Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Unterwürfigkeit demütigen und zur Vernunft bringen, nie wieder das Wort oder die Hand gegen ihn zu erheben.
Dass ich ihm Widerstand leistete, schien ihn nur noch mehr zu erregen. Er blickte mich unverwandt an, um sich keine meiner Reaktionen entgehen zu lassen. Seine Lippen waren leicht geöffnet, sein Gesicht war verzerrt. Er atmete schwer, und all seine Muskeln waren zum Zerreißen angespannt. Doch empfand er wirklich Lust bei dem, was er mir antat, um meinen Willen zu brechen, meinen eigensinnigen Stolz zu vernichten, um mich ihm zu unterwerfen?
Die Tür des Saals wurde aufgerissen, und Giuliano della Rovere stürmte herein. Er hatte vor der Tür des Audienzraums unserem erbitterten Wortgefecht gelauscht, und als es plötzlich still wurde, war er beunruhigt. Schließlich hatte er mir vor Jahren versprochen, mein Leben zu schützen. Nun stand er im Saal und wusste nicht, was er tun sollte. Den Blick, den er Cesare zuwarf, konnte ich nur als entsetzt bezeichnen. Aufbrausend wie ein Sturmwind griff er nach seinem Dolch.
Ich warf ihm einen flehenden Blick zu, nichts zu unternehmen, während Cesare gebieterisch die Hand hob, um den aufgebrachten Kardinal abzuhalten, ihn so kurz vor der Erreichung seines Ziels bei seinem Vorhaben zu stören. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn Giuliano della Rovere Cesare in diesem Augenblick von mir heruntergezerrt hätte. Die beiden wären mit ihren Waffen aufeinander losgegangen, und alles wäre nur noch schlimmer geworden, als es ohnehin schon war!
Als Giuliano mit geballten Fäusten und zitternd vor Wut stehen blieb und mir nicht zu Hilfe kam, wandte ich mich wieder Cesare zu, der keuchend über mir aufragte. »Du tust mir weh«, flüsterte ich zwischen zwei Stößen. »Aber du tust mir noch mehr Leid.«
Er brüllte vor Zorn, stieß ein letztes Mal zu, rang nach Atem und zog sich grob aus mir zurück. Während er seine Kleidung in Ordnung brachte, wandte er sich Giuliano zu. »Was ist, Eminenz? Konntet Ihr Euch nicht gedulden, bis ich mit ihr fertig bin?«
Dann rauschte er zornig aus dem Raum, um seine Wut an jemand anderem auszulassen.
Giuliano half mir auf und reichte mir die Reste meines zerrissenen Kleides. »Caterina, ich …«, setzte er zu einer Entschuldigung an, aber ich gebot ihm zu schweigen. Das Letzte, was ich jetzt hören wollte, waren Worte des Mitgefühls.
Mit zitternden Knien glitt ich von der Tischkante und hielt mich an ihm fest, um nicht umzufallen. Dann hüllte ich mich fröstelnd vor Kälte, die tief aus meinem Inneren aufstieg, in die seidenen Fetzen meines Kleides und die zerschlissenen Reste meines Stolzes. Die Kälte in mir ließ mich zittern, aber irgendwie schaffte ich es, mich aufzurichten, einen Schritt nach dem anderen zu gehen.
Nur mit dem Stolz einer Medici bekleidet, schritt ich an König Louis vorbei, der mit seinem Gefolge gerade die Treppe heraufgekommen war. Er erkannte die Situation und neigte voller Anerkennung artig den Kopf vor mir. Ich erwiderte seinen Gruß mit allem Selbstbewusstsein, das ich in diesem Augenblick aufbringen konnte. An den Kardinälen Guillaume Briçonnet und Georges d’Amboise vorbei, die mir fassungslos nachblickten, stieg ich ohne zu stolpern und gemessenen Schrittes die Treppe hinauf und verschwand in meinem Schlafzimmer.
Erst als ich die Tür hinter mir zugeschlagen hatte und erschöpft auf dem Boden zusammenbrach, liefen die Tränen über meine Wangen. Ich weinte, bis der Schmerz in meinem Körper verklungen war, bis die furchtbaren Gedanken, die mich quälten, endlich verstummt waren, bis ich nichts mehr in mir spüren konnte. Nichts, was ich nicht spüren wollte.
Irgendwann war ich eingeschlafen. Zusammengerollt lag ich auf den Steinfliesen, als es an der Tür klopfte. Ich schrak auf, als Cesare in den Raum trat.
In den Schatten der Abenddämmerung war sein Gesicht nicht zu erkennen. Was, zum Teufel, wollte er?
»Verschwinde aus meinem Leben!«, rief ich.
»Louis wünscht, dass du heute Abend mit ihm speist«, sagte er. Diese Idee des Königs schien ihm überhaupt nicht zu gefallen. »Er will seinen Sieg über Mailand feiern.«
»Von mir aus kann Seine Majestät heute Abend schon mal seinen Sieg über Neapel feiern!«, schrie ich ihn an. »Was soll ich auf diesem Bankett? Mich vor allen anwesenden Kardinälen und Herzögen von dir demütigen lassen? Oder bin ich die Beute des Siegers? Schlafe ich heute Nacht in Louis’ Bett?«
Er zögerte. Hätte ich doch nur sein Gesicht sehen
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