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Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Titel: Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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und schnupperte an dem kleinen Mann. Offensichtlich fand sie ihn ziemlich interessant.
    »Weiter ist nichts drin«, stellte Carter fest.
    »Was verlangst du denn noch?«, fragte ich. »Wir haben Wachs, Toilettenpapyrus, eine hässliche Statue –«
    »Irgendwas, das erklärt, was mit Dad passiert ist. Wie kriegen wir ihn zurück? Wer war dieser glutrote Typ, den er gerufen hat?«
    Ich hielt das Wachsmännchen hoch. »Du hast gehört, was er gesagt hat, du mickriger Warzenzwerg. Erzähl uns, was du weißt.«
    Ich hatte das nur so aus Blödsinn gesagt. Doch das Wachsmännchen wurde warm und weich wie Fleisch. Es antwortete: »Ich werde deine Frage beantworten.«
    Mit einem Aufschrei ließ ich ihn auf seinen winzigen Kopf fallen. Wer könnte mir das verübeln?
    »Autsch!«, rief er.
    Muffin wollte erneut an ihm schnuppern und der kleine Mann fing an, in einer anderen Sprache zu fluchen, vielleicht Altägyptisch. Als das nicht funktionierte, kreischte er auf Englisch: »Verschwinde! Ich bin keine Maus!«
    Ich nahm Muffin auf den Arm und setzte sie auf den Boden.
    Carters Gesicht sah genauso weiß und wächsern aus wie das des kleinen Mannes. »Was bist du?«, fragte er.
    »Ich bin ein Uschebti, was denn sonst!« Die Statuette rieb sich den verbeulten Kopf. Sie sah immer noch ziemlich klumpenförmig aus, allerdings war sie jetzt ein lebendiger Klumpen. »Der Meister nennt mich Marshmallow, obwohl ich diesen Namen als Beleidigung empfinde. Ihr dürft mich Höchste-Macht-die-ihre-Feinde-zermalmt nennen!«
    »In Ordnung, Marshmallow«, antwortete ich.
    Ich schätze, er warf mir einen bösen Blick zu, bei seinem zerdrückten Gesicht war das jedoch schwer zu erkennen.
    »Ihr solltet mich nicht zum Leben erwecken. Das darf nur der Meister.«
    »Der Meister, damit ist Dad gemeint«, vermutete ich. »Ähm, Julius Kane?«
    »Genau der«, brummte Marshmallow. »Sind wir jetzt fertig? Hab ich meine Pflicht erfüllt?«
    Carter starrte mich mit ausdrucksloser Miene an, mir jedoch dämmerte allmählich, was hier los war.
    »Also, Marshmallow«, erklärte ich dem Klumpen. »Du wurdest zum Leben erweckt, als ich dich hochgenommen und dir einen konkreten Befehl erteilt habe: Erzähl uns, was du weißt . Ist das richtig?«
    Marshmallow verschränkte seine kurzen Ärmchen. »Du willst mich wohl testen? Natürlich ist das richtig. Übrigens sollte nur der Meister in der Lage sein, mich zum Leben zu erwecken. Ich weiß nicht, wie du es angestellt hast, aber wenn er dahinterkommt, macht er Hackfleisch aus dir.«
    Carter räusperte sich. »Marshmallow, der Meister ist unser Vater und er ist verschwunden. Er ist irgendwie auf magische Weise entführt worden und wir brauchen deine Hilfe –«
    »Der Meister ist weg?« Marshmallow grinste so breit, dass ich dachte, sein Wachsgesicht würde platzen. »Endlich frei! Macht’s gut, ihr Deppen!«
    Er wollte losstürzen, vergaß jedoch, dass er keine Füße hatte. Er klatschte aufs Gesicht, dann kroch er auf die Tischkante zu, indem er sich mit den Händen vorwärtszog. »Frei! Frei!«
    Er fiel vom Tisch und knallte mit einem dumpfen Schlag auf den Boden, was ihn allerdings nicht zu entmutigen schien. »Frei! Frei!«
    Er schaffte noch ein, zwei Zentimeter, bevor ich ihn aufhob und in Dads Zauberkasten warf. Marshmallow versuchte herauszuklettern, doch der Kasten war gerade hoch genug, dass er nicht an den Rand herankam. Ich fragte mich, ob er extra so gebaut worden war.
    »Ich sitze in der Falle!«, jammerte er. »In der Falle!«
    »Ach, halt die Klappe«, befahl ich ihm. »Jetzt bin ich die Meisterin. Und du wirst meine Fragen beantworten.«
    Carter zog eine Augenbraue hoch. »Wie kommst du darauf, dass du das Sagen hast?«
    »Weil ich schlau genug war, ihn in Gang zu setzen.«
    »Das war nur Zufall!«
    Bemerkungen meines Bruders geflissentlich zu überhören gehört zu meinen zahlreichen Talenten. »Also, Marshmallow, erstens, was genau ist ein Uschebti?«
    »Lässt du mich aus dem Kasten raus, wenn ich es dir erkläre?«
    »Du wirst es mir so oder so erzählen«, sagte ich. »Und nein, werde ich nicht.«
    Er seufzte. »Uschebti bedeutet Antworter, das könnte dir der ungebildetste Sklave verraten.«
    Carter schnippte mit den Fingern. »Jetzt fällt’s mir wieder ein! Die Ägypter haben Modelle aus Wachs oder Ton geformt – Diener, die im Leben nach dem Tod alle möglichen Aufgaben übernehmen konnten. Sie sollten zum Leben erwachen, wenn ihr Meister nach ihnen rief; auf diese Weise konnte sich

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