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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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sich vor. Wochenlang hatte ihre Assistentin hinter ihrem Rücken mit ihrem ärgsten Feind im LKA gemeinsame Sache gemacht. „Er hat dich belogen und betrogen, okay. Aber nicht nur dich, seine Freundin in Essen auch. Und ehrlich gesagt, ich hätte es besser gefunden, wenn du mit der Nachricht, dass er gegen mich intrigiert, nicht erst jetzt zu mir gekommen wärest. Loyalität sieht anders aus.“
    Ihre Mitarbeiterin erging sich in Erklärungen. „Was hätte ich denn machen sollen? Am Anfang habe ich es gar nicht bemerkt, und später …“ Sie stockte. „Nun ja, ich wollte ihm nicht in den Rücken fallen.“
    Allmählich wurde es Verena zu bunt. „Ihm nicht, aber mir schon? Aber lassen wir das jetzt. Die beste Methode, sich von Liebeskummer abzulenken, ist Arbeit.“ Ich spreche aus Erfahrung, hätte Verena hinzufügen können. „Wir haben zwei ungeklärte Mordfälle und die Zeit läuft uns davon. Hast du noch einmal mit dem Kollegen aus Berlin gesprochen? Dir gegenüber ist er ja nicht ganz so bärbeißig.“
    „Ja, aber gegen Milner haben die nichts in der Hand. Und was den Mann angeht, der Baumgart am Bahnhof abgeholt hat, sind sie nach wie vor sicher, dass er nicht zu Milners Männern gehört. Vielleicht sollten Sie selbst noch einmal mit Milner sprechen, Chefin.“
    „Mit seinem Anwalt, meinst du. Selbst macht ein Mann seines Kalibers den Mund nicht auf. Der lässt andere für sich sprechen. Wenn wir wenigstens ein Motiv hätten, das wir ihm unter die Nase reiben könnten. So sehr ich auch grüble, ich komme einfach auf keines. Warum sollte er Baumgart und Wächter umbringen lassen? Milner unterhält Firmenbeteiligungen in Niedersachsen und Baumgart war bei der Vermittlung behilflich. Wächter auf der politischen Schiene vermutlich auch. Und ob Baumgart tatsächlich Geld für ihn gewaschen hat, wie Pieper behauptet, wissen wir nicht.“
    Ihre Assistentin war jetzt wieder ganz bei der Sache. „Es ist doch möglich, dass Baumgart ihn hintergangen und Gelder für sich abgezweigt hat.“
    „Baumgart war ein hochintelligenter Mann. Er wird nicht so dumm gewesen sein, ausgerechnet einen russischen Oligarchen mit KGB-Vergangenheit zu betrügen.“
    Verena schaute auf die Uhr. „In fünf Minuten beginnt die Lagebesprechung. Ist sonst noch was?“
    Ihre Assistentin verneinte und bat darum, von der Teilnahme an der Besprechung freigestellt zu werden. Sie erwähnte Kreislaufprobleme. Verena ließ sie gehen. Auch Hetzel fehlte bei der Besprechung. Kleinsorge wusste zu berichten, dass der Kollege ins Innenministerium einbestellt worden sei, was Pieper zu einem bissigen Kommentar veranlasste. Zum Doppelmord brachte die Zusammenkunft keine neuen Erkenntnisse und Verena beschloss, ausnahmsweise früher nach Hause zu gehen und zu kochen. Sie wollte Jürgen überraschen. Als sie ihre Sachen zusammenpackte, klingelte ihr Telefon. Jürgen teilte ihr mit, dass der Staatssekretär die Abteilungsleiter zum Spargelessen eingeladen hätte. Verena ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken und wünschte ihm einen vergnüglichen Abend. Sie rief Dagmar an, um sich mit ihrer Freundin zu einer kurzen Golfrunde zu verabreden. Es meldete sich jedoch nur der Anrufbeantworter. Wenn Stolli jetzt hier wäre, könnte sie mit ihm auf ein Bier in die Altstadt gehen, so fuhr sie nach Hause.
    Dort packte sie die letzten Kisten aus und machte es sich danach mit einem Glas Rotwein und einem Käsebrot vor dem Fernseher gemütlich. Sie zappte sich durch das Programm. Wieder einmal war auf allen Kanälen die Eurokrise Thema Nummer eins: Interviews mit Politikern und Finanzexperten, Talkrunden und Berichte aus Berlin und Brüssel. Ein Abgeordneter der Sozialpartei wetterte gegen die Vormacht der Banken und Spekulanten. Ein Politiker der Bürgerpartei beschwerte sich über die unzuverlässigen Griechen und forderte den Ausschluss des Landes aus der Eurozone. Wie immer sind sich alle darin einig, sich nicht einig zu sein, dachte Verena.
    Jürgen kam erst um Mitternacht gut gelaunt und mit Alkoholfahne nach Hause. Er weckte Verena, um ihr zu erzählen, dass er mit dem Staatssekretär Brüderschaft getrunken hatte. Auch brachte er die neuesten Gerüchte aus der Landespolitik mit. Der Ministerpräsident erwäge, eine Frau zu Lühmanns Nachfolgerin zu ernennen. Eine Frau als Innenminister, das sei doch mal was ganz Neues, meinte Jürgen und hörte sich echt begeistert an. Dann schlief er ein, Verena hingegen war hellwach und ärgerte sich, weil sie

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