Die Kanzlerin - Roman
Post: »Gesendet.« Verdammt, seine SMS war bei der Kanzlerin gelandet. Weil er, als ihm einmal jemand ihre Handynummer gab, sie unter »Frau Kanzlerin« abgespeichert hatte, direkt vor »Frau Male«.
Seine Rufnummer war nicht unterdrückt. Das würde ihn den Job kosten. Aber er war zu erregt, um weiter darüber nachzudenken.
E in Cookie ist ein kurzer Eintrag in einer Datenbank oder einem Dateiverzeichnis auf einem Computer. Ein Cookie dient dem Austausch von Informationen zwischen Computerprogrammen oder der Archivierung von Informationen. Websites setzen ein solches Cookie, weil damit die Nutzer bei erneutem Einloggen wiedererkannt werden. Man spricht auch von Magic Cookie. In den sechziger Jahren erschien in der Zeitung San Francisco Chronicle ein Comic mit dem Namen Odd Bodkins. Ein paar Comictypen assen »Magic Cookies« und kamen in den LSD-Himmel. Cookies sind magische Plätzchen und also essbar. Und wer ein Cookie setzt, stiftet damit einen Sinnzusammenhang und ein magisches Erlebnis.
» C ontroller, sitze jetzt auch im Zug. War schon zweimal auf der Toilette. Kurzfristige Erleichterung. Versprich mir, dass du mich gut durchknallst. Sonst drehe ich durch.«
»Saufrau Male, ich werde dir den Verstand aus deinem Nuttengehirn ficken. Und absolut primitiv sein. Ich bin nur noch ein Schwanz.«
»Schwanz genügt mir völlig. Wenn er hart ist. Wenn du nicht mein Typ bist, dann sag ich dir das sofort auf dem Bahnsteig. Bin verdammt nervös, Controller. Und meine Freundinnen haben mich gewarnt.«
»Hürchen, geh noch mal zur Toilette. Und wenn ich nicht dein Typ sein sollte, dann wäre ich immer noch ein Typ mit relativ viel Geld im Sack.«
»Auch eine reizvolle Vorstellung. Dich zu melken und dich stöhnen zu hören. Und dabei nur an dein Geld zu denken. Wenn du eine Hure haben willst, dann kannst du sie haben, Controller. Ich bin bereit.«
»Du klingst hart, Jenny, verdammt hart. Ich glaube, du hast furchtbare Angst.«
»Du nicht?«
»Ich geh jetzt auf die Toilette, same ab, dann lese ich ein paar Zeitungen.«
»Bis bald, Controller, dein Hürchen küsst dich, auf den Punkt.«
»Bin à point, meine Saufrau Male, bis sehr bald.«
I m Hotel Dolder Waldhaus wurde tatsächlich Zürcher Geschnetzeltes serviert, wobei es alternativ immerhin möglich war, Fisch zu bestellen. Aber die Kanzlerin hatte Lust auf Rösti und sagte: »Ich habe Luscht auf Röschti, Kranich, ist dieser Appetit sprachlich korrekt formuliert für die Schweizer Sprachkünstler?« Dann zwitscherte es, und die Kanzlerin ass wie abwesend, was ihr eigentlich prima schmeckte. Entwicklungshilfeministerin Merrit Amelie Kranz hatte Fisch bestellt, nachdem der Kellner ihr versichert hatte, dass diese Sorte Fisch nicht ausgefischt und also nichtvom Aussterben bedroht war. Valentin Hendricks trank ziemlich viel Wein und schwärmte von den Walliser Rebsorten. Umweltminister Engel lobte die Menüauswahl – die Kranich organisiert hatte –, verschlang dann aber ein blutiges Steak. Kiki Ritz lief das Wasser im Mund zusammen, er blieb dann aber bei Rösti mit Kalbsgeschnetzeltem.
Die Kanzlerin stand auf und winkte Kranich hinaus. »Adi Fröhlich ist immer noch nicht aufgetaucht«, sagte sie und simste Jens Brack eine offenbar ziemlich heftige Nachricht. Jedenfalls antwortete Brack Sekunden später schroff. »›Zu Befehl‹, Kranich, er hat geschrieben: ›Zu Befehl‹«, wunderte sie sich, »obwohl ich ihm gar nichts befohlen habe. Sondern lediglich meine, dass der Chef des Bundeskriminalamtes in der Lage sein sollte, einen abhandengekommenen CDU-Generalsekretär ausfindig zu machen. Solche Menschen zeichnen sich ja bekanntlich nicht dadurch aus, dass sie exotische Verstecke suchen.«
Kurze Zeit später verabschiedete sich die Kanzlerin von der Runde: »Dame, meine Herren, morgen ist um 4 Uhr Tagwache, und ich kann nur sagen: Wer verpennt, der kann nicht damit rechnen, dass ich ihn persönlich wecke. Gute Nacht also allerseits, und wünschen wir uns alle einen Tag, an dem die Sonne so aufgeht, dass man sie auch sieht. Wobei das in der für Hochnebel anfälligen Schweiz wohl eher die Ausnahme ist. Aber – Herr Kranich wird mir die Bemerkung sicher nicht verübeln – in der Schweiz mangelt es ja nicht nur meteorologisch gesehen gelegentlich an Transparenz. Hat sich im Übrigen Lars Schwarzer bei einem meiner Kabinettsmitglieder gemeldet?«
»Wer ist Lars Schwarzer?«, fragte Kiki Ritz.
»Mein Zivilfahnder«, sagte die Kanzlerin. »Vielleicht
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