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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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erst später am Morgen informieren. Es hat
    keinen Sinn, sie um diese Uhrzeit zu wecken.«
    »Ja, Sir«, entgegnete die Schwester dienstbeflissen.
    Dr. Greenwood verließ die Säuglingsstation, ging langsam den
    Flur entlang und blieb vor Mrs Cartwrights Tür stehen. Er
    öffnete sie lautlos und war erleichtert, als er sah, dass seine
    Patientin in tiefem Schlummer lag. Nachdem er die Treppe in
    den sechsten Stock hoch gestiegen war, wiederholte er den
    Vorgang an der Tür zu Mrs Davenports Privatzimmer. Ruth
    schlief ebenfalls. Er sah sich im Zimmer um und entdeckte Miss
    Nichol, die eingefallen in ihrem Sessel ruhte. Er hätte schwören
    können, dass sie kurz die Augen öffnete, aber er beschloss, sie
    nicht zu stören. Er zog die Tür zu, ging zum anderen Ende des
    Korridors und trat auf die Feuertreppe, die zum Parkplatz führte.
    Er wollte nicht, dass die Diensthabenden an der Empfangstheke
    ihn gehen sahen. Er brauchte etwas Zeit zum Nachdenken.
    Zwanzig Minuten später lag Dr. Greenwood wieder in seinem
    Bett, aber an Schlaf war nicht zu denken.
    Als sein Wecker um sieben Uhr losging, war er immer noch
    wach. Er wusste genau, was er als Erstes zu tun hatte, obwohl er
    fürchtete, dass die Auswirkungen noch viele Jahre widerhallen
    würden.

    *

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    Dr. Greenwood brauchte beträchtlich länger, als er an diesem
    Morgen zum zweiten Mal nach St Patrick fuhr, und das lag nicht
    nur am zunehmenden Verkehr. Es graute ihm davor, Ruth
    Davenport mitteilen zu müssen, dass ihr Kind in der Nacht
    gestorben war, und er hoffte nur, dass es ohne Skandal über die
    Bühne ging. Er wusste, er musste unverzüglich auf Ruths
    Zimmer eilen und ihr erklären, was geschehen war, ansonsten
    wäre er niemals fähig, die Sache durchzuziehen.
    »Guten Morgen, Dr. Greenwood«, sagte die Schwester am
    Empfang, aber er erwiderte ihren Gruß nicht.
    Als er in den sechsten Stock trat und auf Mrs Davenports
    Zimmer zuschritt, merkte er, wie er immer langsamer wurde.
    Vor der Tür blieb er stehen, hoffte, sie würde noch schlafen. Er
    öffnete sie leise und wurde von dem Anblick von Robert
    Davenport begrüßt, der neben seiner Frau saß. Ruth hielt ein
    Baby in ihren Armen. Miss Nichol war nirgends zu sehen.
    Robert sprang von seiner Seite des Bettes auf.
    »Kenneth«, rief er und schüttelte Greenwood die Hand. »Wir
    stehen auf ewig in deiner Schuld.«
    »Ihr schuldet mir gar nichts«, erwiderte der Arzt leise.
    »Natürlich tun wir das«, widersprach Robert und drehte sich
    zu seiner Frau. »Sollen wir ihm sagen, welchen Entschluss wir
    gefasst haben, Ruth?«
    »Warum nicht, dann haben wir alle etwas zu feiern.« Sie
    küsste die Stirn des Jungen.
    »Aber zuerst muss ich euch etwas mitteilen …«, fing der Arzt
    an.
    »Kein Aber«, erklärte Robert, »ich will, dass du der Erste bist,
    der erfährt, dass ich beschlossen habe, den Vorstand von Preston
    zu bitten, die neue Entbindungsstation zu finanzieren. Du hast ja

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    immer gehofft, dass sie vor deinem Ruhestand noch fertig
    wird.«
    »Aber …«, fing Dr. Greenwood erneut an.
    »Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass es kein Aber
    gibt. Schließlich stehen die Pläne schon seit Jahren.« Robert
    blickte auf seinen Sohn hinunter. »Ich wüsste keinen Grund,
    warum wir nicht sofort mit dem Bau beginnen sollten.« Er sah
    den leitenden Gynäkologen der Klinik an. »Es sei denn, dir fiele
    einer ein?«
    Dr. Greenwood schwieg.

    *

    Als Miss Nichol sah, wie Dr. Greenwood Mrs Davenports
    Privatzimmer verließ, sank ihr der Mut. Er trug den kleinen
    Jungen im Arm und ging auf den Aufzug zu, der ihn zur
    Säuglingsstation bringen würde. Als sie im Flur aneinander
    vorbeikamen, trafen sich ihre Blicke, und obwohl
    Dr. Greenwood nichts sagte, zweifelte sie nicht daran, dass er
    genau wusste, was sie getan hatte.
    Miss Nichol war klar, wenn sie fliehen wollte, dann jetzt.
    Nachdem sie das Kind auf die Säuglingsstation zurückgebracht
    hatte, hatte sie den Rest der Nacht schlaflos in der Ecke von Mrs
    Davenports Zimmer ausgeharrt und sich gefragt, ob man sie
    überführen würde. Sie hatte versucht, sich nicht zu rühren, als
    Dr. Greenwood vorbeischaute. Sie hatte keine Ahnung, wie spät
    es war, denn sie wagte nicht, auf ihre Uhr zu schauen. Eigentlich
    hatte sie erwartet, dass er sie aus dem Zimmer rufen und ihr
    sagen würde, dass er die Wahrheit kannte, aber er war ebenso

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    leise gegangen wie er gekommen war, darum war sie jetzt auch
    nicht schlauer.
    Heather Nichol

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