Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
schlenderten.
»Ich habe Elisabetta geschrieben, dass du hier bist. Aber das wusste sie schon von Lucrezia.«
Er hatte mir nicht gesagt, dass er seiner Gemahlin von seiner Geliebten geschrieben hatte! Ich folgte ihm, als er von Stand zu Stand weiterging. »Und wie reagiert sie darauf?«
»Sie wünscht mir viel Glück.«
Ungläubig schüttelte ich den Kopf. »Sie hat nichts dagegen, dass wir …«
»Nein, warum sollte sie?«, fragte Guido erstaunt. Als er mein verwundertes Gesicht sah, nahm er mich in den Arm und küsste mich. »Elisabetta hat dich während der Reise nach Ferrara kennen gelernt, Caterina. Sie schätzt dich, bewundert dein Wissen als Universalgelehrte und weiß, dass du das Bett mit mir teilst, aber nicht den Thron von Urbino. Sie steht nicht zwischen uns.
Und im Übrigen genießt Elisabetta ihre Zeit in Mantua mit einem gut aussehenden und sehr verliebten jungen Mann namens Giacolino, einem meiner Offiziere. Wir leben beide nach dem Wort von Lorenzo Valla: ›Wenn zwei Menschen einander lieben, wie kann es da ein Dritter, verheiratet oder nicht, wagen, sich zwischen sie zu stellen?‹ Wir haben beide keine Geheimnisse voreinander. Und ich hoffe …« Er unterbrach sich, starrte mich entsetzt an. »Caterina! Was ist mit dir? Du bist plötzlich so blass …«
Der Schmerz durchfuhr mich wie ein greller Blitz, der die Nacht erleuchtet, und er hörte einfach nicht mehr auf. Ich schwankte. Warum musste mich der Anfall, der schlimmste meines Lebens, ausgerechnet in diesem Augenblick des Glücks, der Freude und der Erleichterung über Elisabettas unerwartete Reaktion in die Knie zwingen? Ich schloss die Augen, taumelte, stolperte, griff ins Leere.
Guido fing mich auf, bevor ich stürzen konnte, und hielt mich fest. »Kannst du in den Palazzo zurückkehren, Caterina?«, fragte er besorgt.
Ich schüttelte den Kopf, ohne die Augen zu öffnen. Nein, ich wollte die besorgten, verstörten Blicke der Urbiner nicht sehen, die Guido und mich eben noch in inniger Umarmung bewundert hatten. Das ertrug ich nicht!
Als die Knie unter mir nachgaben, nahm Guido mich auf seine Arme und trug mich ein paar Schritte weiter zu Raffaellos Haus, das der Kirche von San Francesco gegenüberlag.
Die Leibwächter stürmten an uns vorbei, rissen die Haustür auf, damit der Herzog eintreten konnte, riefen den Maestro, der in seiner Werkstatt im Erdgeschoss gemalt hatte, und der hinter uns die Treppe zum oberen Stockwerk hinaufeilte.
»Ein Bett!«, kommandierte der Herzog, und Raffaello führte ihn in sein Schlafzimmer, wo Guido mich vorsichtig hinlegte und sich dann vor das Bett kniete. »Caterina, um Gottes willen, kannst du mich hören?«
Ich nickte stumm, ohne die Augen zu öffnen. Ich wollte nicht weinen, nein, verdammt, ich wollte nicht weinen! Trotz der Schmerzen, trotz des demütigenden Zusammenbruchs in den Straßen von Urbino, trotz meines mittlerweile lebensgefährlichen Zustandes. Das konnte ich Guido nicht antun! Die letzten Wochen mit ihm waren die schönsten meines Lebens gewesen. War dies der unvermeidliche Absturz aus dem Himmel?
»Raffaello, bring mir Wasser!«, befahl Guido, und ich hörte, wie der Maestro den Raum verließ und kurz darauf mit einem Zinnbecher zurückkehrte. Guido zog eine Phiole aus der Tasche und goss Opium in den Becher, ohne sich die Mühe zu machen, die Tropfen zu zählen. Dann half er mir auf und setzte mir den Becher an die Lippen, damit ich davon trinken konnte.
Das Opium machte alles nur noch schlimmer. Der Schmerz war heftiger als je zuvor und drohte mich wie unter der Folter bei lebendigem Leib zu zerreißen. Meine Glieder zuckten, ich schlug um mich, als Guido mich festhalten wollte, um mich zu beruhigen, ich schrie vor Zorn über den Verlust meiner Selbstbeherrschung, ich weinte, lehnte mich gegen mein Schicksal auf und brach schließlich erschöpft zusammen und wurde ohnmächtig.
Erst Stunden später erwachte ich in Guidos Bett im Palazzo. Es war dunkel im Raum, nur eine Kerze brannte auf dem Nachttisch neben dem Bett. Von irgendwoher erklang leise Musik, Gesang und Lautenspiel.
Guido lag neben mir auf dem Bett. Als ich die Augen aufschlug, beugte er sich über mich. »O Gott, ich danke Dir! Du hast meine Gebete erhört!«, flüsterte er erleichtert. Sanft strich er mir über das Gesicht. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Wie geht es dir?«
»Ich glaube, ich lebe noch«, meinte ich in einem Anflug von Zynismus. »Jedenfalls fühle ich mich lebendig.«
»Hast du
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