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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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anzuwenden. Es wäre besser, wenn ihr etwas Übung hättet.«
    Wenn ihr Apophis gegenübersteht. Er sagte es so ruhig, doch es war klar, was er meinte: Er würde nicht dabei sein.
    Carter schob seine halb gegessene Pizza weg. »Ich weiß einfach … Ich weiß nicht, wie wir das alles rechtzeitig schaffen sollen. Natürlich, für dich ist das eine persönliche Mission, Sadie, aber –«
    »Sie muss es tun«, sagte Zia sanft. »Carter, du bist auch mal mitten in einer Krisensituation auf eine persönliche Mission gegangen, oder? Die gut gelaufen ist.« Sie legte ihre Hand auf Carters. »Manchmal muss man seinem Herzen folgen.«
    Carter sah aus, als wolle er einen Golfball herunterschlucken. Bevor er etwas erwidern konnte, bimmelte die Schiffsglocke.
    In der Ecke des Speisesaals knisterte im Lautsprecher die Stimme von Blutige Klinge: »Meine Damen und Herren, wir haben die Halle der beiden Wahrheiten erreicht.«
    Der schwarze Tempel sah genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Wir stiegen die Stufen vom Kai hoch und liefen zwischen Reihen von Obsidiansäulen hindurch, die in die Düsternis führten. Finstere Szenen aus der Unterwelt glitzerten auf dem Boden und auf den Friesen um die Säulen – schwarze Bilder auf schwarzem Stein. Trotz der Schilffackeln, die alle paar Meter brannten, war die Luft so von der Vulkanasche vernebelt, dass ich kaum erkennen konnte, was sich vor uns befand.
    Als wir tiefer in den Tempel vordrangen, flüsterten Stimmen um uns herum. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Gruppen von Geistern, die durch den Seitenraum schwebten – geisterhafte Gestalten, getarnt vom Qualm. Einige bewegten sich ziellos – weinten leise oder rissen verzweifelt an ihren Kleidern. Andere schleppten Unmengen von Schriftrollen mit sich herum – diese Geister sahen nicht so durchsichtig aus und wirkten zielstrebiger, sie schienen auf etwas zu warten.
    »Bittsteller«, sagte Walt. »Sie haben ihre Verfahrensakte dabei und hoffen auf eine Audienz bei Osiris. Er war so lange weg … es muss einen Riesenrückstand an ungeklärten Fällen geben.«
    Walts Schritt wirkte leichter. Sein Blick war wachsamer, sein Körper weniger schmerzgebeugt. Er war dem Tode so nahe, dass ich gefürchtet hatte, dieser Ausflug in die Unterwelt könnte schwer für ihn sein, doch im Gegenteil zu uns anderen schien es ihn eher zu erleichtern.
    »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    Walt zögerte. »Ich weiß es gar nicht so genau. Aber es kommt mir einfach … richtig vor.«
    »Und die Geister ohne Schriftrollen?«
    »Flüchtlinge«, sagte er. »Sie suchen hier Schutz.«
    Ich fragte nicht, wovor. Ich erinnerte mich an den Geist bei der Schulparty, den schwarze Ranken eingehüllt und unter die Erde gezogen hatten. Ich dachte an die Vision, die Carter beschrieben hatte – unsere Mutter, die irgendwo in der Duat unter einem Vorsprung kauerte und sich gegen den Sog einer dunklen Macht in der Ferne wehrte.
    »Wir müssen uns beeilen.« Ich wollte weitereilen, doch Zia hielt mich am Arm fest.
    »Dort«, sagte sie. »Schau.«
    Der Rauch lüftete sich. Zwanzig Meter vor uns erhoben sich schwere Obsidiantore. Davor hockte ein Tier von der Größe eines Windhundes – ein übergroßer Schakal mit dichtem schwarzem Fell, flauschigen Spitzohren und einem Kopf, der eine Mischung aus Fuchs und Wolf war. Seine mondfarbenen Augen glitzerten in der Dunkelheit.
    Er knurrte uns an, aber ich ließ mich nicht abschrecken. Ich war vielleicht ein wenig befangen, aber eigentlich finde ich Schakale, auch wenn sie bekannt dafür waren, im alten Ägypten Gräber aufzubuddeln, süß und knuddelig.
    »Das ist bloß Anubis«, sagte ich voller Hoffnung. »Hier haben wir ihn letztes Mal auch getroffen.«
    »Das ist nicht Anubis«, warnte Walt.
    »Klar ist er das«, erklärte ich ihm. »Schau doch.«
    »Sadie, nicht«, sagte Carter, doch ich ging auf den Wächter zu.
    »Hey, Anubis«, rief ich. »Ich bin’s, Sadie.«
    Der süße flauschige Schakal fletschte die Reißzähne. Vor seinem Maul bildete sich Schaum. Seine schönen gelben Augen verkündeten eine unmissverständliche Botschaft: Noch ein Schritt und ich beiß dir den Kopf ab.
    Ich erstarrte. »Stimmt … wenn er nicht gerade einen schlechten Tag hat, ist das wirklich nicht Anubis.«
    »Hier haben wir ihn letztes Mal getroffen«, sagte Carter. »Warum ist er nicht da?«
    »Das ist einer seiner Untergebenen«, erklärte Walt. »Anubis ist wohl … irgendwo anders.«
    Wieder klang er so schrecklich

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