Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
Vom Netzwerk:
von vielen, ein Zufälliger, und das macht frei. Morgen mehr vom Controller.«
    Loderer schlief ein paar Stunden, dann schrieb er: »Frau Male – auch das stimmt: Sex mit Frauen, die mir absolut egal sind, gern. Sich gegenseitig als Objekt benutzen, prima. Sex ohne Rücksicht, ohne Gedanken und Gefühle, wunderbar. Ein dummes Püppchen ficken kann reizvoll sein, zwischendurch. Aber kluge Köpfe machen mich geiler. Hast du übrigens eine sehr hohe oder eine sehr tiefe Stimme? Bist du rasiert? Gelegentlich schaust du dir Pornos an. Aber du bist eine Frau, die nicht leicht aus der Reserve zu locken ist. Manchmal schminkst du dich überhaupt nicht, manchmal wie eine Nutte. Huren mit grossen Titten faszinieren dich sowieso. Du fickst gern mit Männern, die mit dir nur ficken wollen.Und unter Umständen würde es dir überhaupt nichts ausmachen, mit einem sehr viel älteren Mann zu vögeln und ihm selbst dann eine Befriedigung zu verschaffen, wenn er dir überhaupt nichts bedeutet. Einfach so, weil du auch eine sehr hilfsbereite Frau bist. Du kannst ein tiefes Mitgefühl haben mit den Menschen. Und du bist eine Frau, die manchmal einfach verschwindet. Danke, dass du mir geschrieben hast. Es ist aufregend. Grüsse vom Controller.«
    Ihre Antwort kam, bevor er die Wohnung verliess. »Erst mal hallo. Hat mich sehr gefreut, eine Mail von dir im Postfach zu finden. Obwohl das, was du mir schreibst, mich auch erstaunt und entsetzt. Aber wenn mich etwas entsetzt, dann überdenke ich das immer. Du drückst dich flach aus und schreibst von Titten und ficken, gleichzeitig streichst du mir Honig ums Maul und attestierst mir Intelligenz und Klugheit – klug von dir. Damit du an mir Mass nehmen kannst: Ich bin 1,73, wiege zwischen 58 und 60 Kilo, habe lange rote Haare, und ich rasiere mich nach Lust und Laune. Reicht dir Körbchengrösse A? Ich bin gern nackt und mag meinen Körper, mit all seinen Schönheiten und Unschönheiten. Lange Zeit habe ich mich nicht geschminkt, aber das hat sich geändert. Und es hat schon was, so ein rasierter Körper. Du hast auch erkannt, dass ich verbale Erotik mag. Pornos reizen mich, aber die meisten machen nur feucht. Vielleicht hast du einen Tipp? Ich parfümiere mich selten. Schweiss ist mein Parfum. Es stimmt übrigens, dass ich Menschen gerne provoziere. Ja, und manchmal verschwinde ich einfach. Controller, was verstehst du unter ›einzigartigen Augenblicken‹? Und wie definierst du Liebe?«
    Von Liebe hätte sie nichts schreiben sollen. Seine Lust war weg. Loderer setzte sich auf seinen Roller und fuhr zum Bundespresseamt. Reglos sass er in der Tiefgarage. Er weinte lautlos.

    »Lass mich gehen«, hatte sie gesagt, »ich verlasse dich nicht. Aber ich muss jetzt gehen, und du musst noch etwas bleiben, Mann.Kämpf, kämpf für uns beide, Mann, mach es gut. Du kämpfst an deinem Ort, und es ist gut, dass du ihn kennst. Ich kenne meinen neuen Ort noch nicht, aber du hast mich glücklich gemacht hier. Und ich gehe erfüllt von dir. Es wird ein guter Ort sein.«
    Kurz vor ihrem Tod wollte Swenja allein in die Wüste. Sie flog nach Tunesien, und manchmal telefonierten sie. Und er hörte zu, er hörte nur zu. Einmal sagte sie: »Ich bin wie eine Kuh, Mann, ich platze, so viel Milch habe ich, aber niemand will etwas von mir, obwohl die Welt doch verdurstet.«
    »Ich will dich, Swenja«, sagte er, »ohne dich verdurste ich.«
    »Wünsch mir Glück«, sagte sie, »damit ich vielleicht doch noch eine Chance bekomme.«
    Und manchmal kamen glückliche Botschaften. Einmal eine SMS frühmorgens: »Streichle dich mit tunesischem Sand. Umarme dich mit zärtlichem Wind. Küsse dich mit salzigem Mittelmeerwasser und Senf …«, las er zuerst, aber seine Russin hatte sich verschrieben und küsste ihn »mit salzigem Mittelmeerwasser und send dir den Sonnenaufgang«. Oder einmal: »Bin 300 Meter geschwommen. Das Meer ist warm. Nach dem Essen gehe ich auf den Friedhof. Bin nicht konzentriert. Will das Leben geniessen. Mit dir.«
    »Kämpf für uns«, hatte sie gesagt, die Kriegerin, die ewig junge Frau, wie ihr Name sagte, und so war sie. Stundenlang schauten sie sich an, und ihm liefen die Tränen herunter so wie jetzt. Sie sprach leise und warm und nicht laut wie sonst, und er war weich wie nie zuvor, und ihre Worte sickerten in seine Seele, und kein einziges ging verloren. Sein Kopf war hellwach, aber keine Instanz, die filterte und interpretierte; sein Kopf war ein Kopf für ihren Kopf, für diesen Kopf,

Weitere Kostenlose Bücher