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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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roch nach Parfüm. War Gitte doch zu ihm zurückgekehrt? Neulich auf dem Schulhof, als er sie nach dem Unterricht abgepasst hatte, hatte das ganz anders geklungen. Typisch für Gitte, dachte er. Sie war schon immer sprunghaft gewesen. Während er die Wohnungstür hinter sich schloss, spürte er seinen Herzschlag. Es war die Freude, die seinen Puls verrücktspielen ließ.
    Gitte war wieder da. Sie war zu ihm zurückgekommen, trotz allem, was damals passiert war. Er hatte sie nicht schlagen wollen, ganz bestimmt nicht. Der Alkohol war schuld gewesen. Nach der Trennung vor zwei Monaten war er aus dem gemeinsamen Reihenhaus in Bemerode ausgezogen, hatte die Dreizimmerwohnung in einem Altbau in Herrenhausen gemietet und ihr einen Zweitschlüssel geschickt. Sie hatte jedoch nichts mehr von ihm wissen wollen und den Schlüssel zurückgeschickt. Vielleicht hatte sie ja einen Abdruck machen lassen.
    Lentz hatte sich glücklich geschätzt, als die betagte Vermieterin ihm aus einer großen Schar von Bewerbern den Vorzug gegeben hatte. Der Grund war sein Beruf. Es gefiel der alten Dame, dass künftig ein Detektiv unter ihr wohnte. Ein Polizist wäre ihr noch lieber gewesen, hatte sie Lentz verraten, aber für den wäre eine Wohnung dieser Preisklasse vermutlich unbezahlbar. Zum Zentrum war es nicht weit und direkt gegenüber boten sich die Herrenhäuser Gärten zum Joggen an. Mit Anfang fünfzig war man nicht mehr der Jüngste und Fitness in seiner Branche ein Muss.
    Durch den fensterlosen, dunklen Flur ging er ins Wohnzimmer. Auch dort schlug ihm Dunkelheit entgegen. Er hatte morgens beim Weggehen die Vorhänge zugezogen. Weshalb saß Gitte im Dunkeln oder war sie schon wieder gegangen? Als er das Licht anknipste, sah er sie. Nicht Gitte saß auf dem nagelneuen Sofa, sondern zwei südländisch wirkende Männer. Ihr schiefes Grinsen war mindestens so Furcht einflößend wie die Pistole, die der Dicke auf ihn richtete. Das sah nicht nach einem Freundschaftsbesuch aus.
    Verdammte Scheiße, was wollten die von ihm? Im Bruchteil einer Sekunde spielte Lentz seine Chancen durch, sich umzudrehen und wegzulaufen. Der Mann mit der Pistole schien seine Gedanken lesen zu können. Er entsicherte die Waffe, ein widerliches Geräusch. Sein schlaksiger, an die zwei Meter langer Partner erhob sich und schob den Stuhl vor dem Schreibsekretär in seine Richtung. „Setz dich, Kumpel.“
    Fieberhaft überlegte Lentz, ob er laut schreien sollte. Die Wohnungsbesitzerin war zwar um diese Zeit normalerweise zu Hause, aber sie war alt und hörte nicht besonders gut. Und wer weiß, wie sie reagieren würde. Die Männer sahen auch nicht so aus, als ob sie im Angesicht einer alten Frau die Flucht ergreifen würden. Eher würden sie die Alte abknallen. Seine langjährige Erfahrung ließ ihn nicht daran zweifeln, dass Profis vor ihm saßen, mit denen nicht zu spaßen war.
    Als er sich auf den Stuhl gesetzt hatte, stellte sich der Schlaksige hinter ihn. Sein Atem roch nach Knoblauch. Lentz hasste Knoblauch, er unterdrückte die aufkommende Übelkeit. „Wem hast du sonst noch die Fotos gegeben?“, fragte der Bewaffnete.
    Auch wenn Lentz mehrere Observationen eifersüchtiger Ehefrauen durchführte, wusste er sofort, welche Fotos gemeint waren. „Nur Marion Klaßen, sonst niemandem.“
    Der Lange warf dem Kürzeren einen bedeutungsvollen Blick zu. „Lüg uns nicht an. Das mögen wir nicht.“
    Die Klinge des Messers fühlte sich an seinem Hals kalt an. Zwischen seine Kehle und das Messer passte kein Millimeter mehr. Der Knoblauchgestank war jetzt direkt über ihm. Eine erneute Welle von Übelkeit überkam ihn. Er atmete schwer. Wenn er seinem Drang nachgab und sich vorbeugte, um zu kotzen, wäre es aus und vorbei. „Ich lüge nicht“, krächzte er. „Ich habe Frau Klaßen die Fotos mitsamt der Speicherkarte verkauft, also mit den Originalaufnahmen. Der Polizistin habe ich nur gesagt, dass die Observation nichts gebracht hat. Sie hatte davon erfahren. Woher, weiß ich nicht.“ Seine Gedanken überschlugen sich. Hatte die Fraktionsvorsitzende ihm die beiden Männer auf den Hals geschickt, weil sie ihr Geld zurückwollte? Verflucht, das hatte er nicht hier. Es befand sich in einem Schließfach in seiner Bank.
    Der Druck des Messers wurde weniger. Doch ehe sich Erleichterung einstellen konnte, stand der Lange vor ihm. Ein heftiger Schlag ins Gesicht ließ seinen Kopf nach links fallen. Lentz spürte, wie warmes Blut aus seiner Nase tropfte. „Du verdammter

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