Die Kandidaten
Bad
nahm, tiefere Blicke und schließlich beschloss er, sich nach
ihrem Preis zu erkundigen.
»Sechstausendfünfhundert Dollar«, teilte ihm der Galerist mit,
»und wenn ich sagen darf, Sir, Sie haben ein gutes Auge. Es ist
nicht nur ein prachtvolles Gemälde, Sie tätigen damit auch eine
kluge Investition.«
Nat gelangte zu der Erkenntnis, dass Kunsthändler nichts
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anderes waren als Gebrauchtwagenhändler in Brooks Brothers-
Anzügen.
»Pierre Bonnard wird im Vergleich zu seinen Zeitgenossen
Renoir, Monet und Matisse immer unterschätzt«, fuhr der
Händler fort, »aber ich prognostiziere, dass die Preise für ihn in
naher Zukunft in die Höhe schießen werden.« Nat waren
Bonnards Preise egal: Er war ein Liebender, kein Zuhälter.
*
Seine andere Liebe rief an diesem Nachmittag an und teilte ihm
mit, dass sie sich auf dem Weg ins Krankenhaus befand. Er bat
Hongkong, in der Leitung zu bleiben.
»Wieso das denn?«, fragte Nat besorgt.
»Weil ich gleich dein Baby zur Welt bringen werde«,
erwiderte seine Frau.
»Aber es soll doch erst in einem Monat kommen.«
»Das hat dem Baby offenbar niemand gesagt«, meinte Su
Ling.
»Ich bin schon unterwegs, kleine Blume«, rief Nat, vergaß
Hongkong und legte den anderen Hörer einfach auf.
*
Als Nat an diesem Abend aus dem Krankenhaus zurückkehrte,
rief er seine Mutter an und teilte ihr mit, dass sie einen Enkel
hatte.
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»Was für wunderbare Neuigkeiten«, schwärmte sie. »Wie
wollt ihr ihn nennen?«
»Luke«, erwiderte er, »Und was wirst du Su Ling als
Erinnerung an diesen Moment schenken?«
Er zögerte kurz und erwiderte dann: »Eine Dame im Bad.«
Es dauerte einige Tage, bevor er und der Kunsthändler sich
endlich auf fünftausendsiebenhundertundfünfzig Dollar einigen
konnten, dann wurde der kleine Bonnard von der Galerie in
SoHo an die Schlafzimmerwand ihrer Wohnung transferiert.
»Findest du sie sexy?«, fragte Su Ling an dem Tag, als sie und
Luke aus dem Krankenhaus zurückkehrten.
»Nein, obwohl es an ihr mehr zu liebkosen gäbe als an dir.
Aber ich persönlich bevorzuge dünne Frauen.«
Su Ling betrachtete ihr Geschenk eine Weile, bevor sie ein
Urteil abgab.
»Es ist wirklich umwerfend. Danke schön.«
Nat war entzückt, dass seine Frau das Gemälde offenbar
ebenso zu schätzen wusste wie er. Und es erleichterte ihn, dass
sie nicht danach fragte, wie viel die Dame gekostet hatte.
Was als Marotte auf einer Reise mit Tom von Rom über
Venedig nach Florenz begonnen hatte, entwickelte sich schnell
zu einer Sucht, der Nat sich nicht entziehen konnte. Jedes Mal,
wenn er einen Bonus erhielt, suchte er sich ein neues Gemälde
aus. Nat hätte den Gebrauchtwagenhändler als unwichtig abtun
können, aber dessen Einschätzung erwies sich als korrekt, denn
Nat wählte weiter Impressionisten, die er sich gerade noch
leisten konnte – Vuillard, Luce, Pissarro, Camoin und Sisley –
und stellte später fest, dass sie ebenso schnell an Wert gewannen
wie die finanziellen Investitionen, die er für seine Mandanten an
der Wall Street tätigte.
Su Ling freute sich über ihre wachsende Sammlung. Sie
interessierte sich nicht dafür, was Nat für seine Geliebten
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bezahlte und noch weniger für deren Investitionswert.
Möglicherweise lag das daran, dass sie im Alter von
fünfundzwanzig Jahren zur jüngsten außerordentlichen
Professorin in der Geschichte von Columbia ernannt wurde,
dennoch verdiente sie in einem Jahr weniger als Nat in einer
Woche.
Man musste ihn nicht länger darauf hinweisen, wie obszön das
war.
*
Fletcher erinnerte sich gut an den Vorfall.
Matt Cunliffe hatte ihn gebeten, einen Schriftsatz zur
Unterschrift zu Higgs & Dunlop zu bringen. »Normalerweise
würde ich eine Rechtsanwaltsgehilfin darum bitten«, erklärte
Matt, »aber Mr Alexander hat Wochen gebraucht, bis die
Bedingungen ausgehandelt waren, und er will nicht, dass in
letzter Sekunde irgendetwas dazwischenkommt, was der
Gegenseite eine Entschuldigung liefern könnte, wieder nicht zu
unterschreiben.«
Fletcher war davon ausgegangen, in weniger als dreißig
Minuten zurück im Büro zu sein, denn er benötigte nur die
Unterschriften unter vier Übernahmevereinbarungen. Doch
Fletcher kehrte erst zwei Stunden später zurück und teilte
seinem Boss mit, dass die Dokumente nicht unterschrieben
worden waren. Matt legte den Füller aus der Hand und wartete
auf eine Erklärung.
Als Fletcher bei Higgs & Dunlop
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