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Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Titel: Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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dunkelblau und mit Sternen übersät. Der Boden der Bibliothek war ähnlich gestaltet: Die grünbraune Erde hatte die Form eines Männerkörpers, der mit Wäldern, Hügeln und Städten bedeckt war. Über seinen Oberkörper schlängelte sich ein Fluss.
    In der Bibliothek gab es keine Bücher. Nicht mal Bücherregale. Stattdessen waren in den Wänden runde Nischen, in jeder steckte eine Art Plastikzylinder.
    In allen vier Himmelsrichtungen stand je eine Tonstatue auf einem Sockel. Die Statuen waren halb so groß wie Menschen und trugen knielange gefältelte Schurze und Sandalen, sie hatten glänzende keilförmige Frisuren und ihre Augen waren mit schwarzem Eyeliner umrahmt.
    [Carter behauptet, dass man das Eyelinerzeug Khol nennt – als ob das wichtig wäre.]
    Jedenfalls hielt eine Statue eine Schreibbinse und eine Palette. Eine andere einen Kasten. Eine weitere hatte einen kurzen gebogenen Stab. Die Hände der letzten Statue waren leer.
    »Sadie.« Carter deutete auf die Mitte des Raums. Dort stand auf einem langen Steintisch Dads Arbeitstasche.
    Carter wollte die Treppe hinunterlaufen, aber ich hielt ihn am Arm fest. »Warte. Was ist mit Fallen?«
    Er runzelte die Stirn. »Fallen?«
    »Gibt es in ägyptischen Grabkammern nicht immer Fallen?«
    »Na ja … manchmal. Aber das hier ist ja keine Grabkammer. Außerdem waren es häufiger Flüche, zum Beispiel der Verbrennungsfluch, der Eselsfluch –«
    »Ach, wie nett. Das klingt wirklich viel besser.«
    Als er die Stufen hinunterstieg, kam ich mir albern vor, denn normalerweise gehe immer ich als Erste. Aber falls jemand mit einem brennenden Hautausschlag verflucht oder von einem verzauberten Esel angefallen werden sollte, dann doch lieber Carter als ich.
    Wir schafften es ohne Zwischenfälle bis nach unten. Carter öffnete die Tasche. Immer noch keine Fallen oder Flüche. Er holte den seltsamen Kasten hervor, den Dad im British Museum benutzt hatte.
    Er war aus Holz und ungefähr so groß, dass ein Baguette hineinpasste. Der Deckel war ähnlich bemalt wie die Bibliothek, mit Göttern und Ungeheuern und Menschen, die seitwärtsliefen.
    »Wie konnten die Ägypter sich so bewegen?«, überlegte ich. »So seitwärts, mit ausgestreckten Armen und Beinen. Sieht doch echt albern aus.«
    Carter warf mir einen seiner Mann, bist du dämlich -Blicke zu. »Sie sind doch nicht in echt so gelaufen, Sadie.«
    »Und warum wurden sie dann so gemalt?«
    »Die Ägypter schrieben Bildern Zauberkraft zu. Wenn man sich selbst malte, musste man alle Gliedmaßen zeigen. Ansonsten würden einem im nächsten Leben ein paar Teile fehlen.«
    »Und warum die zur Seite gedrehten Gesichter? Sie schauen einen niemals direkt an. Bedeutet das dann nicht, dass sie die andere Gesichtshälfte verlieren?«
    Carter zögerte. »Ich denke, sie hatten Angst, dass das Bild zu menschlich aussehen würde, wenn es einen direkt anschaut. Es könnte versuchen, deinen Platz einzunehmen.«
    »Gab es irgendwas, wovor sie keine Angst hatten?«
    »Kleine Schwestern«, erwiderte Carter. »Wenn die zu viel gequatscht haben, wurden sie von den Ägyptern den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen.«
    Eine Sekunde lang fiel mir keine Antwort ein. Schließlich sagt er normalerweise nie etwas Witziges. Dann versetzte ich ihm einen Stoß. »Mach den blöden Kasten einfach auf.«
    Als Erstes holte er einen Klumpen weißen Dreck hervor.
    »Wachs«, verkündete Carter.
    »Faszinierend.« Ich nahm einen hölzernen Griffel heraus und eine Palette mit kleinen Vertiefungen, dann noch ein paar Glasgefäße mit Tinte – schwarz, rot und gold. »Und prähistorische Malutensilien.«
    Carter zog mehrere Schnüre in verschiedenen Längen aus dem Kasten, eine kleine Katzenstatue aus Ebenholz und eine dicke Papierrolle. Nein, nicht Papier. Papyrus. Ich erinnerte mich daran, dass Dad uns erklärt hatte, wie die Ägypter es aus einer Flussstaude herstellten, weil sie kein Papier hatten. Das Zeug war so dick und rau, dass ich mich fragte, ob die armen Ägypter Toilettenpapyrus benutzen mussten. Dann wäre es ja wirklich kein Wunder, dass sie seitwärtsgelaufen sind.
    Schließlich nahm ich eine kleine Wachsstatuette aus dem Kasten.
    »Oh«, sagte ich.
    Es war ein winziger Mann, grob gearbeitet, als wäre derjenige, der ihn gemacht hatte, in Eile gewesen. Er hielt die Arme vor der Brust verschränkt, sein Mund stand offen und seine Beine endeten an den Knien. Um seine Taille war eine menschliche Haarsträhne gewickelt.
    Muffin sprang auf den Tisch

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