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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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auf die Uhr, ein
    Geschenk seines Großvaters mütterlicherseits – ein Mann, der
    immer noch Leute entließ, wenn sie zu spät kamen.
    »Ich habe deine Koffer in den Wagen gestellt.« Sein Vater
    legte ihm die Hand auf die Schulter. Andrew wurde eiskalt, als
    er die Worte seines Vaters hörte. Die beiläufige Bemerkung
    erinnerte ihn daran, dass er tatsächlich sein Heim verließ.
    »Weniger als drei Monate bis Thanksgiving«, fügte sein Vater
    noch hinzu. Drei Monate, ein Viertel eines Jahres – kein
    unbeträchtlicher Anteil der eigenen Lebenszeit, wenn man erst
    vierzehn Jahre alt ist.
    Andrew schritt forsch zur Eingangstür hinaus und dann auf die
    Kiesauffahrt, entschlossen, nicht zu dem Haus zurückzuschauen,
    das er liebte und das er jetzt ein Vierteljahr lang nicht
    wiedersehen würde. Als er zum Wagen kam, hielt er seiner
    Mutter die hintere Tür auf. Dann schüttelte er Miss Nichol die
    Hand, als ob sie eine alte Freundin wäre, und sagte, er freue sich
    schon, sie an Thanksgiving wiederzusehen. Andrew war sich
    nicht sicher, aber er vermutete, dass sie geweint hatte. Er wandte
    den Blick ab und winkte der Haushälterin und der Köchin zu,
    bevor er in den Wagen stieg.
    Als sie durch die Straßen von Farmington fuhren, starrte

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    Andrew auf die vertrauten Gebäude, die er bis zu diesem
    Augenblick für den Mittelpunkt der ganzen Welt gehalten hatte.
    »Dass du auch ja jede Woche schreibst«, mahnte seine Mutter.
    Er ignorierte diese überflüssige Bemerkung, zumal auch Miss
    Nichol ihm die letzten vier Wochen mindestens zweimal täglich
    genau dieselbe Anweisung erteilt hatte.
    »Und wenn du noch Geld brauchst, dann ruf mich an«, fügte
    sein Vater hinzu.
    Noch jemand, der die Regeln nicht gelesen hatte. Andrew
    erinnerte seinen Vater nicht daran, dass den Jungen im ersten
    Jahr an Hotchkiss nur zehn Dollar pro Quartal gestattet waren.
    Das stand auf Seite sieben und war von Miss Nichol rot
    unterstrichen worden.
    Während der kurzen Fahrt zum Bahnhof sprach niemand ein
    Wort. Sein Vater parkte den Wagen neben dem Bahnhof und
    stieg aus. Andrew blieb sitzen, wollte die Sicherheit des Wagens
    nicht verlassen, bis seine Mutter die Tür auf seiner Seite öffnete.
    Rasch kletterte Andrew zu ihr hinaus, wild entschlossen,
    niemand wissen zu lassen, wie nervös er war. Sie wollte seine
    Hand nehmen, aber er rannte rasch zum Kofferraum, um seinem
    Vater mit den Koffern zu helfen.
    Ein Gepäckträger mit einem Handkarren tauchte neben ihnen
    auf. Sobald die Koffer aufgeladen waren, führte er sie zum
    Bahnsteig und blieb vor Wagen acht stehen. Während der
    Dienstmann die Koffer einlud, wandte sich Andrew an seinen
    Vater, um sich zu verabschieden. Er hatte darauf bestanden, nur
    von einem Elternteil auf der Zugfahrt nach Lakeville begleitet
    zu werden, und da sein Vater Taft besucht hatte, schien seine
    Mutter die logische Wahl. Andrew bedauerte seine
    Entscheidung bereits.
    »Gute Reise«, wünschte sein Vater und schüttelte die
    ausgestreckte Hand seines Sohnes. Was für dumme Dinge Eltern
    an Bahnhöfen von sich geben, dachte Andrew. Es war doch

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    sicher wichtiger, dass er fleißig lernte, sobald er an der Schule
    war. »Und vergiss nicht zu schreiben.«
    Andrew stieg mit seiner Mutter in den Zug und als die Lok aus
    dem Bahnhof fuhr, blickte er kein einziges Mal zu seinem Vater
    zurück. Er hoffte, das ließ ihn erwachsener wirken.
    »Möchtest du frühstücken?«, fragte seine Mutter, während ein
    Schaffner Andrews Koffer im Gepäcknetz verstaute.
    »Ja, bitte«, erwiderte Andrew und wurde zum ersten Mal an
    diesem Morgen etwas fröhlicher.
    Ein weiterer Uniformierter führte sie zu einem Tisch im
    Speisewagen. Andrew studierte die Speisekarte und fragte sich,
    ob ihm seine Mutter ein großes Frühstück genehmigen würde.
    »Du darfst dir aussuchen, was du möchtest«, erklärte sie, als
    könne sie seine Gedanken lesen.
    Andrew lächelte, als der Kellner erschien. »Eine doppelte
    Portion Würstchen, zwei Spiegeleier mit Schinken und Toast.«
    Die Pilze ließ er weg, weil der Kellner nicht denken sollte, seine
    Mutter würde ihn zu Hause hungern lassen.
    »Und Sie, Madam?«, erkundigte sich der Kellner und wandte
    seine Aufmerksamkeit der anderen Tischseite zu.
    »Nur Kaffee und Toast, vielen Dank.«
    »Der erste Tag für den Jungen?«, erkundigte sich der Kellner.
    Mrs Davenport lächelte und nickte.
    Woher weiß der das?, fragte sich Andrew.
    Nervös schlang Andrew sein Frühstück hinunter.

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