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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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möglich
    heiraten sollten«, argumentierte Jimmy. »Schließlich muss ich
    mindestens siebzig werden, wenn wir unsere Goldene Hochzeit
    feiern wollen.«
    Joanna lachte. »Ich wette, dein Freund Fletcher würde mir
    Recht geben.«
    »Schon möglich, aber Fletcher wirst du ja nicht heiraten.
    Jedenfalls wette ich, dass er und meine Schwester mindestens
    fünfzig Jahre zusammenbleiben.«
    »Junger Mann, ich könnte dich unter keinen Umständen mehr
    lieben, als ich es ohnehin schon tue, aber denk daran, dass ich
    im nächsten Herbst an der Columbia unterrichte, während du
    unverändert in Yale sein wirst.«
    »Du kannst deine Meinung, was die Stelle an der Columbia
    angeht, immer noch ändern.«
    »Nein, der Ausschuss hat seine Entscheidung nur

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    notgedrungen
    wegen
    der
    allgemeinen
    Empörung
    zurückgenommen. Wenn du den Ausdruck auf ihren Gesichtern
    gesehen hättest, als sie das Urteil verkündet haben, dann wäre
    dir klar, dass sie es kaum erwarten können, mich von hinten zu
    sehen. Wir haben unseren Standpunkt deutlich gemacht, darum
    halte ich es jetzt für alle Betroffenen für besser, wenn ich gehe.«
    »Nicht für alle«, entgegnete Jimmy leise.
    »Wenn ich nicht mehr da bin und sie mit meinem Anblick
    heimsuche, dann fällt es ihnen bestimmt leichter, die Regeln
    nachzubessern.« Joanna ignorierte seinen Einwurf. »In zwanzig
    Jahren werden die Studenten nicht glauben können, dass es
    irgendwann einmal eine so lächerliche Regel gegeben hat.«
    »Dann muss ich mir also ein Pendlerticket nach New York
    besorgen, weil ich dich nämlich nicht aus den Augen lassen
    werde.«
    »Ich werde dich am Bahnhof erwarten, junger Mann, aber
    solange ich weg bin, hoffe ich, dass du andere Frauen ausführst.
    Wenn du dann am Tag deines Abschlusses immer noch
    dieselben Gefühle für mich hegst, werde ich sehr gern Ja
    sagen«, fügte sie hinzu. In diesem Moment rasselte der Wecker
    los.
    »Verdammt«, fluchte Jimmy und sprang aus dem Bett. »Darf
    ich heute als Erster ins Bad? Ich habe um neun eine Vorlesung
    und ich weiß noch nicht einmal, zu welchem Thema.«
    »Napoleon und sein Einfluss auf die Entwicklung der
    amerikanischen Gesetzgebung«, sagte Joanna.
    »Hast du uns nicht erzählt, die amerikanische Gesetzgebung
    wäre stärker von den Römern und Engländern beeinflusst
    worden, als von jeder anderen Nation?«
    »Das gibt einen Pluspunkt, junger Mann, aber du musst
    trotzdem meiner Neun-Uhr-Vorlesung beiwohnen, wenn du
    herausfinden willst, warum das so war. Glaubst du übrigens, du
    könntest mir zwei kleine Gefallen erweisen?«

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    »Nur zwei?«, sagte Jimmy und drehte die Dusche auf.
    »Könntest du mich bitte nicht wie ein verlorener Welpe
    anstarren, während ich eine Vorlesung halte?«
    Jimmy steckte den Kopf aus der Tür. »Nein«, sagte er und sah
    zu, wie Joanna aus ihrem kurzen Nachthemd schlüpfte. »Und
    der zweite Gefallen?«
    »Tja, könntest du wenigstens so tun, als würde dich
    interessieren, was ich sage, und dir vielleicht sogar hin und
    wieder Notizen machen?«
    »Warum sollte ich mir die Mühe machen und mitschreiben,
    wo du doch meine Arbeiten bewertest?«
    »Weil dir die letzte Note, die ich dir gegeben haben, nicht
    gefallen wird.« Joanna stellte sich zu ihm unter die Dusche.
    »Ach, und ich hatte so auf eine Eins für dieses Meisterwerk
    gehofft«, sagte Jimmy und seifte ihre Brüste ein.
    »Erinnerst du dich zufällig noch, wen du als größten Einfluss
    auf Napoleon bezeichnet hast?«
    »Josephine«, antwortete Jimmy ohne zu zögern.
    »Das wäre vielleicht sogar die korrekte Antwort gewesen, aber
    das hast du in deinem Aufsatz nicht geschrieben.«
    Jimmy trat aus der Dusche und schnappte sich ein Handtuch.
    »Was habe ich denn geschrieben?«, fragte er und drehte sich
    zu ihr.
    »Joanna.«

    *

    Innerhalb weniger Minuten flogen alle zwölf Helikopter in V-
    Formation. Nat sah hinter sich auf die beiden Heckschützen, die

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    angespannt in die schwarze, wolkenlose Nacht starrten. Er setzte
    die Kopfhörer auf und lauschte dem Flight Lieutenant.
    »Blackbird One an alle. Wir verlassen den alliierten Luftraum
    in vier Minuten. Erwartete Ankunftszeit ist 21 Uhr.«
    Nat saß kerzengerade, während er dem jungen Piloten zuhörte.
    Er sah aus einem Seitenfenster auf Sterne, die man vom
    amerikanischen Kontinent aus nie sehen würde. Nat spürte, wie
    das Adrenalin durch seinen Körper pulsierte, als sie sich den
    feindlichen Linien näherten. Endlich hatte er das Gefühl,

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