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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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seines Herzens bewunderte er sie. Nachdem ich das begriffen hatte, machte ich mir sein widersprüchliches Verhalten zunutze, um den finalen Teil meines Plans in die Tat umzusetzen
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H ANNOVER , L ANDTAG
M ITTE A PRIL 2012
    Montagvormittag, elf Uhr zwanzig. Mehr als drei Wochen waren seit dem ersten Mord vergangen und das LKA war noch immer weit von einer Aufklärung der beiden Mordfälle entfernt. Im Landtag mehrte sich die Zahl der Kritiker, die von einer schludrigen Arbeit der Polizei sprachen. Der Abgeordnete Römermann übernahm es auf Geheiß der Fraktionsvorsitzenden für die Bürgerpartei ordentlich auf die Pauke zu hauen. Vor laufenden Kameras geißelte er die lasche Polizeiarbeit der neuen Regierung und behauptete, dass der Doppelmörder in der Amtszeit des früheren Innenministers Fritz Krause längst hinter Schloss und Riegel säße. Hinter verschlossenen Türen gefiel es ihm, im Kreis seiner Fraktionskollegen über Verena Hauser herzuziehen, die zwar ansehnlich ausschaue, jedoch gnadenlos überfordert sei. Auch die Medien verloren allmählich die Geduld und kritisierten die glücklose Ermittlungsarbeit der Polizei. Verena Hauser bekam den Druck zu spüren, ließ sich davon aber nicht beirren. Nach zwei spektakulären Mordfällen im Politikbetrieb hatte sie sich ein dickes Fell angeeignet. Und anders als damals hatte sie jetzt einen Mann an ihrer Seite, der ihr den Rücken stärkte. Das Gefühl, geliebt zu werden, machte vieles leichter.
    Bernd Wagner beteiligte sich nicht an der Polizeischelte. Nur allzu gut war ihm in Erinnerung, dass auch bei den vorhergehenden Mordfällen im Politikbetrieb die Ablösung von Verena Hauser betrieben worden war, am Ende aber der Erfolg stand. Außerdem hatte er vor, sie wegen der leidigen Kliniksache ins Vertrauen zu ziehen. Am nächsten Tag hatte er einen Termin bei ihr. Der heutige Vormittag war mit der Leitung des Europaausschusses ausgefüllt. Es ging nur zäh voran. Auf der umfänglichen Tagesordnung waren sie erst zu Punkt zwei vorgedrungen. Seit einer geschlagenen Stunde referierte der neue Europaminister. Er redete und redete, und wie es schien, lag ein Ende in weiter Ferne. Nur die Abgeordneten der Regierungsfraktion gaben sich den Anschein zuzuhören. Seine Kollegen von der Bürgerpartei hingegen waren weniger höflich. Sie gaben sich nicht die geringste Mühe, ihr Desinteresse zu verbergen. Auch Wagners Gedanken schweiften immer wieder ab: zu den Mordfällen, zur Klinik und zu Bianca Fröhlich, mit der er sich für mittags verabredet hatte.
    „Wenn Sie bitte zum Ende kommen würden“, bat er den Minister. Dieser setzte ein beleidigtes Gesicht auf. Ein Parteifreund des Ministers beschwerte sich grummelnd. „Lassen Sie den Herrn Minister doch ausreden. Als Sie noch Europaminister waren, mussten wir Ihnen auch stundenlang zuhören.“ Wagners Erinnerung war eine andere. Genau genommen war er in seiner kurzen Zeit als Europaminister kein einziges Mal im Ausschuss aufgetreten. Der Minister quittierte die Unterstützung seines Parteifreundes mit einem dankbaren Lächeln und setzte die Vorlesung fort. „Kommen wir nun zu den europapolitischen Aktivitäten der Landesregierung in Brüssel. Auch in diesem Jahr wird das legendäre Grünkohlessen in der Landesvertretung stattfinden, vermutlich am vierten November. Außerdem planen wir ein Adventskonzert in der ersten Dezemberwoche. Leider ist der bisherige Sponsor dieser Veranstaltung, Herr Baumgart, durch den tragischen Vorfall ausgefallen. Wir stehen mit seinem Nachfolger wegen der Zuwendung von 150.000 Euro im Gespräch. Im Januar wird ein Brunch mit Leckereien aus der Nordsee mit den norddeutschen Automobilwerken und Europapolitikern stattfinden. Auch der Herr Ministerpräsident wird teilnehmen.“
    Erfreuter Applaus der Kollegen der Regierungsfraktion folgte. Römermann hingegen reagierte mit beißender Kritik. „Die Menschen im Land machen sich Sorgen um ihr gutes Geld und Sie organisieren Sausen in Brüssel. Was Sie heute geboten haben, ist ein schlechter Witz. Kein Wort zur Eurokrise, kein Wort zum drohenden Währungsverfall und kein Wort zu der europaweiten Jugendarbeitslosigkeit. Sie sind ein Ignorant!“
    „Mäßigen Sie sich“, ging Wagner dazwischen. Einen amtierenden Minister als Ignoranten zu bezeichnen, ließ das Protokoll nicht zu, selbst wenn es der Wahrheit entsprach. „Wir müssen leider zum Ende der heutigen Sitzung kommen“, stellte er mit Blick auf die Uhr fest und bedankte sich beim

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