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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Wahlkampfleiter gemacht«, erklärte sie.
    Eine Stunde später war Fletcher wieder in Harrys
    Krankenhauszimmer. Er setzte sich neben Annie und nahm ihre
    Hand.
    »Irgendeine Besserung?«, fragte er.
    »Nein, nichts«, sagte Annie. »Seit du weg bist, hat er sich
    nicht gerührt. Wie geht es Lucy?«
    »Sie muss sechs Wochen lang einen Gips tragen und ist
    überzeugt davon, dass ihr das Gipsbein größere Chancen bei der
    Wahl zur Jahrgangssprecherin verschafft.«
    »Hast du ihr von Grandpa erzählt?«
    »Nein. Und als sie fragte, wo du bist, habe ich eine Notlüge
    erzählt.«
    »Wo bin ich?«
    »Sitzung des Elternbeirats.«
    Annie nickte. »Stimmt sogar, ist nur der falsche Tag.«
    »Wusstest du übrigens, dass sie einen Freund hat?«,
    erkundigte sich Fletcher.
    »Meinst du George?«
    »Du kennst George?«

    484
    »Ja, aber ich würde ihn nicht als ihren Freund bezeichnen«,
    sagte Annie. »Er ist eher ihr ergebener Sklave.«
    »Ich dachte, Lincoln hat die Sklaverei 1863 abgeschafft?«,
    scherzte Fletcher.
    Annie sah ihren Ehemann an. »Macht es dir Sorgen?«, fragte
    sie.
    »Ganz sicher nicht. Lucy musste ja früher oder später einen
    Freund haben.«
    »Das habe ich nicht gemeint und das weißt du auch.«
    »Annie, sie ist erst sechzehn.«
    »Ich war jünger, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind.«
    »Annie, hast du vergessen, dass wir am College für die
    Bürgerrechte demonstriert haben? Und ich bin stolz darauf, dass
    wir unserer Tochter diese Überzeugungen weitergegeben
    haben.«

    485

40
    NACHDEM NAT SEINEN SOHN in Taft abgesetzt hatte,
    bekam er auf dem Rückweg nach Hartford ein schlechtes
    Gewissen, weil er nicht genug Zeit hatte, um seine Eltern zu
    besuchen. Aber er wusste, er durfte das Treffen mit Murray
    Goldblatz nicht zwei Mal hintereinander platzen lassen. Als er
    sich von Luke verabschiedet hatte, schien der Junge wenigstens
    nicht mehr von den Sorgen der ganzen Welt umwölkt. Nat
    versprach seinem Sohn, dass er und Lukes Mutter am
    Freitagabend an der Aufführung des Schultheaters teilnehmen
    würden. Nat dachte immer noch an Luke, als das Autotelefon
    klingelte – eine Erfindung, die sein Leben verändert hatte.
    »Du wolltest mich anrufen, bevor die Börse öffnet«, sagte Joe
    und schwieg kurz.
    »Tut mir Leid, dass ich mich nicht gemeldet habe, Joe. Ein
    familiärer Notfall – da habe ich es schlichtweg vergessen.«
    »Tja, Und wie lauten die heutigen Anweisungen?«
    »Genauso wie gestern: Ich möchte, dass du bis Börsenschluss
    weiter aggressiv Fairchild-Aktien aufkaufst.«
    »Alles, was du sagst, Boss. Ich hoffe nur, du hast einen
    Fallschirm im Gepäck, denn wenn du dir nicht bis
    Montagmorgen um 10 Uhr fünfzig Prozent von Fairchild
    gesichert hast, wird es eine ziemlich unsanfte Landung.«
    Während Nat weiter in Richtung Hartford fuhr, wurde ihm
    klar, dass Joe nur das Offensichtliche in Worte gefasst hatte.
    Nächste Woche um diese Zeit konnte er schon arbeitslos sein
    und schlimmer noch, wegen ihm könnte die Russell Bank von
    ihrem größten Rivalen geschluckt worden sein. War sich
    Goldblatz dessen bewusst? Natürlich war er das.

    486
    Als Nat in die Stadt fuhr, beschloss er, nicht ins Büro
    zurückzukehren, sondern einen Häuserblock von der St-Joseph-
    Kathedrale entfernt zu parken, irgendwo etwas zu essen und
    über die Alternativen nachzudenken, mit denen Goldblatz
    aufwarten könnte. Er bestellte sich ein Schinkensandwich in der
    Hoffnung, dass es ihn in kämpferische Stimmung versetzen
    möge. Dann schrieb er eine Liste mit Pro und Contra auf die
    Rückseite der Speisekarte.
    Zehn Minuten vor drei verließ er den Imbiss und machte sich
    auf den Weg zur Kathedrale. Mehrere Leute nickten oder sagten
    im Vorübergehen »Guten Tag, Mr Cartwright«, was ihn daran
    erinnerte, wie sehr sein Bekanntheitsgrad in letzter Zeit
    zugenommen hatte. Die Mienen der Passanten drückten
    Bewunderung und Respekt aus und Nat wünschte nur, er könnte
    das Rad der Zeit um eine Woche vordrehen, um zu sehen, wie
    ihre Gesichter dann reagierten. Er sah auf die Uhr – noch vier
    Minuten bis drei. Nat beschloss, einmal um den Block zu laufen
    und die Kathedrale durch den ruhigeren Südeingang zu betreten.
    Er lief, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe
    hoch und trat zwei Minuten, bevor der Glockenturm der
    Kathedrale die volle Stunde anschlug, in das südliche
    Querschiff. Er würde nichts gewinnen, wenn er sich verspätete.
    Nat brauchte einige Minuten, um sich nach dem hellen

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