Die Kampagne
sich langsam auf. »Wir müssen reden. Sofort.«
Kapitel 58
N icolas Creel hatte einen äußerst arbeitsreichen Tag hinter sich, sogar für seine Verhältnisse. Er war mit seinem Privatjet von Italien nach New York geflogen und von dort nach Houston, wo er seine Chefverkäufer an Bord genommen hatte. Sie verbrachten die beträchtliche Flugzeit damit, letzte Details der Verkaufspräsentation in Peking zu besprechen.
Nun war Creel in seiner Kabine und schaute sich das Bild eines Mannes an, das man ihm zusammen mit entsprechenden Einzelheiten soeben geschickt hatte. Der Name des Mannes war Shaw, und er beschäftigte sich mit dem Massaker im Gebäude der Phoenix Group. Shaw gehörte einer streng geheimen, internationalen Polizeiorganisation an. Allerdings war Creel darüber informiert worden, dass diese Organisation die Gesetze bisweilen missachtete, um ihre Ziele zu erreichen. Shaw war einer ihrer besten Agenten und hatte offenbar auch ein persönliches Motiv, das Verbrechen aufzuklären. Das war besorgniserregend.
Irritierender war nur die E-Mail, die Creel von Caesar bekommen hatte: Caesar ließ das Gebäude der Phoenix Group von seinen Männern beobachten; sie hatten gemeldet, diesen Shaw und die Journalistin Katie James zusammen gesehen zu haben. Creel hatte Caesar angewiesen, die beiden zu verfolgen. Er wollte nicht, dass dieser Shaw sich in die Rolle einmischte, die Katie James unwissentlich in seinem Plan spielen sollte.
Creel kehrte wieder in den Konferenzraum des Jets zurück, wo seine Verkaufsmanager letzte Hand an die Präsentation anlegten, von der sie hofften, dass sie ihnen den größten Rüstungsauftrag einbringen würde, den China je an ein ausländisches Unternehmen vergeben hatte. Tatsächlich war dies nur die Eröffnungssalve, doch das wusste bis auf Creel niemand. Sobald die Ereignisse in London der Welt erklärt waren, würden die Chinesen begreifen, in welch prekärer Lage sie sich befanden. Der Rote Drache würde zum Ziel für den Russischen Bären werden, und die Kommunisten würden ihre Waffenbestellungen verdreifachen, um diesen Irren, Gorschkow, im Zaum zu halten. Mit ein bisschen Glück würden sie für die nächsten zwei Jahrzehnte Stammkunden der Ares Corporation sein.
Das wäre für die meisten Unternehmer schon mehr als genug, doch nicht für Nicolas Creel. Peking war nur die eine Hälfte der Gleichung.
Nach China würde Creel nach Westen weiterfliegen und Moskau besuchen. Er rechnete mit heftigem Widerstand seitens der ehemaligen Sowjets, die noch immer nicht die Notwendigkeit sahen, über die neuesten und besten Waffensysteme zu verfügen. Wie der Rest der Welt, überließen auch sie dieses Feld den Yankees, an deren Verteidigungshaushalt niemand herankam. Aber Creel war einer der wenigen, wenn nicht gar der einzige Visionär, der erkannte, dass dies nicht immer so bleiben musste. Weltmächte kamen, und Weltmächte gingen. Die Amerikaner standen schon lange Zeit ganz oben, zumindest nach gegenwärtigen, historischen Standards. Es war längst überfällig, dass jemand sie überholte. Ob das nun die Russen sein würden, die Chinesen oder beide, kümmerte Creel nicht. Hauptsache, er war derjenige, der die nächste Supermacht bewaffnete.
Creel würde weder Gorschkow noch dem chinesischen Verteidigungsminister gegenüber das Problem »Russland gegen China« anschneiden oder die wachsenden Spannungen zwischen den beiden Ländern zur Sprache bringen. Stattdessen gedachte er, das Ganze von der positiven Seite aus anzugehen. Ihre Zeit ist gekommen, würde er den Verantwortlichen in beiden Ländern sagen. Das ist Ihr Jahrhundert. Packen Sie diese Gelegenheit beim Schopf, sonst wird es jemand anders tun. Was die Identität dieses »anderen« betraf würde er es der Fantasie seiner jeweiligen Gesprächspartner überlassen.
Um die konkreten Zahlen und die restlichen Einzelheiten konnten sich seine Untergebenen kümmern. Creel nahm an dieser Reise teil, um beiden Ländern klarzumachen, was für sie auf dem Spiel stand. Und für Ares standen Billionen von Dollar auf dem Spiel, denn sobald Russland und China mit der Aufrüstung begannen, würden alle anderen nachziehen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten und ihre Egos zu verteidigen. Das schloss die Yankees mit ein, die ohne Zweifel die Gefahr sehen würden, dass jemand ihnen den Rang ablief. Was machten da schon ein paar Billionen Dollar Schulden mehr? Die Amerikaner konnten ihre jetzigen Schulden ja schon nicht zurückzahlen.
Creel
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