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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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kam in seinem Leben entschieden zu wenig vor.
    Er musste nicht lange warten. Täuschte er sich oder sah Verena Hauser verärgert aus? Stress mit dem Chef? Die Polizeibeamtin hielt sich nicht lange mit Förmlichkeiten auf. „Was kann ich denn für Sie tun?“
    Wagner hatte sich gut vorbereitet. In weniger als zehn Minuten lieferte er einen faktenreichen Bericht ab, angefangen von Wächters Besuch in seinem Büro über die Feststellungen von Frau Stigler und seinen Eindrücken aus der Klinik bis hin zu dem, was Bianca Fröhlich und er danach herausgefunden hatten. Er hatte damit gerechnet, dass die Polizeibeamtin Bedenken vorbringen, zumindest aber kritische Fragen stellen würde. Sie tat es nicht, nickte lediglich, so als ob ihr das alles längst bekannt wäre. Ihre Reaktion wirkte auf ihn emotionslos, fast unterkühlt. „Das deckt sich mit unseren Ermittlungen. Frau Schramm wird Ihre Aussagen zu Protokoll nehmen.“
    Wagner ging das zu schnell. Außerdem wollte er wissen, was die Polizeibeamtin mit „unseren Ermittlungen“ meinte. Er erkundigte sich, was die Polizei herausgefunden hatte. Gab es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Doppelmord und der Klinik? Mehr aber interessierte ihn, was die Polizei zu tun gedachte. Seine Neugier wurde nicht gestillt. Die Beamtin verwies auf die laufenden Ermittlungen, zu denen sie keine Auskunft erteilen könne, selbst einem Landtagsabgeordneten nicht. Einen kurzen Moment ärgerte sich Wagner über sie. Aber Verena Hauser hatte wohl ihre Vorschriften und dazu gehörte auch das Stillschweigen über laufende Ermittlungen. Assistentin Schramm wurde herbeizitiert, um im Büro nebenan seine Aussagen zu Protokoll zu nehmen.
    Als Wagner kurz darauf das Polizeigebäude verließ, tat er das mit gemischten Gefühlen. Einerseits war er erleichtert, dass er sein Wissen weitergegeben hatte, andererseits war er unsicher, ob er richtig gehandelt hatte. Hatte er doch bei den Mordfällen im Politikbetrieb im letzten Jahr hautnah miterlebt, wie die Politik Einfluss auf die Ermittlungsarbeit der Polizei genommen hatte. Das Bestreben, die Nähe der Hintermänner zu führenden Politikern zu vertuschen, war deutlich stärker ausgeprägt als der Wunsch nach Aufklärung der Straftaten. Was, wenn es dieses Mal ähnlich war und hochrangige Politiker in die Affäre verwickelt waren? Und was sollte er tun, falls Verena Hauser von ihren Vorgesetzten daran gehindert wurde, dem Verdacht auf illegalen Organhandel mitten in Deutschland nachzugehen?
    Dieses Mal würde er nicht aus falsch verstandener Loyalität wegschauen, nahm er sich vor. Dieses Mal würde er keine gute Miene zum bösen Spiel machen, wie so oft zuvor. Dieses Mal würde er etwas unternehmen, selbst wenn es ihm sein Abgeordnetenmandat kostete.

61
H ANNOVER UND H EMMINGEN -W ESTERFELD
    Verena war wütend. Wie sollte sie die Mordfälle aufklären, wenn ihr Fesseln angelegt wurden? Direktor Hirschmann hatte wieder einmal den Oberbürokraten herausgekehrt und ihr Dienstvorschriften um die Ohren geknallt. „Was haben Sie getan? Sie haben ausgerechnet den Neurotiker Stollmann undercover in der Klinik ermitteln lassen? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?“ Dem folgte eine Moralpredigt, gegen welche der vielen Dienstvorschriften sie damit verstoßen hatte. Hirschmann kannte sie alle auswendig.
    Verena hatte widersprochen. „Aber das spielt doch jetzt keine Rolle. Wir müssen unverzüglich tätig werden. Alles deutet darauf hin, dass in der Klinik Organe entnommen und weiterverkauft werden sollen. Wir sollten uns schnellstmöglich um einen Durchsuchungsbeschluss kümmern. Und wir müssen umgehend feststellen, wer die Betreiber der Klinik sind.“
    Der Direktor war fuchsteufelswild geworden. „Ich fass es einfach nicht! Erst verstoßen Sie gegen Dienstvorschriften und bringen damit meine Behörde und mich persönlich in größte Schwierigkeiten, und dann wollen Sie noch eines draufsetzen und die Staatsanwaltschaft und das Gericht einschalten. Ich mache mich doch nicht zum Hampelmann und verlass mich auf irrwitzige Behauptungen dieses durchgeknallten Beamten namens Stollmann. Dass der Mann ein Paranoiker ist, weiß doch jeder im Polizeidienst. Ich freue mich jeden Morgen, wenn ich das LKA betrete, dass er nach Osnabrück gegangen ist. Organhandel, so ein Unsinn! Vermutlich handelt es sich um ein Krankenzimmer, falls einer der gestressten Manager aus den Latschen kippt. Soll ja vorkommen, passiert mir übrigens auch gleich, wenn Sie

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