menschen, also trafen sich die Banker und Börsenmakler hier und in zahllosen weiteren Bars, tranken Bier aus grünen Flaschen und nippten an schwedischem Wodka. Sie säumten die Theke und versammelten sich an kleinen Tischen, um über die Chancen des Marktes und die künftige Zinsentwicklung zu diskutieren. Es war ein ziemlich luxuriöses Lokal, mit Wänden aus echten Ziegelsteinen und einem Fußboden aus echten Holzdielen. Auf einem Tisch neben der Tür standen Tabletts mit Hühnerkeulen und mit Speck umwickelter Leber.
Adam entdeckte einen jungen Mann in Jeans und mit einem Notizblock. Sie machten sich miteinander bekannt und gingen zu einem Ecktisch. Er trug eine Stahlbrille, und das Haar reichte ihm bis auf die Schultern. Er war freundlich und schien ein bißchen nervös zu sein. Sie bestellten Heineken-Bier. Der Block lag auf dem Tisch, griffbereit, und Adam beschloß, die Initiative zu ergreifen. »Ein paar Grundregeln«, sagte er.
»Erstens, alles, was ich sage, ist vertraulich. Sie dürfen keines meiner Worte zitieren. Einverstanden?«
Marks zuckte die Achseln, als wäre das in Ordnung, aber nicht gerade das, was er sich gewünscht hatte. »Okay«, sagte er. »Ich glaube, Sie nennen so etwas Hintergrundmaterial oder so ähnlich.«
»Stimmt.«
»Ich werde
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