Die Kandidaten
als
verständnisvoll.
»Mr Goldblatz«, fing Nat an, »es liegt mir fern, Spielchen
spielen zu wollen, dazu habe ich weder die Zeit noch die
Veranlagung.«
»Das wollte ich auch nicht andeuten, Mr Cartwright«,
erwiderte Goldblatz kurz angebunden.
Nat zögerte. »Mein Sohn ist von Taft weggelaufen und ich bin
gerade auf dem Weg zum Direktor.«
»Es tut mir … mir … Leid, das zu hören.« Der Tonfall von Mr
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Goldblatz änderte sich sofort. »Falls es Ihnen ein Trost ist: Ich
bin auch einmal von Taft weggelaufen, aber nachdem ich mein
gesamtes Taschengeld auf den Kopf gehauen hatte, habe ich
schon am folgenden Tag beschlossen, umzukehren.«
Nat lachte. »Danke für Ihr Verständnis.«
»Gern geschehen. Rufen Sie mich doch an, sobald Sie wissen,
wann Sie für ein Treffen abkömmlich sind.«
»Ja, natürlich, Mr Goldblatz. Ich frage mich, ob ich Sie um
einen Gefallen bitten dürfte.«
»Gern.«
»Bitte erzählen Sie Ralph Elliot nichts von diesem Gespräch.«
»Darauf gebe ich Ihnen mein Wort, Mr Cartwright. Er hat
ohnehin keine Ahnung, dass ich mich mit Ihnen treffen
möchte.«
Als Nat den Hörer auflegte, fragte Su Ling: »War das nicht ein
wenig riskant?«
»Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte Nat. »Ich habe
vielmehr das Gefühl, Mr Goldblatz und ich haben eine
Gemeinsamkeit entdeckt.«
Als Su Ling durch die Tore von Taft fuhr, stiegen
Erinnerungen in Nat hoch: Wie sich seine Mutter verspätet
hatte, wie er mit schlotternden Knien durch den Mittelgang der
vollen Aula schritt und sich neben Tom setzte, wie er
fünfundzwanzig Jahre später seinen Sohn an seinem ersten
Schultag begleitete. Jetzt konnte er nur hoffen, dass es seinem
Jungen gut ging und er in Sicherheit war.
Su Ling parkte vor dem Haus des Direktors und noch bevor sie
den Motor ausgeschaltet hatte, entdeckte Nat schon Mrs
Henderson, die Frau des Direktors, die die Stufen
herunterschritt. Er spürte, wie sich ihm der Magen drehte, bis er
das Lächeln in ihrem Gesicht entdeckte. Su Ling sprang aus dem
Wagen.
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»Man hat ihn gefunden«, sagte Mrs Henderson. »Er war bei
seiner Großmutter und hat ihr mit der Wäsche geholfen.«
*
»Wir fahren jetzt direkt ins Krankenhaus und sehen nach deinem
Vater. Dann können wir entscheiden, ob einer von uns nach
Lakeville fährt und Lucy besucht.«
»Lucy wäre traurig, wenn sie es wüsste«, meinte Annie.
»Vielleicht ist es besser, ihr noch nicht zu sagen, was
geschehen ist. Zumal sie ihn gar nicht besuchen könnte.«
»Womöglich hast du Recht. Jedenfalls hat er sie letzte Woche
noch besucht.«
»Das wusste ich gar nicht«, sagte Fletcher.
»Doch, hat er. Die beiden planen irgendetwas«, erzählte
Annie, als sie auf den Parkplatz des Krankenhauses bog.
Als sich die Aufzugstüren öffneten, schritten sie rasch den Flur
hinunter zu Harrys Zimmer. Martha stand auf, als sie eintraten,
ihr Gesicht totenbleich. Annie nahm ihre Mutter in den Arm,
während Fletcher seine Hand auf Jimmys Schulter legte. Er sah
zu Harry hinunter, dessen Haut über dem Gesicht spannte, die
Wangen eingefallen, Nase und Mund mit einer Sauerstoffmaske
bedeckt. Neben ihm piepste ein Monitor, das einzige Anzeichen,
dass er noch am Leben war.
Die vier setzen sich schweigend um das Bett. Martha hielt die
Hand ihres Mannes. Nach einigen Augenblicken sagte sie:
»Denkt ihr nicht, dass einer von euch beiden zu Lucy fahren und
nach ihr sehen sollte? Hier könnt ihr ohnehin nicht viel tun.«
»Ich rühre mich nicht von der Stelle«, erklärte Annie. »Aber
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ich denke, dass Fletcher fahren sollte.«
Fletcher nickte zustimmend. Er küsste Martha auf die Wange,
sah Annie an und sagte: »Ich komme sofort zurück, sobald ich
mich versichert habe, dass es Lucy gut geht.«
Während der Fahrt nach Lakeville wanderten Fletchers
Gedanken von Harry zu Lucy und einen Augenblick lang auch
zu Al Brubaker, aber er stellte fest, dass es ihn nicht länger
interessierte, was der Parteivorsitzende von ihm wollte.
»Bitte, Gott, lass Harry am Leben«, betete Fletcher laut, als er
auf das Gelände seiner alten Schule bog und den Wagen vor
dem
Eingang
zum
Krankenrevier
parkte.
Eine
Krankenschwester begleitete den Senator ans Bett seiner
Tochter. Als er den Gang mit den leeren Betten entlangging, sah
er in der Ferne ein Gipsbein, das hoch in die Luft ragte. Es
erinnerte ihn daran, wie er sich um die Schülerpräsidentschaft
beworben hatte und sein Rivale die Wähler am
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