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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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zurück, legte seine Arme hinter den Kopf und schaute an die Decke. Er war vollkommen erledigt. Er wurde doch nicht etwa alt? Bislang hatten ihm berufliche Belastungen nichts ausgemacht. Den ganzen Tag über hatte eine Sitzung die nächste gejagt, dazwischen Telefonate und Papierkram. Er brauchte dringend Urlaub. Die drei freien Tage über Ostern hatte er größtenteils am Krankenbett seiner Mutter verbracht und die lange Fahrt im überfüllten Zug nach Wilhelmshaven war nicht weniger strapaziös gewesen.
    Wagner war aber nicht nur erschöpft, er war auch frustriert. Nach diesem anstrengenden Zwölfstundentag konnte er kein einziges halbwegs passables Ergebnis vorweisen. Stattdessen hatte es endlose Streitereien in Arbeitskreisen und Ausschüssen um Formulierungen gegeben. In Wagners Augen Kinderkram. Ein kühles Bier in der Kneipe um die Ecke würde die trüben Gedanken vertreiben. Er hatte es sich wahrlich verdient. Danach würde er nach Hause gehen und Bianca Fröhlich anrufen. Vielleicht hatte sie schon etwas herausgefunden. Die Klinik ließ ihm keine Ruhe. Sie beschäftigte ihn sogar noch mehr als die Frage, wer Wächter erstochen hatte. Darum kümmerte sich die Polizei, und Verena Hauser würde den Täter ausfindig machen, war er sich sicher. Sie war ungemein tüchtig und hartnäckig.
    Er wollte gerade gehen, als plötzlich Frau Stigler im Türrahmen stand. Anzuklopfen hatte sie noch nie für nötig befunden, weder in der Staatskanzlei noch später, als sie im Büro des Parteivorsitzenden das große Zepter geschwungen hatte. Sie hatte zu ihrer alten Form zurückgefunden: arroganter Gesichtsausdruck, die Mundwinkel verächtlich nach unten gezogen, die Stimme schneidend. Auf die übliche Begrüßung verzichtete sie. Auch das wie gehabt.
    „Sie müssen heute Abend die Fraktionsvorsitzende bei der Verabschiedung des Hauptgeschäftsführers des Metallverbandes vertreten“, ließ sie ihn von oben herab wissen.
    „Auf keinen Fall“, erwiderte Wagner. „Ich bin völlig am Ende, es ist nach sieben und ich will nach Hause gehen.“
    Die Frau konnte wie eine Betonmauer sein. „Frau Klaßen besteht darauf. Der Verband ist wichtig für uns, hat sie gesagt. Vor allem jetzt, wo unser größter Sponsor ausgefallen ist. Wenn Sie andere Termine haben, sollen Sie die absagen.“
    Großartig, wie die beiden Weibsbilder über seine Zeit verfügten. Er würde mit der Fraktionsvorsitzenden reden müssen. So ging das nicht weiter, allmählich kam er sich vor wie in einem Hamsterrad. „Was ist mit Tanja Sommer?“, fragte er. „Die ist doch für Wirtschaftskontakte zuständig.“
    Die Antwort kam prompt. „Frau Sommer ist verhindert. Außerdem möchte die Fraktionsvorsitzende, dass Sie den Termin wahrnehmen. Jetzt, wo Sie im Wirtschaftsausschuss sind, müssen Sie Kontakte zur Wirtschaft aufbauen, hat sie gemeint.“
    Wagner gab sich geschlagen. Ab morgen würde er andere Saiten aufziehen, nahm er sich vor. Überdies hatte er ohnehin ein Bier trinken wollen. Dann würde er sich eben eines beim Metallverband gönnen. Nachdem Frau Stigler ihm eine Einladungskarte in die Hand gedrückt hatte, machte er sich auf den Weg.
    Der Metallverband hatte sich für ein Viersternehotel im Zentrum entschieden. Die Veranstaltung hatte bereits begonnen. Wagner wies sich am Empfangstisch als Vertreter der Fraktionsvorsitzenden aus, was die junge Dame mit Sommersprossen sichtlich beeindruckte. Sie begleitete ihn in den Festsaal, in dem an die zweihundert Gäste an festlich geschmückten Tischen Platz genommen hatten. Männer in dunklen Anzügen dominierten das Bild. Die laute Musik des Orchesters auf der Bühne dröhnte in Wagners Ohren, Gespräche waren nicht möglich. Wagner nutzte die Zeit, um die Kosten für den üppigen Blumenschmuck zu überschlagen. Heraus kamen einige tausend Euro.
    Zur allgemeinen Erleichterung beendete das Orchester seinen Auftritt und ein forsch ausschreitender Präsident trat ans Podium. Die Laudatio auf den scheidenden Geschäftsführer war überschwänglich. Die Gesichter von Wagners Tischnachbarn wurden allerdings mit jedem Satz länger. Als der Präsident vom schnörkellosen Charakter und einnehmenden Wesen des scheidenden Geschäftsführers sprach, wurde es unruhig im Saal. Das nach der Rede überreichte Abschiedspräsent, ein Golfbag mit Schlägersatz, rief bei Wagners Sitznachbarn gehässige Bemerkungen hervor. Wie es aussah, hatte der Herr Geschäftsführer beim letzten Golfturnier des Verbandes mächtig

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