Die Kandidaten
Er fluchte, weil der
Aufzug bei seinem ohnehin langsamen Aufstieg in den elften
Stock acht Mal stehen blieb.
Steven und Adrian saßen bereits an ihren Schreibtischen.
»Erzählt mir das Neuste«, rief Nat und warf seinen Mantel in
die Ecke.
»Alle gehen baden«, sagte Steven. »Die Franzosen haben
offiziell um sieben Prozent abgewertet, aber den Märkten war
das zu wenig und kam zu spät.«
Nat sah auf seinen Bildschirm. »Und die anderen
Währungen?«
»Pfund, Lira und Peseten fallen ebenfalls. Der Dollar steigt,
Yen und Schweizer Franken bleiben stabil. Die D-Mark springt
auf und ab.«
Nat starrte weiter auf seinen Bildschirm, studierte die Zahlen,
die sekündlich neu aufleuchteten. »Versucht, an Yen zu
kommen«, riet er, als er sah, wie das Pfund einen weiteren Punkt
fiel.
Steven nahm ein Telefon zur Hand, das direkt mit dem
Devisenmarkt verbunden war. Nat starrte in seine Richtung. Sie
verloren wertvolle Sekunden, während sie auf einen freien
Händler warteten.
»Wie steht der Kurs?«, bellte Steven.
»Zehn Millionen bei 2068.«
Adrian wandte den Blick ab, als Steven die Order durchgab.
»Verkauft alle Pfund oder Lire, die wir noch haben, die werten
nämlich als Nächstes ab«, ordnete Nat an.
»Was ist mit dem Kurs?«
»Zum Teufel mit dem Kurs, verkaufe einfach«, befahl Nat.
»Und kauft Dollar. Sollte da ein echter Sturm aufkommen,
werden alle in New York Zuflucht suchen.« Nat war überrascht,
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wie ruhig er sich inmitten dieses Geschützfeuers aus Rufen und
Fluchen fühlte.
»Wir haben keine Lire mehr«, berichtete Adrian. »Und man
bietet uns Yen zu 2027 an.«
»Zugreifen«, wies Nat ihn an, den Blick fest auf den
Bildschirm gerichtet.
»Wir haben keine Pfund mehr«, informierte ihn Steven. »Zu
2.37.«
»Gut. Transferiert die Hälfte unserer Dollar in Yen.«
»Ich habe keine Gulden mehr«, rief Adrian.
»Tauscht alles in Schweizer Franken.«
»Willst du auch unseren D-Mark-Posten verkaufen?«, fragte
Steven.
»Nein«, sagte Nat.
»Willst du D-Mark kaufen?«
»Nein«, wiederholte Nat. »Die hat sich eingependelt und
scheint sich in keine Richtung zu bewegen.«
Weniger als zwanzig Minuten später hatte er alle notwendigen
Entscheidungen getroffen und konnte nur noch auf die
Bildschirme starren und abwarten, wie viel Schaden angerichtet
worden war. Die meisten Währungen verloren weiter an Wert
und Nat wurde klar, dass andere sehr viel mehr darunter zu
leiden hatten als er. Das half aber auch nichts.
Wenn die Franzosen nur bis Mittag gewartet hätten, die
übliche Zeit, um eine Abwertung bekannt zu geben. Dann hätte
er bereits an seinem Schreibtisch gesessen. »Verdammte
Franzosen«, fluchte Adrian.
»Schlaue Franzosen«, entgegnete Nat. »Einfach abzuwerten,
während wir schlafen.«
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*
Die französische Abwertung bedeutete Fletcher wenig, als er am
nächsten Morgen auf dem Weg zur Arbeit in der New York
Times davon las. Mehrere Banken waren baden gegangen, eine
oder zwei mussten der staatlichen Aufsichtsbehörde sogar
Solvenzprobleme melden. Er blätterte um und las ein Porträt
über den Mann, der im Präsidentschaftswahlkampf mit großer
Wahrscheinlichkeit gegen Gerald Ford antreten würde. Fletcher
wusste wenig über Jimmy Carter, nur dass er früher Gouverneur
von Georgia gewesen war und eine große Erdnussfarm sein
Eigen nannte. Er dachte kurz über seine eigenen politischen
Ambitionen nach, die er auf Halde gelegt hatte, solange er sich
in der Kanzlei zu etablieren suchte.
Fletcher beschloss, sich in seiner spärlichen Freizeit der
›Unterstützt Carter‹ -Kampagne in New York zur Verfügung zu
stellen. Freizeit? Harry und Martha beschwerten sich schon,
dass sie ihn nie zu Gesicht bekamen. Annie war einem weiteren
Wohltätigkeitsverein beigetreten und Lucy hatte die
Windpocken. Als er seine Mutter angerufen hatte, um zu fragen,
ob er jemals an Windpocken gelitten hatte, waren ihre ersten
Worte: »Hallo, Fremder.« Doch diese Probleme waren gleich
darauf vergessen, als er die Kanzlei betrat.
Die ersten Anzeichen eines Unwetters entdeckte er, als er Meg
vom Empfang begrüßte.
»Alle Anwälte treffen sich um 8 Uhr 30 im Konferenzsaal«,
teilte sie ihm mit ausdrucksloser Stimme mit.
»Wissen Sie, worum es geht?«, fragte Fletcher und realisierte
im selben Augenblick, wie dumm diese Frage war.
Vertraulichkeit war das Gütesiegel der Kanzlei.
Mehrere Partner saßen bereits auf ihren Plätzen
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