Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
wirkten jedoch erleichtert.
» Falls es so weit kommt?«, hakte Alyssa nach. »Es klingt ziemlich wahrscheinlich, dass sie uns angreifen werden.«
Amos runzelte die Stirn. »Möglicherweise, aber es beunruhigt mich, dass Desjardins einem so unüberlegten Schritt zustimmt. Der eigentliche Feind ist Apophis und das weiß Desjardins. Es sollte ihm bewusst sein, dass er jede Hilfe nötig hat. Es sei denn …« Er beendete den Satz nicht. Was immer ihm durch den Kopf ging, schien ihm große Sorgen zu bereiten. »Falls Desjardins beschließt, Jagd auf uns zu machen, wird er das alles jedenfalls sorgfältig planen. Ihm ist klar, dass diese Villa nicht leicht einzunehmen ist. Er kann es sich nicht leisten, noch einmal von der Familie Kane vorgeführt zu werden. Er wird seine Möglichkeiten abwägen und seine Verbündeten um sich scharen. Er bräuchte mehrere Tage zur Vorbereitung – Zeit, die er darauf verwenden sollte, Apophis aufzuhalten.«
Walt hob den Zeigefinger. Ich weiß nicht, was es ist, aber er hat eine Art Schwerkraft, die die Aufmerksamkeit der Gruppe anzieht, sobald er etwas sagen will. Selbst Cheops sah von seinem Jell-O auf.
»Falls Desjardins uns tatsächlich angreift«, erklärte Walt, »wird er gut vorbereitet sein und Magier dabeihaben, die sehr viel mehr Erfahrung haben als wir. Kann er unsere Schutzvorrichtungen durchbrechen?«
Amos warf einen Blick auf die gläsernen Schiebetüren und erinnerte sich wahrscheinlich an das letzte Mal, als unsere Schutzvorrichtungen überwunden wurden. Das war nicht angenehm gewesen.
»Wir müssen sicherstellen, dass es nicht dazu kommt«, erwiderte Amos. »Desjardins weiß, was wir vorhaben und dass uns dafür nur fünf Tage bleiben – um genau zu sein, jetzt nur noch vier Tage. Laut Sadies Vision wird Desjardins – aus dem fehlgeleiteten Glauben, dass wir für die Kräfte des Chaos arbeiten – versuchen, unseren Plan zu durchkreuzen. Doch falls unser Vorhaben gelingt, haben wir etwas in der Hand, womit wir ihn zwingen können, sich zurückzuhalten.«
Clio hob die Hand. »Ähm … Wir kennen den Plan nicht. Vier Tage, um was zu tun?«
Amos forderte Carter mit einer Handbewegung auf, alles zu erklären. Das war in Ordnung für mich. Ganz ehrlich, denn ich fand den Plan ein bisschen wahnsinnig.
Mein Bruder setzte sich auf. Eins muss ich ihm lassen: In den letzten paar Monaten hatte er Fortschritte darin gemacht, wie ein normaler Jugendlicher auszusehen. Nach sechs Jahren, in denen er zu Hause unterrichtet worden und mit Dad herumgereist war, war Carter hoffnungslos lebensfremd gewesen. Er hatte sich wie ein Büroheini angezogen, mit schnieken weißen Hemden und Bundfaltenhosen. Mittlerweile hatte er wenigstens gelernt, Jeans und T-Shirts zu tragen und manchmal einen Kapuzenpulli. Er ließ seine Locken endlich wachsen – und das sah so viel besser aus. Wenn er sich weiterhin so positiv entwickelt, kriegt der Junge vielleicht sogar mal ein Mädchen ab.
[Was denn? Du brauchst mich nicht zu boxen. Das war ein Kompliment!]
»Wir werden den Gott Re aufwecken«, erklärte Carter, als sei das so einfach, wie sich etwas zu essen aus dem Kühlschrank zu holen.
Die anderen Auszubildenden sahen einander an. Carter war nicht gerade für seinen Sinn für Humor bekannt, aber sie fragten sich wahrscheinlich trotzdem, ob das ein Witz sein sollte.
»Du meinst den Sonnengott«, sagte Felix. »Den ehemaligen König der Götter.«
Carter nickte. »Ihr alle kennt die Geschichte. Vor Tausenden von Jahren begann Re an Altersschwäche zu leiden, zog sich in den Himmel zurück und überließ Osiris die Verantwortung. Dann wurde Osiris von Seth gestürzt. Daraufhin entthronte Horus Seth und wurde Pharao. Dann –«
Ich hustete. »Die Kurzversion, bitte.«
Carter warf mir einen bösen Blick zu. »Das Entscheidende ist: Re war der erste und mächtigste König der Götter. Wir glauben, dass er noch immer am Leben ist und bloß einfach irgendwo in der Duat schläft. Wenn wir Re aufwecken können –«
»Aber wenn er sich damals zurückgezogen hat, weil er altersschwach war«, wandte Walt ein, »bedeutet das dann nicht, dass er jetzt richtig, richtig tattrig ist?«
Genau dieselbe Frage hatte ich auch gestellt, als Carter mir zum ersten Mal von seinem Plan erzählt hatte. Das Letzte, was wir brauchen konnten, war irgendein allmächtiger Gott, der sich nicht mal an seinen eigenen Namen erinnern konnte, nach altem Mann müffelte und im Schlaf sabberte. Und wie konnte ein
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