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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Dolch mit einem kalten Lächeln ins Herz rammt, als einer, der mich langsam mit seinen Lügen und einer Prise Cantarella im Wein vergiftet.« Er nahm mir ungeduldig den Brief aus der Hand, zerknüllte ihn und warf ihn schwungvoll aus dem offenen Fenster seines Schlafzimmers in den Garten hinunter. »Kardinal della Rovere kann damit nur die Tauben im Giardino del Belvedere aufschrecken.«
    »Bitte sei vorsichtig«, bat ich ihn besorgt.
    »Ich habe dir noch nie wehgetan, oder?«, fragte er und glitt langsam in mich hinein. »Ich dachte, es würde dir gefallen …«
    »Das meinte ich nicht«, erinnerte ich ihn ernst.
    »Ich weiß«, seufzte er und begann sich in mir zu bewegen.
    Ungeduldig umfasste ich seine Schenkel und zog ihn näher an mich heran. Dann kreuzte ich meine Beine hinter seinem Rücken und hielt ihn fest. Er lachte übermütig, vergrub sein Gesicht in meinen Haaren und bewegte sich, schneller, ungeduldiger, fordernder.
    Gemeinsam galoppierten wir über die weiten Felder des Elysions, setzten zum Sprung an und hielten uns schwer atmend am anderen fest, bis der letzte Funke der Lust verglommen war.

    »Rom ist das Fegefeuer«, schrieb ich und naschte noch ein Stück Marzipankonfekt aus der Silberschale, »Rom ist das Purgatorium, wo all deine Sünden vergeben werden, sobald du sie fröhlich lachend begangen hast. Und Rom ist heiß wie die Hölle.«
    Die Sonne neigte sich rot glühend über den Horizont und tauchte die Ewige Stadt in ihren Feuerschein. Und wie unter der atemberaubenden Septemberhitze aufjauchzend stürzten sich ein paar Schwalben zwitschernd vom Dach des vatikanischen Palastes in den Hof unterhalb von Cesares Schlafzimmerfenster, um über dem Belvedere-Garten ihre Runden zu drehen und sich fröhlich singend auf den Fenstersimsen der päpstlichen Wohnung einen Stock tiefer niederzulassen, wo sie besonders gern rasteten – wegen der Brotkrümel mit päpstlichem Segen auf dem Sims.
    »Seht die Vögel des Himmels, die weder säen noch ernten und doch vom himmlischen Vater ernährt werden«: Dieses Jesus-Zitat schien Alexander nicht zu kennen, denn er kümmerte sich höchstpersönlich um die Schwalben auf dem Sims seines Arbeitszimmers – wie um alles, was in Rom, Neapel und Florenz, Italien und dem Rest der Welt geschah … oder nicht geschah!
    Unermüdlich hielt er das Räderwerk der Weltpolitik in Gang – wie Sisyphos, der einen Felsbrocken auf den Gipfel eines Berges wälzen musste, von dem er immer wieder herabrollte. Alexander verstand es, gleich mehrere Steine zu bewegen – Venedig, Florenz, Neapel, Mailand – und zwei weitere durch die Magie eines Federstrichs auf der Weltkarte in der Schwebe zu halten – Spanien und Portugal. Vor nicht einmal einer Stunde hatte er im Audienzsaal, der sich direkt unter Cesares Schlafzimmer befand, den französischen Botschafter empfangen. Die Fenster standen wegen der Sommerhitze weit offen, und ich hatte die diplomatischen Unhöflichkeiten gehört, die sich der Botschafter Frankreichs und der Papst an den Kopf geworfen hatten. König Charles VIII . erhob noch immer energisch Anspruch auf das Königreich Neapel. Nun, da Jofré Borgia per procura mit der Tochter des Thronfolgers Alfonso verheiratet war, wurde Neapel ein Bündnispartner des Papstes …
    Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn, änderte meine liegende Haltung auf Cesares Bett, ohne das Tintenfass auf dem Kopfkissen umzustoßen, und schrieb Niccolò von meinen Abenteuern in Rom.
    Mein schweres Brokatkleid hatte ich längst ausgezogen – ich lag nur mit dem seidenen Hemd bekleidet auf dem Bett und schrieb Briefe an Amerigo nach Sevilla, an den deutschen Alchemisten Johannes Trithemius nach Sponheim – er hatte endlich meinen Brief beantwortet: Das Opus Magnum sei kein Pakt mit Satan. Und dann verfasste ich einen Brief an Niccolò Machiavelli in Florenz.
    Piero hatte ihn gebeten, mir nach Rom zu schreiben: Wann ich denn gedenke, nach Florenz zurückzukehren? Er habe etwas mit mir zu besprechen. Was das war, wusste Niccolò nicht, aber er flehte mich an, meine Reisetruhen zu packen. Ich sollte Piero zur Vernunft bringen. O Niccolò, wie soll ich denn vernünftig mit meinem Bruder reden, wenn er mir bei jedem unserer Wortgefechte droht, mich aus seinem Palazzo zu werfen und in die leer stehende Casa Vespucci zurückzuschicken! Niccolò wäre es gar nicht so unrecht gewesen, wenn Piero mich zornig aus der Via Larga verbannt hätte: Er hätte mir liebend gern ein Bett in seinem Palazzo

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