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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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an das Frankfurter Kreuz erinnerte. Alle Strassen waren verriegelt. Kein einziges Auto. Er stieg aus dem Wagen und überquerte zu Fuss mehrere Leitplanken. Später wurde er von einem Beamten verhört, der ihn mit unangenehmen Fragen quälte. Jodler wollte wissen, wo er sei und wie er aus dieser Situation wieder herauskomme. Doch der Beamte, ein kleiner Mann mit grossen Brillengläsern, reagierte überhaupt nicht auf seine Fragen, sondern fertigte schweigend ein Protokoll an. Jodler sass in der Falle.
    Verstört trat er ans Fenster und beobachtete, wie ein Super Puma der Schweizer Armee noch eine Runde drehte und dann landete. Vielleicht zwei Dutzend Leute stiegen aus, hielten sich die Ohren zu und standen in kleinen Grüppchen fast reglos herum, bis der Hubschrauber wieder abhob.
    Jodler nahm sein Fernglas und richtete es auf die Person mit der roten Jacke. Wie erwartet, war es die Kanzlerin, und das Rot war ein Karminrot. Auch Engel erkannte er, der sich breitbeinig hingestellt hatte und offenbar gut gelaunt war. Es war zwar noch ziemlich dunkel, doch Jodler konnte bald auch die anderen Minister ausmachen und Merrit Amelie Kranz, die sich an die Seite der Kanzlerin gestellt hatte. Sicherheitsbeamte, Leibwächter.
    Als das Hubschraubergeräusch nicht mehr zu hören war, schien es, als ob die Gruppe plötzlich verstummt wäre. Bis ein lautes Lachen diese Stille durchbrach. Jodler war fast sicher, dass es Agrarminister Hendricks war, der die Natur kurzfristig zugedröhnt hatte mit seinem Bass.
    Es war 5 Uhr 50, als ein Lieferwagen der Cateringfirma Einhorn vorfuhr. Zwei Damen stiegen aus, und Jodler nahm noch einmal sein Fernglas. Attraktive junge Frauen. Schade, dachte Jodler, jammerschade. Aber dann dachte er an Anarchisterix, und sein Mitleid war verflogen. Er nahm sein Handy und schickte Tricolor eine SMS: »Gruppe eingetroffen. Einzelne Personen sind schon in der Seilbahnkabine. Was ist mit Anarchisterix und Hardcore?«
    Zwei, drei Minuten verstrichen, ohne dass eine Antwort kam. Dafür tat sich draussen etwas. Ein buntbemalter VW-Bus fuhr vor, und Jodler sah drei Männer, die Instrumente aus dem Auto holten und zur Talstation gingen. Trachtenmänner. Die Appenzeller Musiker auf dem Weg zu ihrem letzten Konzert. Jodler sah eine Geige, eine Handorgel, einen Kontrabass und ein Instrument, das er nicht kannte.
    Auch andere Hotelgäste waren aufgewacht, und Einzelne von ihnen standen draussen. Jodler ging nach unten. Es war 6 Uhr 10, als die Seilbahn sich in Bewegung setzte. »Die Höllenfahrt beginnt«, simste Jodler Tricolor.

» D ie Höllenfahrt beginnt.« Tricolor war unfähig, Jodler zu antworten. Er hatte keine Stunde geschlafen. Jodler hatte den Auslöser für das Kohlenmonoxid auf drei Uhr programmiert. Aber erst zwei Stunden später war Tricolor in der Lage gewesen, die Tür zum Schlafzimmer von Hardcore und Anarchisterix zu öffnen. Er riss die Fenster auf und ging sofort wieder hinaus. Später betrat er das Zimmer noch einmal. Anarchisterix und Hardcore lagenbeide auf dem Rücken. Schneeweisse Gesichter. Sie waren tot. Tricolor nahm zwei Laken und deckte sie zu. Beide hatten gefälschte Papiere, nichts, was auf Cookie & Co schliessen liess.
    Nun sassen sie in der Küche: Ecstasy, Clara und er. Die Stimmung war gedrückt. Tricolor stand auf und machte das Radio an. Schweizer Radio DRS 1. Und den Fernseher. Und auf dem Küchentisch stand sein Notebook mit der Startseite: Spiegel Online.
    »Ecstasy, bitte mach uns einen Kaffee.«
    Doch Ecstasy war ausserstande, sie weinte. Clara hatte sie über den Tod der beiden informiert. Auch Clara hatte Tränen in den Augen.
    Tricolor sagte: »Die Seilbahn ist unterwegs. In einer Stunde ist alles vorbei.«

F abio Coradi, der Schweizer Umwelt- und Verkehrsminister, hatte darauf bestanden, kein unnötiges Theater zu machen. »Auf der Schwägalp stehen Dutzende von Sicherheitsbeamten, und auch auf dem Säntis wimmelt es von durchtrainierten Leibwächtern, also bitte, gönnen wir uns etwas Freiraum.«
    Und so trafen die Schweizer Minister ohne Begleitschützer auf dem Flughafen Bern-Belp ein und setzten sich in den Super Puma, den Verteidigungsminister Kari Fässler auch bei dieser Gelegenheit gelobt haben wollte. »Ein Wundervogel«, sagte er, »unser Puma ist wirklich ein Wundervogel.« Catherine Jaeger, die Aussenministerin, wollte das nicht kommentieren, und auch Finanzminister Pirmin Storm und Coradi blieben wortkarg. Erst als der Säntis schon in Sicht war, sagte

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