Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
…«, platzte ich heraus.
War ich denn verrückt geworden, dem Papst zu sagen, er habe nicht klug gehandelt? Ich rechnete mit einem Wutausbruch, doch Alexander verzog nur amüsiert die Lippen und wartete ab, was ich zu sagen hatte.
Zwei Diener brachten die Teller mit dem ersten Gang: gegrillter Schwan. Keine valencianische Fischsuppe an diesem Abend?
Ich holte tief Luft. »Della Rovere wird die Kardinäle gegen Euch aufwiegeln. Seinen Bündnispartner Neapel hat er nach Jofrés Heirat mit Sancha von Aragón an Euch verloren. Also wird er sich einen neuen Bündnispartner suchen.«
»Und wer könnte das sein?«, wollte er wissen, während er mit seinem Dolch den Schwan auf seinem Teller zerteilte.
»Frankreich.«
»Frankreich?«, fragte er genüsslich kauend und lehnte sich zurück, als erwartete er eine ausführlichere Antwort von mir.
»Ihr habt Erzbischof Briçonnet nicht ernannt, Heiliger Vater. Das wird König Charles verärgern, der als Verbündeter von Ludovico il Moro ohnehin nach Italien kommen will, um sich die Krone von Neapel zu holen. Mit den französischen Heeren im Rücken könnte Giuliano della Rovere Euch aus Rom verjagen und selbst Papst werden.«
»Dafür muss er sich im Konklave einer geheimen Wahl stellen«, wandte Alexander mit Blick auf meinen unberührten Teller ein. »Schmeckt dir der Schwan nicht?«
Ich nahm den Dolch und versuchte ein Stück des Bratens. Er war köstlich! »Della Rovere hat im Konklave viele Kardinäle hinter sich«, sagte ich, mutiger: Wenn er meine Meinung nicht hören wollte, sollte er mich eben nicht danach fragen!
»Und eben deshalb habe ich César, Alessandro Farnese und Ippolito d’Este ernannt. César wird die Wahl von della Rovere im nächsten Konklave vereiteln.«
»Damit er Euch auf den Heiligen Stuhl nachfolgt?«, fragte ich und tunkte ein Stück Schwanenfleisch in die Sauce.
Sein Lächeln war unergründlich. »Glaubst du also, dass es klug von mir war, Kardinal della Rovere zu verärgern?«
»Es war geradezu genial, Heiliger Vater«, lobte ich ihn mit einem verschmitzten Lächeln.
Er amüsierte sich über mein überschwängliches Lob.
»Liebst du César?«, fragte er, plötzlich wieder ernst. »Ich meine: Würdest du ihn heiraten und den Rest deines Lebens mit ihm verbringen wollen?« Sein Blick bohrte sich fragend in meinen.
Ich zögerte. »Nein.«
»Weil ich ihn morgen zum Kardinal mache?«, lauerte er.
»Nein, nicht deshalb. Ich würde Cesare auch nicht heiraten, wenn er Herzog irgendeines verblassten Tintenflecks auf der italienischen Landkarte wäre.«
»Eigensinnig wie eine Medici und erfrischend undiplomatisch. Du erinnerst mich an Lorenzo il Magnifico. Er war auch so stolz«, nickte der Papst nachdenklich, ohne mich aus den Augen zu lassen. »Nicht einmal der König von Frankreich würde es wagen, so mit mir zu sprechen.«
»Ich bin nicht der König von Frankreich«, erinnerte ich ihn.
» ¡Gracias a Dios! Sonst müsste ich nicht nur befürchten, dass du Neapel eroberst, sondern auch ernsthaft erwägen, den päpstlichen Hof wieder nach Avignon zu verlegen«, konterte er mit einem Lächeln. Dann wurde er wieder ernst. »Ich will dich noch etwas fragen, Catalina: Glaubst du, du könntest mich eines Tages lieben?«
»Ich weiß es nicht«, gestand ich ehrlich. Gewiss, er war attraktiv, sinnlich, von majestätischer Erscheinung, hatte geschliffene Umgangsformen. Er brachte mich zum Lachen. Ich genoss die tiefsinnigen Gespräche mit ihm. Ich war geschmeichelt, dass er mich nach meiner Meinung fragte, dass er mich ernst nahm, dass ich offen aussprechen durfte, was ich dachte. Ich mochte ihn gern, sehr gern sogar. Aber er war der Papst. »Ich weiß es wirklich nicht«, wiederholte ich leise.
»Ein No lo sé ist kein No! «, folgerte er scharfsinnig.
»Nein«, bestätigte ich und legte den Dolch auf das bestickte Damasttischtuch.
»Was erschreckt dich an mir?«, wollte er wissen.
»Nichts. Ich habe keine Angst vor Euch.«
Er lachte amüsiert und ergriff meine Hand, um sie zart zu küssen. »Wenn dich nichts erschrecken kann: Was stört dich? Mein Alter? Ich könnte dein Vater sein …«
»Nein, das ist es nicht.« Ich drehte seine Hand, die meine hielt, sodass er den Fischerring betrachten konnte, das päpstliche Siegel mit dem Bild des Apostels Petrus und seinem Namen ALEXANDER VI . PONTIFEX MAXIMUS .
Der Papst zog den Ring vom Finger und legte ihn auf den Tisch zwischen uns. »Du könntest mich Rodrigo nennen«, schlug er mit einem
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