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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Abwehr dienen sollte, die gemerkt hatte, daß sie ihre eigenen Invasionsvorbereitungen unmöglich ganz geheimhalten konnten. Und schließlich: wenn Andrea Turzig nichts von den Zerstörern gesagt hätte, wäre sein sonstiger Bericht nicht so überzeugend gewesen. Sie wären dann vielleicht alle an die Galgen gekommen, die in Navarone warteten, und die Kanonen wären intakt geblieben und hätten die Kriegsschiffe vernichtet. Aber so war alles ganz anders.
    Das alles war sehr kompliziert, zu kompliziert für seinen jetzt so geplagten Kopf. Mallory wandte, leise seufzend, den Blick von Andrea zu den beiden andern. Brown und der aus der Betäubung erwachte Miller saßen, mit ihren auf den Rücken gebundenen Händen, kerzengerade, stierten in den Schnee und machten ab und zu Kopfbewegungen, wohl um das Schwindelgefühl loszuwerden. Mallory konnte sich nur zu gut in ihren Zustand hineindenken, denn die ganze rechte Seite seines eigenen Gesichts schmerzte immer noch grausam. ›Überall schwer angeschlagene Schädel‹, dachte er ergrimmt. Wie mochte Andy Stevens sich fühlen? Als er jetzt, anscheinend gleichgültig, an dem Posten vorbei nach dem dunklen Höhleneingang blickte, wurde er plötzlich steif vor Schrecken, denn er begriff nicht gleich –.
    Langsam, ganz langsam ließ er – denn unvorsichtig war hier jede Bewegung – die Augen, möglichst ausdruckslos, von der Höhle zu dem Posten wandern, der auf Browns Funkgerät saß, wachsam über die auf seinen Knien liegende Maschinenpistole gebeugt, den gekrümmten Zeigefinger am Abzug. ›Bitte, lieber Gott, laß ihn sich nicht umdrehen‹, betete Mallory im stillen immerfort. ›Er soll noch eine Weile so sitzenbleiben, nur noch ganz kurze Zeit …‹ Und, ob er wollte oder nicht – er mußte den Blick wieder zum Höhleneingang wenden.
    Andy Stevens kam aus dem Unterstand! Sogar bei dem schwachen Schimmer der Sterne war jede seiner Bewegungen erkennbar, als er sich unter Qualen, das zerschmetterte Bein mühsam nachschleifend, in kleinen Rucken vorschob. Er legte die Hände unter die Schultern, drückte sich vom Boden ab und ein wenig vorwärts, wobei sein Kopf vor Schmerzen und Anstrengung nach vorn kippte, ließ sich langsam in den weichen Schnee sinken, und wiederholte die gleichen, seine letzten Kräfte verzehrenden Bewegungen. So geschwächt er auch war und so schwer er dabei litt, mußte er doch wohl klar denken können, denn er hatte sich einen weißen Umhang als Tarnung über Schultern und Rücken gezogen. Und er mußte wenigstens einen Teil von Turzigs Bemerkungen verstanden haben, denn im Unterstand waren zwei oder drei Schußwaffen liegengeblieben, so daß er, ohne hervorzukommen, den Posten hätte erschießen können. Aber zweifellos hatte er sich gesagt, daß beim Knall eines Schusses die Deutschen schleunigst zurückgekommen wären und sie wieder in die Höhlung getrieben hätten, lange bevor er in diesem Geröllgraben bis zu seinen Kameraden kriechen, geschweige denn ihre Fesseln durchschneiden konnte.
    Fünf Meter mußte er nach Mallorys Schätzung noch kriechen, höchstens fünf. In dieser schluchtartigen Rinne, wo sie jetzt waren, strich der Südwind an ihnen vorüber, und außer seinem schwachen nächtlichen Geflüster war kein anderes Geräusch zu hören als ihr eigenes Atmen und manchmal eine kleine Bewegung, wenn einer sein verkrampftes oder vor Kälte absterbendes Bein ein wenig streckte.
    ›Der Posten muß ihn ja hören, wenn er noch näher kommt‹, dachte Mallory verzweifelte, ›selbst in dem weichen Schnee muß er ihn hören!‹ Er ließ den Kopf hängen und begann zu husten. Der Posten blickte ihn an, zuerst erstaunt und dann ärgerlich, weil das Husten gar nicht aufhören wollte.
    »Ruhe!« befahl er auf deutsch. »Lassen Sie sofort das Husten!«
    »Husten? Wie? Ach so. Ich kann nichts dafür«, protestierte Mallory auf englisch und hustete wieder, jetzt noch lauter und hartnäckiger. »Schuld hat euer Oberleutnant«, keuchte er, »der hat mir ein paar Zähne ausgeschlagen.« Er ließ noch einen ganz heftigen Hustenanfall folgen, den er offenbar nur mit größter Mühe eindämmen konnte. »Ist es etwa meine Schuld, wenn ich an meinem eigenen Blut beinah ersticke?« fragte er.
    Stevens war jetzt nur noch knapp drei Meter entfernt, doch seine geringen Kraftreserven mußten gleich erschöpft sein. Er konnte sich beim Strecken schon nicht mehr auf Armeslänge vorschieben – nur ein jämmerliches kleines Stück rutschte er jedesmal

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