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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Antwort Nein.«
    »Es ist doch so gut wie unmöglich, dass die Geschworenen
    den Worten einer trauernden Witwe keinen Glauben schenken,
    die behauptet, Augenzeugin des Mordes an ihrem Ehemann
    geworden zu sein.«
    »Natürlich war sie Augenzeugin«, erklärte Su Ling. »Sie hat
    es ja getan.«
    Das Telefon auf Su Lings Nachttisch läutete. Sie nahm den
    Hörer ab und lauschte aufmerksam, bevor sie zwei Zahlen auf
    dem Notizblock neben dem Telefon notierte. »Danke«, sagte sie.
    »Ich richte es ihm aus.«
    Su Ling riss das oberste Blatt vom Notizblock und reichte es
    ihrem Mann. »Das war Tom. Er wollte dir das Wahlergebnis
    mitteilen.« Es standen nur zwei Zahlen auf dem Blatt: 69: 31.
    »Ja und? Wer hat 69?«, fragte Nat.
    »Der nächste Gouverneur von Connecticut«, erwiderte sie.

    *

    554

    Auf Bitten des Direktors fand die Trauerfeier für Luke in der
    Kapelle von Taft statt. Mr Henderson erklärte es damit, dass so
    viele Schüler daran teilnehmen wollten. Erst nach Lukes Tod
    merkten Nat und Su Ling, wie beliebt ihr Sohn gewesen war.
    Die Trauerfeier war schlicht und der Chor, dessen stolzes
    Mitglied er gewesen war, sang William Blakes Jerusalem und
    Cole Porters Ain’t Misbehavin’. Kathy las eine Bibelstelle und
    der gute, alte Thomo eine weitere. Der Direktor hielt die
    Trauerrede.
    Mr Henderson sprach von einem schüchternen, bescheidenen
    Jugendlichen, den alle mochten und bewunderten. Er erinnerte
    die Anwesenden an Lukes herausragende Darstellung des
    Romeo. Erst an diesem Morgen hatte er erfahren, dass Luke
    einen Studienplatz in Princeton hätte bekommen sollen.
    Nach der Trauerfeier nahmen Nat und Su Ling an einer
    Teeparty teil, die für Lukes engste Freunde im Haus des
    Direktors veranstaltet wurde. Der Schulsprecher überreichte Su
    Ling ein Fotoalbum mit Fotos und kurzen Aufsätzen von Lukes
    Mitschülern. Wann immer Nat später einen deprimierten
    Moment hatte, nahm er sich eine Seite aus diesem Album vor,
    las den Eintrag und sah das Foto an.
    Als sie das Haus des Direktors verließen, entdeckte Nat Kathy,
    die mit gesenktem Kopf allein im Garten saß. Su Ling ging zu
    ihr, setzte sich neben sie, legte einen Arm um Kathy und
    versuchte, sie zu trösten. »Er hat dich sehr geliebt«, sagte Su
    Ling.
    Kathy hob den Kopf. Tränen strömten über ihre Wangen. »Ich
    habe ihm nie gesagt, wie sehr ich ihn liebte.«

    555

45
    »DAS KANN ICH NICHT TUN«, sagte Fletcher.
    »Warum nicht?«, fragte Annie.
    »Da fallen mir auf Anhieb hundert Gründe ein.«
    »Sind das nicht eher hundert Ausreden?«
    »Ich soll den Mann verteidigen, den ich besiegen will?«,
    erwiderte Fletcher, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen.
    »Ohne Furcht und Tadel«, erklärte Annie.
    »Und wie soll ich dann meinen Wahlkampf führen?«
    »Das wird der leichtere Teil sein«, meinte Annie. »So oder
    so.«
    »So oder so?«, wiederholte Fletcher.
    »Ja. Wenn er schuldig ist, wird er nicht zum Kandidaten der
    Republikaner.«
    »Und wenn er unschuldig ist?«
    »Dann wird man dich in höchsten Tönen loben, weil du seine
    Unschuld bewiesen hast.«
    »Das ist weder praktisch noch vernünftig.«
    »Noch zwei Ausreden.«
    »Warum bist du auf seiner Seite?«, wollte Fletcher wissen.
    »Bin ich gar nicht«, widersprach Annie. »Ich bin, um
    Professor Abrahams zu zitieren, auf der Seite der
    Gerechtigkeit.«
    Fletcher schwieg eine Weile. »Ich frage mich, was Abrahams
    tun würde.«
    »Du weißt genau, was er tun würde … manche Leute
    vergessen diese Maßstäbe in dem Augenblick, in dem sie die
    Universität verlassen … «

    556
    »… ich kann nur hoffen, dass wenigstens einer in jeder
    Generation sie nicht vergisst«, beendete Fletcher den geflügelten
    Ausspruch des Professors.
    »Warum besuchst du ihn nicht?«, schlug Annie vor.
    »Vielleicht kann er dich überzeugen …«

    *

    Trotz heftigster Einwände von Jimmy und lautstarker Proteste
    der örtlichen Demokraten – genauer gesagt, von jedem außer
    Annie –, wurde vereinbart, dass sich die beiden Männer am
    darauf folgenden Sonntag kennen lernen sollten.
    Man kam überein, sich im Fairchild-Russell-Hauptsitz zu
    treffen, da nur wenige Bürger an einem Sonntagmorgen über die
    Main Street bummeln würden.
    Nat und Tom trafen kurz vor 10 Uhr ein und zum ersten Mal
    seit Jahren schloss der Vorstandsvorsitzende der Bank
    persönlich die Eingangstür auf und stellte den Alarm ab. Sie
    mussten nur wenige Minuten warten, dann tauchten Fletcher und
    Jimmy auf. Tom führte sie rasch

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