Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Mailand verhalten sollt? Wenn Ihr mich umbringt – ob durch Gift oder bei einer unserer Fechtstunden –, wäre für Louis und Cesare der Weg frei, Mailand zu erobern. Und ein dankbarer Papst würde dafür sorgen, dass wieder ein Medici in Florenz regiert …«
»Ihr redet Unsinn, Euer Gnaden«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen. Die Wortwahl war vielleicht nicht ganz passend, doch dafür umso eindeutiger. Eine Anklage wegen Hochverrats durfte ich auf keinen Fall riskieren. Angesichts der Tatsache, dass mein ehemaliger Geliebter Mailand bedrohte und den Herzog stürzen wollte, war mir das Todesurteil sicher.
»Wie wollt Ihr mich umbringen, Caterina?«, fragte er unbeeindruckt von meinem Protest. »Ein Stolpern, ein schneller Stoß während einer unserer Fechtstunden? Ihr hättet mich vorhin töten können. Ihr fechtet so gut, dass meine Leibwächter keine Chance gehabt hätten, mir das Leben zu retten. Oder wollt Ihr Euch nicht die Hände schmutzig machen und erhöht unmerklich die Arsendosis im Veleno, um mich aus meiner Abhängigkeit von Euch zu erlösen?«
»Ihr habt eine blühende Fantasie, Euer Exzellenz«, wehrte ich die Verdächtigungen scherzhaft ab. »Habt Ihr schon einmal daran gedacht, Schriftsteller zu werden?«
Er lachte trocken. »Ideen für ein Drama hätte ich genug. Ich bin nur noch nicht sicher, ob es eine Komödie wird, die die menschlichen Schwächen des Heroen aufdeckt, oder eine Tragödie, die mit der Niederlage des Helden im Zweikampf endet. Und eine wichtige Frage ist noch nicht beantwortet: Wer ist der Held, der scheitern muss? Cesare Borgia oder ich?«
»Wollt Ihr allen Ernstes einen Rat von mir, Euer Gnaden, wie Ihr das Drama der Einigung Italiens inszenieren sollt? Mit diesem Thema haben sich schon etliche Autoren erfolglos herumgequält: Papst Sixtus, Papst Alexander, Lorenzo de’ Medici und Francesco Sforza. Selbst Charles VIII . hat sich an einer leider misslungenen Inszenierung versucht«, sagte ich schärfer als beabsichtigt. »Ich schlage vor, dass Ihr die Rolle des siegreichen Feldherrn mit Euch selbst besetzt.«
»Und welche Rolle spielt Ihr, Cassandra da Vinci?«
Ich schnappte nach Luft. Baldassare musste ihm erzählt haben, wie er mich damals im Palazzo Vecchio traf: »Keine, Exzellenz. Ich habe aufgehört, Rollen zu spielen und Masken zu tragen.«
» Cassandra vincerà – Cassandra wird siegen«, sagte er misstrauisch. »Cassandra hatte den Untergang Trojas vorhergesagt, und als die Stadt brannte, wurde sie die Geliebte des Eroberers.«
»Das ist eine Legende! Ein Epos von Homer, dem der Dichter Aischylos ein tragisches Ende gegeben hat.«
» Ihr schreibt Euer Drama selbst, Caterina. Vor fünf Jahren seid Ihr unter einem falschen Namen nach Mailand gekommen. Ihr habt Euch mein Vertrauen erschlichen, mich erpresst und durch das Arsen im Veleno von Euch abhängig gemacht. Ihr habt Euch mit den Borgia verbündet, um mich als Herzog von Mailand zu stürzen und zu ermorden …«
»Nein!«, fuhr ich ihm in die Parade.
»Ich weiß, dass Ihr im Mai inkognito in Rom wart, als Ihr ohne meine Erlaubnis Mailand verlassen habt. Ihr hattet eine Audienz bei Papst Alexander. Ascanio hat mir darüber berichtet. Anschließend seid Ihr nach Florenz geritten.«
Ich wollte etwas erwidern, aber er schnitt mir das Wort ab: »Ihr habt in Florenz die Rückkehr der Medici vorbereitet, nachdem Piero bei seiner Eroberung der Stadt gescheitert ist. Ihr habt dafür gesorgt, dass dieser verrückt gewordene Prior hingerichtet wurde, und dass Niccolò Machiavelli, ein Freund der Familie Medici, als Staatssekretär an die Macht kam. Dann seid Ihr nach Mailand zurückgekehrt, um mich zu ermorden, damit die Medici Florenz zurückerobern können.«
»Das ist absurd«, rief ich. Ich war erschrocken über seine Anschuldigungen.
»Ja, das finde ich auch, Caterina. Es ist völlig absurd, aber eben deshalb beunruhigt es mich. Die Verbindung der Medici mit den Borgia ist gefährlich, nicht nur für die Sforza oder die Aragón, sondern für ganz Italien. Und am Ende auch für die Medici, die in die Via Larga zurückkehren werden – um ihre letzte Ruhe dort zu finden. Die Borgia werden die Medici verraten, wie wir Sforza von ihnen verraten wurden.«
»Ihr redet Unsinn!«, wies ich ihn zurecht.
»Cesare hat Euch verraten und Eure Gefühle verletzt, als er nach Frankreich ging, um Charlotte d’Albret zu heiraten.« Ludovico wollte mir mit seiner Bemerkung wehtun. Und das gelang ihm! »Oder wollt Ihr
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