Die Kandidaten
Geld
hegte, darum erwähnte er seine Investitionen nur, wenn sie das
Thema zur Sprache brachte. Und er teilte ihr selbstverständlich
nicht mit, dass Mr Russell der Meinung war, es sei nun an der
Zeit, für weitere Kapitalanlagen Darlehen aufzunehmen.
Nat fühlte sich nicht schuldig, wenn er fünfzehn Minuten am
Tag damit zubrachte, seinen winzigen Fonds zu verwalten, denn
er bezweifelte, dass irgendein anderer Student seines Jahrgangs
fleißiger war als er. Die einzige Pause, die er sich vom Studium
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gönnte, war die Stunde, die er jeden Nachmittag trainierte, und
der Höhepunkt des Jahres war gekommen, als er beim Lauf
gegen die UConn in seinem Harvard-Trikot als Erster die
Ziellinie überquerte.
Nach einigen Bewerbungsgesprächen in New York erhielt Nat
eine Unzahl von Angeboten von Finanzinstituten, aber nur zwei
davon nahm er ernst. An Ruf und Größe blieben sie einander
nichts schuldig, aber kaum hatte er Arnie Freeman getroffen,
den Leiter der Devisenabteilung bei Morgan, unterschrieb er auf
der Stelle einen Vertrag. Arnie besaß die Gabe,
vierzehnstündige Arbeitstage an der Wall Street wie ein einziges
Vergnügen klingen zu lassen.
Nat fragte sich, was in diesem Jahr noch alles passieren würde.
Dann fragte ihn Su Ling, wie viel Gewinn der Cartwright-
Fonds angesammelt hatte.
»Ungefähr vierzigtausend Dollar«, erwiderte Nat.
»Und dein Anteil daran?«
»Zwanzig Prozent. Wofür willst du das Geld ausgeben?«
»Für unser erstes Kind«, antwortete sie.
*
Fletcher bedauerte ebenfalls wenig, wenn er auf sein erstes Jahr
bei Alexander Dupont & Bell zurückblickte. Er hatte keine
Ahnung gehabt, wie sein Verantwortungsbereich aussehen
würde, aber man nannte die jungen Angestellten nicht umsonst
›Packesel‹. Schnell fand er heraus, dass seine Hauptaufgabe
darin bestand, sicherzustellen, dass Matt Cunliffe stets die
relevanten Unterlagen für all seine Fälle auf seinem Schreibtisch
vorfand. Innerhalb weniger Tage hatte Fletcher durchschaut,
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dass die Vorstellung von ständigen glamourösen Auftritten vor
Gericht, bei denen unschuldige Frauen vom Vorwurf des
Mordes freigekämpft wurden, nur der Stoff waren, aus dem
Fernsehfilme bestanden. Ein Großteil seiner Arbeit war mühsam
und akribisch und häufig einigte man sich dann noch vor dem
ersten Prozesstag auf einen Vergleich.
Fletcher fand auch heraus, dass man erst als Partner das
wirklich ›große Geld‹ verdiente und noch bei Tageslicht nach
Hause kam. Wenigstens erleichterte Matt ihm die Arbeit, indem
er nicht auf einer nur dreißigminütigen Mittagspause bestand. So
konnte Fletcher zweimal die Woche mit Jimmy Squash spielen.
Obwohl Fletcher jeden Abend Arbeit mit nach Hause nahm,
versuchte er, wann immer möglich, noch eine Stunde mit seiner
Tochter zu verbringen. Sein Vater erinnerte ihn regelmäßig
daran, dass Fletcher die ›wichtigen Momente in Lucys Kindheit‹
niemals nachholen konnte, wenn diese frühen Jahre erst einmal
verstrichen waren.
Die Party zu Lucys erstem Geburtstag war das lauteste
Ereignis außerhalb eines Footballstadions, dem Fletcher jemals
beigewohnt hatte. Annie hatte so viele Freundinnen in der
Nachbarschaft gefunden, dass ihr Haus voller Kleinkinder war,
die alle gleichzeitig lachten oder weinten. Fletcher wunderte
sich, wie ruhig Annie damit umging, wenn Eiscreme
verschmiert, Schokoladenkuchen in den Teppich getreten oder
Milch über ihr Kleid vergossen wurde. Nie verlor sie ihr
Lächeln. Als auch die letzte Göre ihrem Heim den Rücken
gekehrt hatte, war Fletcher völlig erschöpft, aber Annie sagte
nur: »Ich denke, das ist großartig gelaufen.«
Fletcher traf sich auch weiterhin viel mit Jimmy, der – wie er
selbst sagte – dank seines Vaters eine Stelle bei einer kleinen,
aber angesehenen Kanzlei in der Lexington Avenue gefunden
hatte. Seine Arbeitszeit war fast so schlimm wie die von
Fletcher, aber seine Verantwortung als Vater motivierte ihn und
das verstärkte sich noch, als Joanna ein zweites Kind zur Welt
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brachte. Die beiden beteten sich an und waren das Neidobjekt
zahlreicher Zeitgenossen, die bereits die Scheidung eingereicht
hatten. Als Fletcher hörte, dass Joanna ein zweites Kind
erwartete, hoffte er, dass auch Annie bald nachfolgen würde; er
beneidete Jimmy um seinen Sohn. Oft musste er an Harry
Robert denken.
Aufgrund seines Arbeitspensums schloss Fletcher kaum neue
Freundschaften, mit Ausnahme von Logan
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