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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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sein Vater um diese Uhrzeit immer schon
    leicht in Führung gelegen und folglich schon gewusst hatte, dass
    er gewinnen würde.
    »Dad hat seine erste Wahl mit einem Vorsprung von 121
    Stimmen gewonnen. Aber das war vor meiner Geburt. In den
    letzten dreißig Jahren hat er seine Mehrheit auf über 11000
    Stimmen ausgebaut, aber er sagt immer, wenn sich damals 61
    Leute anders entschieden hätten, hätte er seine erste Wahl
    verloren und vielleicht nie eine zweite Chance erhalten.« Jimmy
    bereute seine Worte schon in dem Moment, als er sie
    ausgesprochen hatte.
    Gegen 19 Uhr sah Fletcher zu seiner Erleichterung mehr blaue
    Häkchen auf den Wählerlisten und obwohl die Republikaner
    immer noch in Führung lagen, hatte er das Gefühl, dass er es

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    schaffen konnte. Jimmy veranschlagte für die letzten sechs
    Häuser nur jeweils elf Minuten und trotzdem kamen sie erst
    nach Schließung der Wahllokale zu den letzten beiden.
    »Und was jetzt?«, fragte Fletcher, als sie das letzte
    Bezirksvorsteherhaus verließen.
    Jimmy sah auf seine Uhr. »Zurück ins Hauptquartier. Du wirst
    die großspurigsten Geschichten deines Lebens zu hören
    bekommen. Wenn du gewinnst, werden sie zur Legende. Und
    wenn du verlierst, wird man sie abstreiten und rasch vergessen.«
    »Und mich gleich mit«, meinte Fletcher.
    Jimmy sollte Recht behalten. Im Hauptquartier redeten alle
    gleichzeitig, aber nur die Tollkühnsten und die geborenen
    Optimisten wagten es, ein Ergebnis vorauszusagen. Das erste
    vorläufige Wahlergebnis wurde wenige Minuten, nachdem die
    letzte Stimme abgegeben worden war, von den Medien bekannt
    gegeben. Offenbar hatte Barbara Hunter um Haaresbreite
    gewonnen. Bei der nationalen Wahl wurde prognostiziert, dass
    Ford Carter geschlagen habe.
    »Die Geschichte wiederholt sich«, verkündete Harry, als er
    den Raum betrat. »Dieselben Kerle sagten mir damals, Dewey
    würde unser nächster Präsident. Sie sagten auch, ich hätte um
    Haaresbreite verloren. Diese Haare scheren wir ab. Mach dir
    keine Sorgen um diese ersten Auszählungen, Fletcher. Wir
    gehören zu der Sorte Mann, die es bis zum Ende aussitzt.«
    »Wie sieht es mit der Wahlbeteiligung aus?«, fragte Fletcher,
    der sich an Jimmys Worte erinnerte.
    »Es ist noch zu früh, um sicher zu sein. Es sind über fünfzig
    Prozent, aber keine fünfundfünfzig.«
    Fletcher sah sich in seinem Team um und ihm wurde klar, dass
    es nicht länger darum ging, Stimmen zu fangen, sondern dass
    nun die Zeit gekommen war, Stimmen auszuzählen.
    »Jetzt können wir nicht mehr viel tun«, sagte Harry. »Nur

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    noch sicherstellen, dass unsere Stimmenzähler sich vor 22 Uhr
    im Rathaus registrieren. Der Rest von euch sollte sich eine
    Pause gönnen. Wir treffen uns nach der Auszählung wieder. Ich
    habe so ein Gefühl, dass es eine lange Nacht wird.«
    Auf dem Weg zu Mario’s sagte Harry zu Fletcher, dass es
    nicht viel Sinn mache, vor 23 Uhr zurückzufahren. »Wir sollten
    in Ruhe etwas essen und den nationalen Erfolg unserer Partei in
    Marios Fernsehgerät verfolgen.«
    Doch die Chance auf ein ruhiges Abendessen löste sich in Luft
    auf, als Fletcher und Harry das Restaurant betraten und mehrere
    Gäste aufstanden und applaudierten, während die beiden
    Männer zu ihrem Tisch in der Ecke gingen. Fletcher freute sich,
    dass seine Eltern bereits eingetroffen waren und einen Drink
    bestellt hatten.
    »Was darf ich Ihnen empfehlen?«, fragte Mario, als alle saßen.
    »Ich bin zu müde, um auch nur an Essen zu denken«, stöhnte
    Martha. »Mario, suchen Sie uns doch einfach etwas aus. In der
    Vergangenheit hat Ihnen ja auch nie etwas an unserer Meinung
    gelegen.«
    »Natürlich, Mrs Gates«, sagte Mario. »Überlassen Sie alles
    mir.«
    Annie stand auf und winkte Joanna und Jimmy zu, die das
    Lokal betreten hatten. Als Fletcher Joanna auf die Wange
    küsste, sah er über ihrer Schulter, wie sich Jimmy Carter auf
    Marios Fernsehbildschirm auf seine Ranch zurückzog. Wenige
    Augenblicke später bestieg Präsident Ford einen Helikopter.
    Fletcher fragte sich, wie deren Tag verlaufen sein mochte.
    Innerhalb weniger Minuten kehrte Mario mit zwei großen
    Tellern Antipasti zurück. Ein Kellner mit zwei Karaffen
    Weißwein folgte ihm. »Der Wein geht aufs Haus«, erklärte
    Mario. »Ich denke, Sie könnten es schaffen«, sagte er und goss
    Fletcher einen Probeschluck ein. Noch jemand, der nicht bereit
    war, das Ergebnis vorherzusagen.

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    Fletcher legte unter dem Tisch die Hand auf Annies

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