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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Kardinal della Rovere gebebt haben – aber nicht lange, denn wenige Tage später floh er überstürzt aus Italien.
    Alfonso von Kalabrien hatte Papst Alexander an die noch immer nicht vollzogene Ehe – den »spanischen Kuhhandel« – zwischen dem Papstsohn Jofré und seiner Tochter Sancha erinnert. Alfonsos Nachricht an den Papst war nicht in elegantem Latein, sondern in nüchternem Spanisch abgefasst, das in seiner Deutlichkeit kaum zu missverstehen war: Keine Krone für Alfonso – keinen Herzogstitel für Jofré. Alfonso hatte wirklich gute Karten in diesem Spiel um die Macht in Italien!
    Aber auch Charles hatte ein paar Asse im Ärmel. Der Vizekanzler der Kirche, Ascanio Sforza, floh von Rom nach Mailand, und Kardinal Giuliano della Rovere traf nach einem kurzen Aufenthalt in der alten Papstresidenz von Avignon im Juni 1494, wenige Tage nach der Krönung Alfonsos zum König von Neapel, am französischen Hof ein, wo er mit allen Ehren empfangen wurde.
    Ich hatte mich gerade von Charles verabschiedet, um nach über sechs Monaten Abwesenheit nach Florenz zurückzukehren, als ich im königlichen Vorzimmer allein auf Kardinal della Rovere traf.
    »Caterina! Ihr seid in Paris? Ich hätte es wissen müssen, als mir Kanzler Briçonnet von la belle Cathérine vorschwärmte, der geheimnisvollen Händlerin aus Florenz«, rief er, als er mir in den Weg trat. »Womit, ma chère Cathérine, handelt Ihr denn?«
    »Mit der Freiheit, Eminenz! Mit der Freiheit und Unabhängigkeit Italiens«, klärte ich ihn auf und wollte an ihm vorbeigehen.
    »Kauft Ihr sie oder verkauft Ihr sie?«, fragte er scharf. »Welche Position nehmt Ihr an Charles’ Hof ein? Seine Majestät soll kein so guter Liebhaber sein wie Seine Heiligkeit …«
    Ich zitterte vor Wut und konnte mir meine zornige Replik nicht verkneifen: »Nein, Eminenz! Aber ich denke, Euren Ansprüchen wird sein Arsch genügen. Wenn ich Euch einen Rat geben darf: Das Knien ist eine dafür bestens geeignete Stellung.«
    Im ersten Augenblick dachte ich, er würde mich schlagen, wie er es oft in meiner Anwesenheit mit seinem Gefolge getan hatte. Doch dann lachte er: »Ich knie nicht, Caterina, ich bin ein Kardinal …«
    »… auf der Flucht!«, ergänzte ich unbarmherzig.
    Keiner von uns beiden, weder Giuliano della Rovere noch ich, entschuldigte sich jemals beim anderen für die Beleidigungen, die wir uns im Louvre an den Kopf geworfen hatten. Wozu auch? So wussten wir doch wenigstens, wie der andere dachte.
    »Wir sind beide geflohen«, erinnerte er mich, legte mir versöhnlich den Arm um die Schultern und lud mich zum festlichen Diner »derjenigen, die Italien ins Unglück stürzen wollen« in das Palais des Erzbischofs ein: »Wie wäre es, meine liebe Caterina, wenn wir heute Abend bei einem kühlen Châteauneuf-du-Pape aus den Weinbergen von Avignon Frieden schließen würden?«
    Die Zweideutigkeit seines Vorschlages – er war Kardinallegat in Avignon und residierte im alten Papstpalast – war mir nicht entgangen: »Das, mein lieber Giuliano, fände ich großartig«, antwortete ich honigsüß. »Bei dieser Gelegenheit könnten wir auch Euren künftigen Namen als Papst festlegen. Wie wäre es mit Julius – wie der siegreiche Julius Caesar, der sich mit den Barbaren in Frankreich herumschlug, bevor er Rom eroberte?«
    »Ihr triumphiert über mich, Caterina«, beschwerte er sich mit einem amüsierten Augenfunkeln.
    »Das ist das Vorrecht des Siegers.«
    »Wer wird das sein: der Sieger dieses Kampfes, der noch nicht einmal begonnen hat? Charles von Frankreich? Alfonso von Neapel? Fernando von Aragón? Oder Papst Alexander?«
    »Ich, Giuliano! Ich werde der Sieger sein«, sagte ich selbstbewusst. »Ich kann gar nicht verlieren.«
    Denn wer alles verloren hat – den Vater, den Bruder, den Geliebten –, kann nur noch gewinnen. Er muss nur bereit sein, das Letzte, was ihm geblieben ist, zu riskieren: das eigene Leben.

    Am Morgen nach dem Abendessen mit Kardinal della Rovere und einem bewegenden Abschied von Nicolas Flamel reiste ich mit Lionetto zurück nach Lyon. Dort bestieg ich ein Schiff und fuhr die Rhône hinab, an Avignon und Arles vorbei nach Marseille, wo ich mich auf einem venezianischen Segler nach Pisa einschiffte. Als ich nach sechs Monaten Abwesenheit wieder in Florenz eintraf, erwartete mich eine Hiobsbotschaft:
    Angelo war todkrank!
    Nach meiner Ankunft im Palazzo Medici hatte ich keine Minute gezögert, erneut in den Sattel zu steigen, um nach Fiesole zu

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