Die Kampagne
Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärkt, als Demonstranten aufzogen, während der Botschafter im Innern des Gebäudes mit grimmigen Mienen die Leitungen zu Gorschkow zum Glühen brachten. Auf den Straßen Londons trugen Tausende Demonstranten Plakate mit der Aufschrift: »Gorschkow ist ein Mörder.« Versorgt wurden sie insgeheim von Leuten, die für Pender arbeiteten.
Die Familien der Opfer erschienen bei der BBC, allen großen US-Networks und auch in mehreren anderen Ländern. Alle verurteilten die Grausamkeit der Russen, und ihre tränenüberströmten Gesichter und gebrochenen Herzen versetzten die Welt in einen gerechten Zorn, wie man ihn nur selten in der Geschichte gesehen hatte.
Das Feuer wurde noch mehr geschürt durch die Tatsache, dass der Insider, Aron Lesnik, auf offener Straße und am helllichten Tag mitten in London erschossen worden war. Er war sogar direkt vor den Augen von Katie James gestorben, die dank ihrer sensationellen Story wieder an die Spitze der Journalistenwelt katapultiert worden war.
Die Russen stritten erneut alles aufs Schärfste ab, doch diese Erklärungen zeigten nicht die geringste Wirkung auf die Welt. Es hieß, Gorschkow sei dermaßen außer sich, dass er nur noch mit einer Pistole durch den Kreml ging und jedem drohe, ihm den Kopf wegzupusten.
Jeder wollte Katie James finden, auch die Londoner Polizei, die sich von der unerschrockenen Reporterin verarscht fühlte. Nur dass Katie verschwunden war. Gerüchten zufolge hatte Gorschkow befohlen, sie zu töten.
Ist sie längst tot?, fragten sich Milliarden von Menschen.
Kaum hatte Shaw den Hörer aufgelegt, hatte Katie ihre Sachen gepackt und war geflohen. Sie fand ein Zimmer in einer heruntergekommenen Pension, wo man Bargeld akzeptierte und keine Fragen stellte. Dort ließ sie sich nieder. Nein, sie grub sich ein - das traf es besser. Katie schwor sich, sollte sie das hier überleben, würde sie als Erstes in die Staaten fliegen, sich einen Baseballschläger schnappen und Kevin Gallagher die Knie zertrümmern.
Kapitel 65
E ine Briefkastenfirma, die Nicolas Creel gehörte, besaß ein tausend Morgen großes Gut in Albermarle County, Virginia, nur eine kurze Fahrt von Thomas Jeffersons geliebter University of Virginia entfernt. Es war eine Farm mit Pferdeställen, wo Rennpferde trainiert und gezüchtet wurden. Außerdem gab es ein wenig Vieh, Getreide und ein so großes Herrenhaus, dass gleich mehrere Monticellos bequem hineingepasst hätten. Creel war heute eingeflogen, und sein Hubschrauber hatte Dick Pender hergebracht, um den nächsten Schritt des Plans einzuleiten und zu diskutieren.
Die Männer saßen an einem kleinen Konferenztisch in einem Zimmer, das vollkommen abhörsicher war. Pender fragte: »Hat Ihre Frau Sie aus Europa begleitet?«
»Nein. Diese Beziehung ist beendet.«
Miss Hottie war noch immer in Südfrankreich und erhielt vermutlich gerade die Scheidungspapiere, rechnete Creel im Kopf nach. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass sie die Akten splitternackt in Empfang nahm, und Creel fragte sich kurz, wie sie wohl mit den fünf Millionen Dollar jährlich zurechtkommen würde, die ihr im Ehevertrag für die nächsten zehn Jahre zugesichert worden waren. Na ja, ihre Vorliebe für Nacktheit würde der Frau zumindest das Geld für Kleidung sparen. Und damit verschwand Miss Hottie endgültig aus Creels Gedanken.
»Ich verstehe«, sagte Pender.
Pender sah die Bauzeichnungen auf dem Tisch. »Bauen Sie irgendwo einen neuen großartigen Palast?«
»Nein, ein Waisenhaus in Italien.«
»Ihr Interessensspektrum erstaunt mich immer wieder, Mr. Creel.«
»Das freut mich zu hören«, erwiderte der Milliardär kalt.
»Die eine, einzige Story von Katie James übertrifft an Wirkung bereits alles, was wir bis dahin getan haben«, berichtete Pender. »So eine Medienaktivität habe ich noch nie gesehen. Noch nie!«
»Warten Sie erst mal ab, was passiert, wenn wir die Story für sie zu Ende bringen.«
»Lassen Sie mich raten: Das schließt die chinesischen Besitzverhältnisse der Phoenix Group mit ein«, sagte Pender und schaute auf seine Papiere. »Und Daten sowie Akten, die Phoenix mit der Roten-Gefahr-Kampagne in Verbindung bringen, sind in dem Gebäude gefunden wurden; aber die Polizei hält sie unter Verschluss, um eine internationale Krise zu vermeiden.« Der Mann rezitierte diese Punkte, als würde er eine Einkaufsliste vorlesen. Dann hob er den Blick und lächelte. »Das ist ein richtiger Showstopper, wenn ich so
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