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Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Titel: Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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dass etwas nicht stimmte.
    Ich drehte mich nach Cheops um, aber er war verschwunden. Die Tür war geschlossen. Ich versuchte sie zu öffnen, aber auch sie war verriegelt.
    Aus dem Zimmer nebenan kam eine gedämpfte Stimme. »Carter?«
    »Sadie.« Ich versuchte es mit der Verbindungstür, aber sie war verschlossen.
    »Wir sind Gefangene«, sagte sie. »Glaubst du, Amos …? Meinst du, wir können ihm trauen?«
    Nach allem, was ich an diesem Tag erlebt hatte, traute ich nichts und niemandem mehr, aber ich konnte die Angst in Sadies Stimme heraushören. Es löste das unbekannte Bedürfnis in mir aus, sie zu trösten. Die Vorstellung kam mir lächerlich vor. Sadie hatte immer so viel tapferer gewirkt als ich – getan, was sie wollte, und sich nie um die Folgen geschert. Ich war derjenige, der kalte Füße bekam. Doch im Moment hatte ich das Gefühl, dass ich eine Rolle spielen musste, die ich schon lange, lange nicht mehr gespielt hatte: den großen Bruder.
    »Das wird schon.« Ich bemühte mich, zuversichtlich zu klingen. »Überleg doch mal, wenn Amos uns Schaden zufügen wollte, hätte er das schon längst getan. Versuch, ein bisschen zu schlafen.«
    »Carter?«
    »Ja?«
    »Das hat mit Magie zu tun, stimmt’s? Was mit Dad im Museum passiert ist? Das Boot von Amos. Dieses Haus. Das ist alles Magie.«
    »Vermutlich.«
    Ich hörte sie seufzen. »Gut. Wenigstens drehe ich nicht durch.«
    »Lass dich nicht von den Bettwanzen beißen«, rief ich. In dem Moment fiel mir auf, dass ich das zum letzten Mal zu Sadie gesagt hatte, als wir noch zusammen in Los Angeles gewohnt hatten und Mom noch lebte.
    »Ich vermisse Dad«, sagte sie. »Ich hab ihn so selten gesehen, ich weiß, aber … ich vermisse ihn.«
    Meine Augen wurden feucht, aber ich holte tief Luft. Auf keinen Fall würde ich das heulende Elend bekommen. Sadie brauchte mich. Dad brauchte uns.
    »Wir werden ihn finden«, erklärte ich ihr. »Träum was Schönes.«
    Ich spitzte die Ohren, hörte aber nur Muffin miauen und herumflitzen und ihre neue Umgebung auskundschaften. Wenigstens sie schien nicht unglücklich zu sein.
    Ich machte mich fertig und kroch ins Bett. Die Decke war gemütlich und warm, aber das sogenannte Kissen war mir echt zu schräg. Es drückte mich im Nacken, deshalb stellte ich es auf den Boden und schlief so ein.
    Mein erster großer Fehler.

6.
    Frühstück mit einem Krokodil
    Wie soll ich es beschreiben? Es war kein Albtraum. Es war viel realistischer und furchterregender.
    Während ich schlief, spürte ich, wie ich schwerelos wurde. Ich schwebte nach oben, drehte mich und sah unter mir meinen schlafenden Körper.
    Ich sterbe , dachte ich. Aber das stimmte auch nicht. Ich war kein Geist. Ich hatte eine schimmernde goldene Gestalt und Flügel statt Arme. Ich war eine Art Vogel. [Nein, Sadie, kein Huhn. Kann ich jetzt bitte weitererzählen?]
    Da ich nicht in Farbe träume, wusste ich, dass es kein Traum war. Außerdem träume ich garantiert nicht mit allen fünf Sinnen. Im Zimmer duftete es schwach nach Jasmin. Ich konnte die Kohlensäure in der Gingerale-Dose sprudeln hören, die geöffnet auf meinem Nachttisch stand. Als ich spürte, wie ein kalter Wind meine Federn zerzauste, fiel mir auf, dass die Fenster offen waren. Ich wollte nicht hinaus, doch eine starke Strömung zog mich aus dem Zimmer, als wäre ich ein Blatt im Sturm.
    Unter mir verblassten die Lichter der Villa. Die Silhouette von New York verschwamm und verschwand schließlich. Ich raste durch Nebel und Dunkelheit, rings um mich flüsterten fremde Stimmen. Wie schon zuvor auf Amos’ Barke wurde mir schlecht. Der Nebel lichtete sich und ich war an einem anderen Ort.
    Ich schwebte über einem kahlen Berg. Tief unter mir spannten sich die Lichter einer Stadt wie ein Gitter über das Tal. Eindeutig nicht New York. Es war Nacht, aber ich wusste, dass ich in der Wüste war. Der Wind war so trocken, dass sich meine Gesichtshaut wie Papier anfühlte. Ich weiß, das hört sich schwachsinnig an, aber mein Gesicht fühlte sich wie ein ganz normales Gesicht an, dieser Teil von mir schien sich nicht in einen Vogel verwandelt zu haben. [Schön, Sadie. Nenn mich von mir aus ein carterköpfiges Huhn. Zufrieden?]
    Auf einem Bergrücken unter mir standen zwei Gestalten. Da sie mich offenbar nicht bemerkten, fiel mir auf, dass ich nicht mehr leuchtete. Eigentlich war ich so gut wie unsichtbar, wie ich da so durch die Dunkelheit schwebte. Ich konnte die beiden Gestalten nur schemenhaft wahrnehmen,

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