Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
ihn reden.
Erschöpft vom Liebesakt lag er neben mir in dem breiten Bett, den Kopf halb im Kissen vergraben. Schlief er? Ich drehte mich zu ihm um und zog die Decke höher. »Cesare?«
»Mhm?«, murmelte er aus den Tiefen des Kissens.
»Bist du fertig mit mir?«, fragte ich in gespielter Ergebenheit. »Oder willst du noch ein drittes Mal?«
Verschlafen öffnete er die Augen und sah mich verblüfft an.
»Dann, nehme ich an, bin ich wohl entlassen und kann gehen.« Ich schlug die Decke zurück und wollte mich erheben, aber er hielt mich fest.
»Caterina!«, sagte er und küsste zärtlich meine Schulter. »Warum willst du mir wehtun? Bitte bleib bei mir heute Nacht.« Er zog mich zu sich herunter. »Ich will mit dir reden, ohne dass wir uns gleich wieder anschreien. Können wir nicht Frieden schließen? Der Krieg mit dir bringt mir keinen Spaß.«
»Weil du ihn nicht gewinnen wirst?«, konterte ich.
Der Hieb saß, ich sah es ihm an. »Weil ich ihn bereits verloren habe. Weil ich dich verloren habe. Ich will nicht länger mit dir streiten, Caterina. Das ertrage ich nicht.« Er schloss mich in seine Arme. »Komm zurück zu mir!«, flüsterte er in mein Ohr. »Lass dich von mir lieben, so wie früher.«
Ich wich seinem Kuss aus und wandte das Gesicht ab. »Es ging dir nie um mich«, warf ich ihm vor. »Du hast nie mit Caterina geschlafen, sondern immer nur mit der Tochter der Medici.«
»Und du hast deinem Namen alle Ehre gemacht«, sagte er anerkennend. »Auch im Bett.«
»Die Nächte in Pisa – du warst nicht in mich verliebt.«
»Nein, ich wollte dich verführen, in mein Bett bekommen, ein bisschen Spaß mit dir haben. Und wir hatten unseren Spaß, damals in Pisa. Aber als du nach Florenz zurückgekehrt warst, da habe ich dich vermisst. Und als ich hörte, dass du mit dem Tode gerungen hattest, da hat es mir fast das Herz zerrissen. Ich hatte keine Ahnung, was das heißt: zu lieben. Oder geliebt zu werden. Sich fallen lassen zu können und aufgefangen zu werden. In den Armen eines geliebten Menschen im tiefen Gefühl der Geborgenheit einzuschlafen. Als ich dich mit Giovanni Pico sah, wusste ich, dass ich dich liebe. Du hast mich gelehrt, wie man liebt.«
»Ich?«, fragte ich verblüfft.
»Ich habe gesehen, wie du Giovanni Pico geliebt, ja geradezu angebetet hast. Alle anderen Männer existierten für dich nicht mehr. Ich auch nicht. Das hat mich eifersüchtig gemacht, ich gebe es zu. Und ich war glücklich, als ›San Giovanni‹ sich entschloss, als Frater nach San Marco zu gehen, und du aus lauter Trotz nach Rom gekommen bist, um dich mit mir zu trösten. Ich dachte wirklich, wir hätten eine gemeinsame Zukunft.«
»Du hast mir in Mailand ein Versprechen gegeben, das du nicht eingehalten hast«, erinnerte ich ihn.
»Ich war verzweifelt gewesen, als du vor Jahren aus Rom geflohen warst und ich dich nicht finden konnte. Und ich war so glücklich, als ich dich in Mailand wiedersah. Mein Versprechen, dich zu heiraten, war ernst gemeint.« Er strich mir mit dem Finger sanft über die Lippen, die Nase, die Augenbrauen, wie damals in jener leidenschaftlichen Nacht in Mailand. »Ich bin nach Rom zurückgekehrt und habe mit meinem Vater darüber gesprochen. Er war … verletzt. Der Gedanke, dich zur Schwiegertochter zu bekommen, gefiel ihm nicht, und er brüllte mich unbeherrscht an. Nach Juans Ermordung haben wir uns noch mehr zerstritten, weil er mir vorwarf, ich hätte meinen leichtsinnigen Bruder nicht vor den Attentätern beschützt. Aber nicht einmal er hätte Juan davon abhalten können, nachts allein durch Rom zu gehen.«
»Ich dachte …«, begann ich betroffen.
»Dass ich Juan ermordet habe?«, fragte er. »Das scheint ganz Italien zu glauben. Nein, ich habe meinen Bruder nicht umgebracht. König Fernando wollte Juan als Herzog von Gandía loswerden und meinen Vater und mich als zuverlässige und glaubwürdige Bündnispartner in Verruf bringen. Meine Ehe mit Carlotta von Aragón ist nicht geschlossen worden, weil Fernando es mit seinen bösartigen Intrigen verhindert hat. Und selbst meine Heirat mit Charlotte d’Albret drohte zu scheitern. Fernando erhebt Anspruch auf Neapel. Juans Ermordung war eine Warnung an meinen Vater, seine Hoffnungen nicht auf ein vereinigtes Italien unter der Herrschaft der Borgia zu setzen.«
»Dein Vater und du – ihr habt euch gestritten?«, fragte ich.
»Mein Rücktritt als Kardinal verzögerte sich von Monat zu Monat, weil mein Vater nicht auf mich verzichten
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