Die Kandidaten
Er war sich
nicht sicher, ob er an diesem Tag noch einmal etwas zu essen
bekommen würde. In dem Handbuch wurden Mahlzeiten nicht
erwähnt, und sein Opa hatte ihm erzählt, zu seiner Zeit in
Hotchkiss habe es nur einmal am Tag etwas zu essen gegeben.
Seine Mutter bat ihn mehrmals, Messer und Gabel beim Essen
abzulegen. »Messer und Gabeln sind keine Flugzeuge und
sollten nie länger als notwendig in der Luft bleiben«, mahnte sie
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ihn. Er hatte keine Ahnung, dass sie fast genauso nervös wie er
war.
Wann immer ein anderer Junge in derselben feschen Uniform
an ihrem Tisch vorbeikam, sah Andrew aus dem Fenster und
hoffte, der Junge würde ihn nicht bemerken, denn keine dieser
Uniformen war so neu wie seine. Seine Mutter trank bereits die
dritte Tasse Kaffee, als der Zug im Bahnhof hielt.
»Wir sind da«, verkündete sie unnötigerweise.
Andrew blieb sitzen und starrte das Bahnhofsschild von
Lakeville an, während mehrere Jungen aus dem Zug sprangen
und einander begrüßten. »Hallo, wie waren deine Ferien? Freut
mich,
dich
wiederzusehen«,
gefolgt
von
reichlich
Händeschütteln. Andrew sah zu seiner Mutter hinüber und
wünschte, sie würde in einer Rauchwolke verschwinden. Mütter
waren einfach nur ein weiteres Indiz dafür, dass man seinen
ersten Tag hier verbrachte.
Zwei große Jungen mit zweireihigen blauen Blazern und
grauen Hosen trieben die Neuankömmlinge zu einem
bereitstehenden Bus. Andrew betete, dass Eltern im Bus tabu
waren, sonst würden alle merken, dass er ein Neuer war.
»Name?«, fragte einer der jungen Männer in blauem Blazer,
als Andrew aus dem Zug stieg.
»Davenport, Sir.« Andrew starrte zu ihm auf. Ob er jemals so
groß werden würde?
Der junge Mann lächelte, fast war es ein Grinsen. »Du musst
mich nicht Sir nennen, ich bin kein Lehrer, nur einer der älteren
Schüler, die die Aufsicht haben.« Andrew senkte den Kopf.
Seine allerersten Worte und schon hatte er sich zum Narren
gemacht. »Ist dein Gepäck schon im Bus, Fletcher?«
Fletcher?, dachte Andrew. Aber natürlich, Fletcher Andrew
Davenport. Er korrigierte den riesigen, jungen Mann nicht, weil
er fürchtete, noch einen Fehler zu begehen.
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»Ja«, erwiderte Andrew.
Der Gott wandte seine Aufmerksamkeit Andrews Mutter zu.
»Danke, Mrs Davenport«, sagte er und sah auf seine Liste.
»Ich hoffe, Sie haben eine angenehme Heimreise nach
Farmington. Fletcher wird es hier gut gehen«, fügte er
freundlich hinzu.
Andrew streckte die Hand aus, fest entschlossen, sich von
seiner Mutter nicht umarmen zu lassen. Wenn Mütter nur im
entscheidenden Moment Gedanken lesen könnten. Er
schauderte, als sie ihn in ihre Arme schloss. Aber er konnte
nicht annähernd verstehen, was sie durchmachte. Als ihn seine
Mutter endlich losließ, schloss er sich rasch dem Strom von
Jungen an, die in den wartenden Bus sprangen. Er entdeckte
einen Jungen, der noch kleiner war als er selbst und allein am
Fenster saß. Rasch setzte er sich neben ihn.
»Ich bin Fletcher«, sagte er und verwendete den Namen, den
der Gott ihm verliehen hatte. »Wie heißt du?«
»James«, erwiderte der andere, »aber meine Freunde nennen
mich Jimmy.«
»Bist du neu hier?«, fragte Fletcher.
»Ja«, erwiderte Jimmy leise, drehte sich aber immer noch
nicht um.
»Ich auch«, meinte Fletcher.
Jimmy zog ein Taschentuch heraus und tat so, als würde er
sich die Nase schnäuzen, bevor er sich schließlich seinem neuen
Kameraden zuwandte.
»Woher kommst du?«, fragte er.
»Farmington.«
»Wo ist das?«
»Nicht weit von West Hartford.«
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»Mein Dad arbeitet in Hartford«, sagte Jimmy. »Er ist für die
Regierung tätig. Was macht dein Dad?«
»Er verkauft Medikamente«, antwortete Fletcher.
»Magst du Football?«, wollte Jimmy wissen.
»Ja«, sagte Fletcher, aber nur, weil er wusste, dass das Team
von Hotchkiss seit vier Jahren unbesiegt war. Noch so eine
Sache, die Miss Nichol im Handbuch unterstrichen hatte.
Der Rest der Unterhaltung bestand aus einer Reihe
unzusammenhängender Fragen, auf die sie beide kaum die
Antwort wussten. Es war ein recht seltsamer Anfang einer
lebenslangen Freundschaft.
»PERFEKT!« Sein Vater betrachtete die Uniform des Jungen
im Garderobenspiegel. Michael Cartwright rückte die blaue
Krawatte seines Sohnes zurecht und entfernte ein Haar von
seinem Blazer. »Perfekt!«, wiederholte er.
Fünf Dollar für eine Cordhose – an etwas anderes konnte
Nathaniel nicht denken, obwohl
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