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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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zum Auslaufen machen. Die letzten Vorräte werden an Bord gebracht. Innerhalb der nächsten Stunde werden wir in See stechen. Pinzón und de Solis kommandieren zwei der drei Karavellen. Das Kommando auf dem Flaggschiff hat ein Mann, der in Sevilla gestrandet schien, der aber nun seine Träume verwirklicht und nach Westen segelt, weiter als Cristoforo Colombo jemals gereist ist: Ich, Amerigo Vespucci, Kapitän und nach König Fernandos Willen Piloto Mayor meiner kleinen Flotille. Cadiz, 10. Mai 1497. Amerigo, der glücklichste Mensch der Welt.
    Post Scriptum: Den nächsten Brief schreibe ich dir aus China oder vom Ende der Welt.

    Nicht nur Amerigo schien eine Entscheidung getroffen zu haben, seinem Leben einen neuen Kurs und ein neues Ziel zu geben. Mitte Juni traf in Mailand die bestürzende Nachricht ein, dass Herzog Juan Borgia ermordet worden war.
    Am 7. Juni hatte Papst Alexander seinen Sohn zum Herzog von Benevento, einer Festung der Kirche, gemacht. Der spanische Botschafter hatte im Namen von König Fernando dagegen protestiert, Kirchenbesitz an den Sohn des Papstes zu verschenken. Der Vizekanzler der Kirche, Kardinal Ascanio, der sich in Rom aufhielt, um anlässlich der Scheidung von Giovanni Sforza und Lucrezia Borgia zu retten, was noch zu retten war, beleidigte Juan Borgia während eines Banketts wenige Tage nach der Abreise des spanischen Botschafters derart, dass dieser das Schwert gegen den Kardinal erhob. Eine Auseinandersetzung zwischen den Sforza und den Borgia schien unvermeidlich.
    In der Nacht des 14. Juni, eine Woche nach diesem Streit mit Ascanio in dessen Kardinalspalast, verschwand Juan spurlos. Er befand sich mit Cesare auf dem Rückweg von einem Bankett zum Vatikan, als er vor dem Palazzo des Vizekanzlers stehen blieb, überraschend sein Gefolge entließ und sich von Cesare verabschiedete: Er habe in dieser Nacht noch etwas zu erledigen. Cesare soll versucht haben, seinen Bruder zurückzuhalten, aber der schien zu allem entschlossen. Nur einen Bewaffneten nahm er als Leibwache mit, als er in der Dunkelheit verschwand. Als Juan bis zum Nachmittag des 15. Juni noch nicht wieder aufgetaucht war, wurde der Papst unruhig, und als am Abend der Leibwächter ermordet aufgefunden wurde, geriet er in Panik. Die Straßen der Stadt wurden zwei Tage lang durchsucht, die Palazzi der Kurtisanen, Ascanios Kardinalspalast und die Residenz des spanischen Botschafters. Schließlich wurde auch der Tiber mit Netzen abgesucht. Man fand Juan, der von neun Dolchstichen getötet worden war, im Schlamm des Flusses.
    Zunächst wurde Ascanio Sforza verdächtigt, Juan ermordet zu haben. Alexander nahm an, dass sein Sohn in jener Nacht den Kardinal aufsuchen wollte, um sich für die Beleidigungen zu rächen. Im Kardinalspalast sei er von Ascanios Leibwache überwältigt und erstochen worden. Man fand Juans Leiche in der Nähe einer Villa am Tiberufer, die dem Kardinal gehörte. Doch Juan hatte viele Feinde, und wer immer sein Mörder war, wusste, dass in dem Durcheinander der Scheidung Sforza-Borgia, dem Bündnis Borgia-Aragón, dem Streit König Fernandos mit Papst Alexander die absurdesten Vermutungen aufgestellt wurden, die seine eigenen blutigen Spuren verwischen würden.
    Nachdem Kardinal Ascanio als Verdächtiger ausgeschieden war, bezichtigte der Papst Herzog Guido, sich an Juan für die Schmach der Gefangennahme durch die Orsini gerächt zu haben, und schließlich auch Giovanni Sforza, der von Pesaro aus urbi et orbi verkündete, seine Scheidung von Lucrezia sei nur vom Papst beabsichtigt, damit Kardinal Cesare sich ungehindert mit seiner eigenen Schwester im Bett vergnügen könnte, wie er es zuvor mit Sancha, der Gemahlin seines Bruders Jofré, getan hatte. Lucrezia sei bereits schwanger von Cesare. Im Übrigen glaube er, dass der Kardinal seinen eigenen Bruder Juan ermordet habe, um Herzog zu werden und nicht, weil er wegen Juans Affäre mit Sancha eifersüchtig war. Zu zarten Gefühlen wie Liebe und Leidenschaft sei ein blutgieriger Assassino wie Cesare Borgia, der seine satanischen Pläne selbst seinem Unheiligen Vater gegenüber mit Androhung von Gewalt durchsetzte, nicht fähig.
    Ich dachte an die Auseinandersetzungen, die ich zwischen Juan und Cesare erlebt hatte. Sie waren an der Tafel des Papstes derart aufeinander losgegangen, dass ihr Vater ihnen zu schweigen gebieten musste. Aber würde Cesare wirklich seinen Bruder ermorden, um zu erreichen, was ihm sein Vater offensichtlich verwehrte? Er trug ja

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