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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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vorwärts. Und auf einmal lag er ganz still. Eine halbe Minute bewegte er sich gar nicht. Als Mallory schon meinte, er müsse ohnmächtig geworden sein, richtete er sich langsam wieder auf und schaffte eine ganze Armlänge. Aber im selben Moment, als er abstoßen wollte, kippte er nach vorn über und blieb zusammengebrochen im Schnee liegen. Mallory fing wieder zu husten an, aber es war zu spät! Der Posten sprang von seinem Platz hoch, indem er sich gleichzeitig herumwarf, und hatte schon die drohende Mündung seiner MP auf den nicht weit von seinen Füßen liegenden Körper gerichtet. Als er erkannte, wer das war, ließ er den Lauf der Waffe sinken und sagte weich: »So? Er ist flügge geworden und hat sein Nest verlassen. Armer junger Vogel!« Mallory zuckte zusammen, als er sah, wie die MP zurückgeschwungen wurde, als müsse sie sofort auf den Schädel des wehrlosen Stevens niedersausen, aber der Soldat war ein freundlicher Mensch, er hatte die Bewegung nur instinktiv gemacht. Ein Stück über dem qualverzerrten Gesicht bremste er den vermeintlichen Kolbenhieb ab, entwand der ihn kraftlos bedrohenden Hand beinah sanft das Steigeisen und schleuderte es aus der Schlucht. Dann hob er Stevens vorsichtig bei den Schultern an, schob die zusammengefaltete Zeltbahn dem Bewußtlosen als Kopfkissen unter, um ihn vor dem Schnee zu schützen, und ging, verwundert und traurig den Kopf schüttelnd, wieder an seinen Platz auf dem Funkgerätkasten.
    Hauptmann Skoda, ein Mann in den Dreißigern, war klein, hager, adrett, gepflegt, liebenswürdig und – grundschlecht. Es lag etwas angeboren Bösartiges in dem langen sehnigen Hals, der sich dürr über seine wattierten Schultern hob, und der unverhältnismäßig kleine Kugelkopf auf diesem Hals wirkte abstoßend. Wenn seine dünnen, blutlosen Lippen sich zu einem Lächeln teilten, was oft geschah, kam ein tadelloses Gebiß zum Vorschein, aber das Lächeln hellte sein Gesicht nicht auf, es untermalte nur deutlich die gelbliche Haut, die sich ungewöhnlich straff über die schmale kantige Nase und die hohen Backenknochen spannte und die von der linken Augenbraue bis zum Kinn laufende Säbelnarbe in Querfalten zog. Und ob er lächelte oder nicht – die Pupillen seiner tiefliegenden Augen blieben immer wie sie waren: unbewegt, schwarz und leer. Sogar jetzt am frühen Morgen, noch vor sechs Uhr, war er tadellos gekleidet, frisch rasiert, und das feucht schimmernde, spärliche dunkle Haar, das erst weit oberhalb der Schläfen ansetzte, war glatt nach hinten gebürstet. Er saß hinter einem einfachen glatten Tisch, dem einzigen Möbel im Wachraum außer den Bänken an den Wänden, und obgleich nur sein Oberkörper sichtbar war, wußte jeder, der ihn betrachtete, ohnehin, daß seine Bügelfalten und der Glanz seiner Stiefel tadellos waren.
    Er lächelte oft, und so auch jetzt, als Oberleutnant Turzig seine Meldung beendete. Weit im Sessel zurückgelehnt, die Ellbogen auf den Armstützen, stellte er seine schlanken Finger in einer Pyramide unters Kinn und lächelte wohlwollend nach allen Seiten. Den trägen ausdruckslosen Augen entging nichts, sie erfaßten in einem kurzen Rundblick den Posten an der Tür, die zwei Wächter hinter den gefesselten Gefangenen, und Andrea, der auf einer Bank saß, wo er eben Stevens niedergelegt hatte.
    »Ausgezeichnet gemacht, Oberleutnant Turzig«, schnurrte er. »Sehr tüchtig, wirklich sehr tüchtig!« Er musterte grübelnd die drei vor ihm stehenden Männer, ihre verschrammten, blutverkrusteten Gesichter, sein Blick streifte Stevens, der, kaum bei Bewußtsein, auf der Bank lag, dann lächelte er wieder und gestattete sich ein ganz leichtes Anheben der Augenbrauen. »Wohl ein bißchen Schererei gehabt, Turzig? Die Gefangenen waren nicht sehr – hm – mitteilsam, wie?«
    »Sie haben keinen Widerstand geleistet, Herr Hauptmann, nicht den geringsten«, erwiderte Turzig steif. Sein Ton und sein ganzes Benehmen waren formell und korrekt, doch in seinen Augen spiegelten sich Abneigung und versteckte Feindschaft. »Meine Leute sind vielleicht ein bißchen übereifrig gewesen. Wir wollten jedenfalls keinen Irrtum aufkommen lassen.«
    »Ganz recht, Oberleutnant, ganz recht so«, murmelte Skoda beifällig. »Diese Männer sind gefährlich, und bei gefährlichen Leuten ist größte Vorsicht geboten.« Er schob seinen Sessel zurück, stand gewandt auf, schritt um den Tisch und blieb vor Andrea stehen. »Dieser ist wohl eine Ausnahme, Oberleutnant?«
    »Der

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