Die Kandidaten
der Polizeichef machte sich nicht einmal die Mühe, zu Bett
zu gehen. Don Culver hatte einhundert Streifenbeamte vor das
Gerichtsgebäude abgeordnet und er dachte reumütig daran, wie
viele von Hartfords Kleinkriminellen sich diese Bündelung der
Kräfte an einem Ort zunutze machen würden.
Fletcher war das erste Mitglied der Verteidigung, das auf den
Stufen zum Gericht erschien, und er machte der wartenden
Presse klar, dass er bis zur Urteilsverkündung kein Statement
abgeben und auch keine Fragen beantworten würde. Nat traf
einige Minuten später in Begleitung von Tom und Su Ling ein
und wenn die Polizei nicht gewesen wäre, hätten sie es sicher
nie ins Gebäude geschafft.
Sobald Nat im Gericht war, ging er den Marmorgang entlang,
der zu Gerichtssaal Nummer sieben führte. Er bemerkte die
freundlichen Rufe des Publikums, nickte aber nur höflich, wie es
sein Anwalt geraten hatte. Sobald Nat den Gerichtssaal betreten
hatte, spürte er, wie sich tausend Augen in ihn bohrten, während
er den Mittelgang entlangschritt und sich auf der linken Seite
neben Fletcher an den Tisch der Verteidigung setzte.
»Guten Morgen, Herr Anwalt«, sagte Nat.
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»Guten Morgen, Nat«, erwiderte Fletcher und sah von einem
Stapel Papiere auf. »Ich hoffe, Sie sind auf eine Woche der
Langeweile vorbereitet, in der wir die Geschworenen
auswählen.«
»Haben Sie ein Profil des idealen Geschworenen erstellt?«,
fragte Nat.
»So einfach ist das nicht«, entgegnete Fletcher, »ich kann
mich nicht entscheiden, ob ich Leute auswählen soll, die für Sie
oder für mich stimmen würden.«
»Gibt es denn zwölf Leute in Hartford, die für Sie stimmen
würden?«, spottete Nat.
Fletcher lächelte. »Ich bin froh, dass Sie Ihren Humor nicht
verloren haben, aber sobald die Geschworenen vereidigt worden
sind, möchte ich, dass Sie ernst und betroffen wirken. Wie ein
Mann, dem man eine große Ungerechtigkeit zugefügt hat.«
Fletcher sollte Recht behalten, denn erst am Freitagnachmittag
saßen die zwölf Geschworenen und zwei Ersatzgeschworenen
endlich an ihren Plätzen, nach vielen Argumenten,
Gegenargumenten und mehreren Einwänden von beiden Seiten.
Schließlich einigte man sich auf sieben Männer und fünf Frauen.
Zwei der Frauen und ein Mann waren schwarz, fünf hatten einen
professionellen Background, zwei waren berufstätige Mütter,
drei waren Fließbandarbeiter, dann noch eine Sekretärin und ein
Arbeitsloser.
»Was ist mit ihren politischen Einstellungen?«, fragte Nat.
»Ich wette, vier sind Republikaner und vier sind Demokraten.
Die restlichen vier kann ich nicht einschätzen.«
»Was ist unser nächstes Problem, Herr Anwalt?«
»Wie wir Sie freikriegen und ich mir dennoch die Stimmen der
vier sichern kann, die ich nicht einzuschätzen vermag«, scherzte
Fletcher, als sie sich an der untersten Stufe vor dem
Gerichtsgebäude trennten.
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AM DARAUF FOLGENDEN MONTAG waren die
Geschworenen vereidigt und Richter Kravats bat den
Staatsanwalt, sein Eröffnungsplädoyer zu halten.
Richard Ebden erhob sich langsam von seinem Platz Er war
groß, elegant und grauhaarig und besaß den Ruf, Geschworene
um den kleinen Finger wickeln zu können. Am ersten
Verhandlungstag trug er grundsätzlich einen dunkelblauen
Anzug. Das weiße Hemd und die blaue Krawatte vermittelten
das Gefühl, ihm vertrauen zu können.
Staatsanwalt Ebden war stolz auf seinen Verurteilungsrekord,
was ein wenig ironisch anmutete, denn er war ein liebevoller
Familienmensch, der regelmäßig in die Kirche ging und seine
Bassstimme sogar im örtlichen Chor erklingen ließ. Er schob
seinen Stuhl zurück und trat bedächtig auf die freie Fläche vor
dem Richterpult, dann drehte er sich zu den Geschworenen.
»Meine Damen und Herren Geschworene«, fing er an. »In all
den Jahren, die ich nun schon als Anwalt arbeite, ist mir selten
ein Mordfall untergekommen, der eindeutiger war.«
Fletcher beugte sich zu Nat und flüsterte: »Keine Sorge, das ist
der übliche Einstieg in sein Eröffnungsplädoyer – als Nächstes
kommt doch trotz alledem. «
»Doch trotz alledem muss ich Sie durch die Ereignisse des
späten Abends und frühen Morgens des 12. und 13. Februar
führen.«
»Mr Cartwright«, sagte er und drehte sich zum Angeklagten,
»trat in einer Fernsehsendung auf, zusammen mit Ralph Elliot,
einem beliebten und angesehenen Mitglied unserer Gemeinde
und, was vielleicht noch wichtiger ist, dem Favoriten im
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