Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
auf den Thron beider Reiche.« Als Ludovico mich offensichtlich unzufrieden mit dieser Machtverschiebung in Richtung Frankreich anstarrte, fuhr ich fort:
»Etwas Besseres hätte ihm nicht passieren können: König Fernando hat sich geweigert, Cesare als Herzog von Gandía zu akzeptieren. Er hat sich deshalb mit Papst Alexander angelegt, weil er dessen Sohn einen Brudermörder nannte, dem er nicht noch den Titel und den Besitz des Ermordeten hinterherwerfen wollte. Wenn Cesare Herzog von Gandía geworden wäre, hätte er sich mit Fernando herumschlagen müssen, und wenn er Carlotta von Aragón geheiratet und es vielleicht bis auf den Thron von Neapel geschafft hätte, würde er sich mit König Louis auseinander setzen müssen, der Anspruch auf Neapel erhebt.«
»Und auf Mailand. Louis ist der Enkel einer Visconti, die vor den Sforza in Mailand geherrscht haben«, fügte Ludovico an. »Er hat mich für abgesetzt erklärt und nennt sich Herzog von Mailand.«
Ich antwortete nicht und beobachtete Ludovico, der einige Schritte im Hof auf und ab ging. Schließlich blieb er vor mir stehen: »Louis droht, nach Italien zu marschieren und Mailand zu erobern. Danach will er sich die Krone von Neapel holen, wie es Charles vor ihm versucht hat.«
»Louis kann vor lauter Säbelrasseln sein eigenes Wort nicht verstehen. Und selbst wenn das Waffengeklirr in Chinon für einen Augenblick aufhören würde, könnte Louis nur Giuliano della Roveres und Cesare Borgias Worte hören, die ihn unablässig zur Eroberung von Mailand drängen«, sagte ich. »Wollt Ihr nun weiterkämpfen oder nicht?« Ich hob den Degen.
Er missverstand mich. »Ich werde nicht aufhören zu kämpfen, Caterina, niemals«, sagte er entschlossen. »Bis zum letzten Blutstropfen werde ich Mailand gegen einen Angriff der Franzosen verteidigen. Sagt mir: Welche Rolle wird Cesare Borgia als Herzog von Valence bei dieser Invasion spielen?«
»Er wird nach Italien zurückkommen und sich hier ein Herzogtum erobern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit Charlotte und seinen Kindern die Sonnenuntergänge über dem Tal der Rhône genießen will.«
»Nein, vermutlich nicht. Er wird gegen Italien kämpfen. Giuliano della Rovere hat sich mit ihm versöhnt, als er ihn in Avignon traf. Dieser verdammte Verräter!«, fluchte Ludovico ungehalten über die politische Kehrtwendung des Kardinals. Er schlug mit der flachen Klinge seines Degens gegen seinen Stiefel. »Wie werdet Ihr Euch verhalten, Caterina, wenn Cesare nach Mailand kommt, um mich zu stürzen?«
»Ich verstehe nicht …«
»Ihr tragt seinen Ring.« Ludovico deutete auf Cesares Kardinalsring, der seit jener leidenschaftlichen Nacht im Palazzo Vecchio meinen Finger schmückte. »Ascanio sagte mir, dieser Ring gehörte Cesare. Ihr tragt ihn seit mehreren Monaten, und ich frage mich immer öfter, wie Ihr ihn bekommen habt. War Cesare inkognito in Mailand, um gegen mich zu intrigieren? Habt Ihr ihn vor mir versteckt, weil Ihr wusstet, dass ich ihn töten würde?« Er wartete, ob ich auf diese Anschuldigung des Hochverrats antworten würde, doch ich schwieg. »Was bedeutet dieser Ring, Caterina: eine Verlobung? Und vor allem: Was bedeutet er Euch?«
»Er ist eine Erinnerung«, erklärte ich.
»An eine Affäre mit Kardinal Cesare?«, fragte Ludovico scharf. »Die mit Herzog Cesare nach seiner Rückkehr nach Italien fortgesetzt wird?«
»Nein«, verwahrte ich mich energisch. Ich widersprach nicht nur, weil Ludovico mich des Hochverrats anklagen konnte, wenn ich auch nur in Erwägung zog, in Cesares Bett zurückzukriechen, sondern auch, weil es das Letzte war, was ich tun wollte. Zu wütend war ich über das, was er getan hatte, und zu enttäuscht über das, was er nicht getan hatte. Wenn Cesare nicht eines Tages allein in seinem Bett schlafen wollte, sollte er Charlotte anders behandeln als mich, die er auf so demütigende Weise benutzt hatte.
»Giulio de’ Medici war vor einigen Tagen hier in Mailand«, warf Ludovico mir vor die Füße. »Was wollte er?«
»Mich besuchen«, erwiderte ich. »Ich habe Giulio seit unserer Flucht aus Florenz vor fünf Jahren nicht gesehen.«
»Er brachte Euch keine Nachricht von Papst Alexander?«, fauchte er mich an. »Die Medici haben sich auf die Seite der Borgia geschlagen, um die Herrschaft über Florenz zurückzugewinnen. Warum bloß werde ich den Gedanken nicht los, dass Giulio Euch die Anweisungen Seiner Heiligkeit überbracht hat, wie Ihr Euch im Falle der Eroberung von
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