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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Sie noch viel lieber als vorher am höchsten Galgen von Navarone baumeln sehen! Aber der Stadtkommandant ist ein freundlicher Herr, der die Spitzel belohnt. Vielleicht leben Sie noch länger, damit Sie weitere Kameraden verraten können.«
    »Ich danke Ihnen, danke, vielen Dank! Ich wußte doch, daß Sie anständig und gerecht sind. Ich verspreche Ihnen, Herr Oberleutnant –«
    »Schnauze halten!« sagte Turzig voll Verachtung. Dann sprach er deutsch. »Feldwebel, lassen Sie diese Leute fesseln. Und vergessen Sie den Dicken nicht. Später können wir ihn losbinden, dann kann er den Verwundeten bis zur Wache tragen. Lassen Sie einen Posten hier. Die übrigen kommen mit mir – wir müssen die Sprengstoffe finden.«
    »Könnten wir nicht einen von denen zum Reden bringen, Herr Oberleutnant?« wagte der Feldwebel einzuwenden.
    »Der einzige Mann, der's uns verraten würde, kann es nicht, er hat schon alles ausgesagt, was er weiß. Und die übrigen – nun, in denen habe ich mich getäuscht, Feldwebel.« Er wandte sich an Mallory, neigte kurz den Kopf und sagte auf englisch: »Eine falsche Beurteilung, Herr Mallory. Wir sind alle sehr ermüdet. Es tut mir leid, daß ich Sie geschlagen habe.« Jäh machte er kehrt und begann schnell den Hang hinaufzusteigen. Zwei Minuten später war nur noch ein einzelner Soldat als Wache bei den Gefangenen.
    Zum zehntenmal verdrehte Mallory den Körper und ruckte an den Fesseln, mit denen ihm die Hände auf dem Rücken zusammengebunden waren, und zum zehntenmal erkannte er, daß alle Mühe umsonst war. Wie er sich auch drehen und wenden mochte – der nasse Schnee drang ihm eiskalt durchs Zeug, so daß er bald bis ins Mark fror und immerfort vor Kälte bebte. Und der Mann, der die Fesseln geknotet hatte, verstand seine Sache nur zu gut. Nervös fragte er sich, ob Turzig mit seinen Leuten vielleicht die ganze Nacht nach den Sprengstoffen suchen würde. Über eine halbe Stunde waren sie schon fort.
    Er legte sich, um auszuruhen, wieder auf die Seite, in den weichen, an der Felswand etwas höheren Schnee, und blickte nachdenklich Andrea an, der vor ihm aufrecht saß. Er hatte beobachtet, wie Andrea, mit gebeugtem Kopf, die Schulter krumm hochziehend, eine einzige titanische Anstrengung machte, seine Fesseln zu sprengen, als der Posten ihnen durch eine Handbewegung befahl, sich hinzusetzen, und hatte bemerkt, wie die Stricke tief in Andreas Fleisch einschnitten, so daß sie kaum noch zu sehen waren. Und wie der griechische Riese seine Schultern langsam sinken ließ, als er es aufgab. Seitdem saß er ganz still und musterte mürrisch den Posten, mit einer gekränkten Miene, als sei ihm schweres Unrecht geschehen. Er begnügte sich mit der einen Prüfung der Stärke seiner Fesseln, da Oberleutnant Turzig scharfe Augen hatte und geschwollene und zerschundene Handgelenke schlecht zu dem Bild gepaßt hätten, das Andrea von sich gemalt hatte …
    Eine großartige Leistung, überlegte Mallory, besonders erstaunlich, weil Andrea alles aus dem Stegreif erfunden, alles improvisiert hatte. Von der Wahrheit hatte er soviel verraten und soviel Einzelheiten erwähnt, die sich nachweisen ließen, daß man ihm fast selbstverständlich das übrige glaubte. Und dabei hatte er Turzig im Grunde nichts entscheidend Wichtiges erzählt, nichts, was die Deutschen nicht auch selbst feststellen konnten – abgesehen von der geplanten Räumung der Insel Kheros durch die Marine. Mallory erinnerte sich mit Ironie, wie entsetzt er gewesen war und kaum seinen Ohren getraut hatte, als Andrea das vorbrachte – aber der hatte viel weiter gedacht als er. Es war immerhin möglich, daß die Deutschen von selbst darauf gekommen wären. Vielleicht folgerten sie logisch, daß die Gleichzeitigkeit eines britischen Überfalls auf die Kanonen von Navarone mit dem deutschen Angriff auf Kheros doch wohl nicht reiner Zufall sein konnte. Andererseits hing die Fluchtmöglichkeit für sie alle ausschließlich davon ab, wie gründlich Andrea die Deutschen hier zu überzeugen vermochte, daß er der war, für den er sich ausgab. Und dann kam es darauf an, wieviel Aktionsfreiheit er wieder gewann. Es war kaum zu bezweifeln, daß seine Angaben über die bevorstehende Evakuierung von Kheros bei Turzig guten Glauben fanden, wobei die Tatsache, daß er den Sonnabend als Invasionstag angab, besonders ins Gewicht fallen mußte, denn das war der von Jensens Leuten ursprünglich »verratene« Termin, der offenbar zur Täuschung der deutschen

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