Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
stürzten aus den Läden und griffen den Paviantrupp an. Der abgeschlagene Bronzekopf der Statue kam aus dem Nichts angeschossen, krachte gegen Babis Brust und schlug ihn rücklings durch das Dach des Body Shop. Ein Tornado rosafarbener Financial Times -Zeitungen wirbelte Richtung Decke. Er hüllte Nechbet ein, die stolperte und in einem rosa-schwarzen Schauer kreischend von ihrer Stange stürzte.
»Los!«, befahl ich meinen Freundinnen. Wir rannten auf den Ausgang zu, wichen Pavianen aus, die allerdings ohnehin viel zu beschäftigt waren, um uns anzuhalten. Einer bezog gerade Prügel von einem halben Dutzend Mineralwasserflaschen mit Kohlensäure. Ein anderer wehrte einen Aktenkoffer und mehrere Kamikaze-BlackBerrys ab.
Babi versuchte, aus dem Laden zu klettern, doch rings um ihn wogte ein Strudel von Body-Shop-Produkten – Cremes, Luffaschwämme und Shampoos hämmerten mit vereinter Kraft auf ihn ein, spritzten ihm in die Augen und unterzogen ihn einer gründlichen Typveränderung. Er brüllte verärgert, rutschte aus und krachte wieder in den verwüsteten Laden. Ich bezweifelte, dass mein Zauber den Göttern irgendwelchen dauerhaften Schaden zufügen konnte, doch mit etwas Glück hielt er sie eine Weile auf Trab.
Liz, Emma und ich schafften es aus der Halle hinaus. Da der gesamte Bahnhof mittlerweile geräumt war, rechnete ich nicht damit, dass draußen noch Taxis warten würden, und so war es auch. Ich fand mich damit ab, dass wir den ganzen Weg zur Waterloo Bridge rennen mussten, auch wenn Emma keine Schuhe mehr hatte und mir von dem Zaubertrank übel war.
»Schaut mal!«, rief Liz.
»Ah, gute Arbeit, Sadie«, lobte Emma.
»Was?«, fragte ich. »Was hab ich denn gemacht?«
Da bemerkte ich den Chauffeur – einen extrem kleinen, schmuddeligen Mann, der in einem schwarzen Anzug am Ende der Zufahrt stand und ein Schild mit der Aufschrift KANE hochhielt.
Wahrscheinlich dachten meine Freundinnen, ich hätte ihn herbeigezaubert. Doch bevor ich sie aufklären konnte, rief Emma: »Kommt!«, und sie sprinteten auf den kleinen Mann zu. Mir blieb nichts anderes übrig, als hinterherzurennen. Ich erinnerte mich, dass Anubis angekündigt hatte, einen »Fahrer« zu schicken, der mich abholen würde. Vermutlich war er das, doch je näher wir kamen, desto weniger Lust hatte ich, ihn kennenzulernen.
Er war ungefähr halb so groß wie ich, stämmiger als mein Onkel Amos und hässlicher als sonst irgendjemand auf der Welt. Seine Gesichtszüge erinnerten definitiv an einen Neandertaler. Unter seiner dichten wolligen Monoaugenbraue war ein Auge größer als das andere. Sein Bart sah aus, als hätte man ihn zum Ausschrubben fettiger Töpfe benutzt. Seine Haut war mies und voller roter Striemen; die Haare hatten Ähnlichkeit mit einem Vogelnest, das man angezündet und anschließend ausgetreten hatte.
Als er mich erkannte, starrte er mich finster an, was ihn auch nicht gerade hübscher machte.
»Wird ja auch Zeit!« Er hatte einen amerikanischen Akzent. Er rülpste hinter vorgehaltener Hand, der Currygestank haute mich fast um. »Bastets Freundin? Sadie Kane?«
»Ähm … möglich.« Ich musste mit Bastet mal ein ernstes Wort über die Wahl ihrer Freunde sprechen. »Übrigens, zwei Götter versuchen uns umzubringen.«
Der kleine warzenübersäte Mann schmatzte völlig unbeeindruckt mit den Lippen. »Dann willst du vermutlich zur Brücke.«
Er trat an die Bordsteinkante und brüllte: » BUH !«
Als sei sie aus Angst entstanden, erschien aus dem Nichts eine schwarze Mercedeslimousine.
Der Chauffeur drehte sich zu mir um und zog die Augenbraue hoch. »Worauf wartet ihr? Steigt ein!«
Ich war noch nie zuvor mit einer Limousine gefahren. Ich hoffe, dass die meisten netter sind als unsere. Der Rücksitz war mit Curryboxen zugemüllt, altem Fish-and-Chips-Papier, Chipstüten und mehreren dreckigen Socken. Trotz allem quetschten Emma, Liz und ich uns auf die Rückbank, keiner von uns traute sich auf den Beifahrersitz.
Vielleicht haltet ihr mich für total verrückt, dass ich zu einem fremden Mann ins Auto gestiegen bin. Da habt ihr natürlich Recht. Doch Bastet hatte uns Hilfe versprochen und Anubis hatte mir angekündigt, dass ich mit einem Fahrer rechnen solle. Die Tatsache, dass die uns versprochene Hilfe ein kleiner Mann mit fragwürdiger Körperhygiene und einer magischen Limousine war, überraschte mich nicht sonderlich. Ich hatte schon merkwürdigere Dinge erlebt.
Außerdem hatte ich keine große Wahl. Der
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