Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
Vom Netzwerk:
surfte sie auf den Websites der grossen internationalen Zeitungen.
    »Herr Fröhlich, ich bin auf der Front, weltweit. Sie dagegen haben sich in die Büsche geschlagen. Und da Sie offensichtlich noch am Leben sind – grosse Sorgen habe ich mir in diesem Zusammenhang allerdings nicht gemacht –, kann es für Ihr unangemeldetes Abtauchen eigentlich nur einen Grund geben: Sie haben eine Geliebte.«
    Adi Fröhlich war jetzt rot wie eine Tomate, und die Kanzlerin sagte: »Adi, Sie leuchten so intensiv, dass man mit Ihnen Kerzen anzünden könnte. Sie brennen ja geradezu. Ist sie schön, die geliebte Frau, von der Ihre Frau nichts wissen darf?«
    »Meine Ehefrau darf alles wissen, ich habe nichts zu verbergen«, sagte Adi Fröhlich mit ernstem Gesicht.
    »Und ich will alles wissen, Adi, und also auch, warum Sie sich versteckt haben. Was schlagen Sie vor?«
    »Die Fraktion sollte zusammentreten«, sagte er und dass er im Namen der CDU der Schwesterpartei CSU kondoliert habe.
    »Ohne Hendricks sind die Bayern kopflos«, sagte die Kanzlerin, was bei ihr Assoziationen zu den Schrumpfköpfen auslöste. »Sie haben auch eher einen kleinen Kopf, Herr Fröhlich.«
    »Wie meinen Sie das, Frau Kanzlerin?«
    »Kennen Sie den Stamm der Shuar? Kennen Sie nicht. Südamerika. Noch bis vor ein paar Jahrzehnten haben die Shuar Schrumpfköpfe hergestellt, die weder den Schädel noch das Gehirn enthielten. Der Shuar-Krieger trennte seinem ermordeten Gegner den Kopf ab und löste die Kopfhaut – meistens von hinten – vom Schädel. Haut und Haar. Dann wurde die abgezogene Haut in klarem Wasser gekocht und mit Palmbast vernäht. Wussten Sie das nicht, Herr Fröhlich?«
    »Nein, und dann?«
    »Und dann, Adi, haben sie die Haut manchmal zusätzlich noch geräuchert, damit sie schön dunkel wurde. Dunkelrot, wie Tomaten. Die übrigen Details möchte ich Ihnen gern ersparen, nur so viel noch: Diese Schrumpfköpfe waren etwa faustgross. Man hat ihre Augen geschlossen und den Mund vernäht.«
    »Warum?«
    »Damit die nach Rache schreiende Seele des Getöteten im Kopf eingesperrt blieb, Adi. Ich finde, das sollte ein Frauenjäger wie Sie schon wissen. Namentlich dann, wenn der Jäger plötzlich selbst zum Gejagten wird.«
    »Wer jagt mich, Kanzlerin?«
    »Entweder besorgt das eines Tages Ihre Frau oder die Geliebte, die ich Ihnen unterstelle, was Ihnen eigentlich schmeicheln sollte, oder die Medien. Oder aber ich jage Sie zum Teufel.«
    »Frau Kanzlerin, ich wollte Ihnen meine Abwesenheit mitteilen, aber …«
    »Kümmern Sie sich um die Fraktionssitzung. Und sprechen Sie sich mit den Sozialdemokraten ab. Beenden Sie Ihren privaten Skandal, oder ändern Sie Ihre Gesichtsfarbe. Es ist lächerlich, wenn der Generalsekretär der grössten Partei wie eine Tomate ausschaut. Fehlt nur noch die kurze Hose. Das war’s, Herr Fröhlich.«
    Sie öffnete einen Brief, den Büroleiterin Sophie Eigenherr als »wichtig« bezeichnet hatte. »Haben Sie ihn denn gelesen?«, hatte die Kanzlerin gefragt, sich dann aber artig bedankt für den hervorragend mundenden Kaffee mit Milch und Zucker.
    »Sehr geehrte Frau Kanzlerin, mit diesem Schreiben teile ich Ihnen mit, dass ich aus gesundheitlichen Gründen meinen sofortigen Rücktritt als Sprecher der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland erkläre. Hochachtungsvoll, Kordian von Aretin.«
    Interessant, dachte sie. Sehr interessant.

    8 Uhr, Krisenstab im deutschen Innenministerium. Benedikt Eisele war nicht unzufrieden. Auf dem Berliner Flughafen Schönefeld war ein gewisser Darwin Meixner festgenommen worden, nachdem ein anonymer Hinweis diesen mit dem Terroranschlag in Verbindung gebracht hatte. Meixner kam aus St. Gallen.
    »Er wird zur Stunde von BKA-Ermittlern und BND-Beamten befragt«, sagte Martin Puller, der Chef des Bundesnachrichtendienstes.
    »Und?«
    »Er schweigt, bislang schweigt er noch.«

» D anke Ihnen nochmals für Ihr Redemanuskript. Durchwegs positive Reaktionen. Freundliche Grüsse, Eisele, Innenminister.«
    Loderer sass in seinem Büro und wollte die zweite SMS etwas später lesen. Sein Gefühl sagte ihm, dass darin weniger Erfreuliches stand. Also fuhr er den Computer hoch. »Liebe Frau Male. Bin völlig geschafft. Und wie geht es dir, Jenny?«
    Dann wartete er, und als keine Antwort kam, öffnete er die SMS: »Herr Loderer, Sie haben gestern Herrn Eisele sehr schön reden lassen, Kompliment. Möchte Sie aber aus einem anderen Grund sprechen. 9 Uhr in meinem Büro.

Weitere Kostenlose Bücher