Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
meine schwarze Maske und einen weiten Mantel, sodass ich nicht auf den ersten Blick als Frau zu erkennen war. Obwohl ich einen feurigen Hengst ritt und nur wenig Gepäck bei mir hatte, kam ich nur langsam voran – am ersten Tag nur bis Faenza, wo ich in einem Pferdestall übernachtete, am zweiten Tag bis Rimini, wo ich in einem Kloster eine schlaflose Nacht verbrachte.
Während meines einsamen Rittes hatte ich viel Zeit nachzudenken. Ich war froh, dass Lucrezia mich fortgeschickt hatte. Ich war sogar dankbar für ihre grausamen Worte, die mich tief in meiner Seele getroffen hatten. Sie liebte mich, so sehr, dass sie fortan auf unsere enge Freundschaft verzichtete, damit ich glücklich werden konnte. Der Abschied im Morgengrauen war uns beiden nicht leicht gefallen, und ich musste ihr versprechen, so bald wie möglich zu schreiben.
Mein Ritt durch das Inferno meiner Gedanken, quer durch die Romagna, an der Küste entlang bis Pesaro und von dort nach Urbino dauerte drei Tage. Drei endlose Tage.
Die Sonne war längst untergegangen, als ich das Stadttor von Urbino erreichte. Beinahe hätte ich mich in der Dunkelheit auf der Straße zwischen Pesaro und Urbino verirrt, aber dann fand ich meinen Weg im Mondlicht wieder. Das Tor war geschlossen, und ich trat mit den Stiefeln dagegen und rief, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Schließlich öffnete sich das schwere Stadttor einen Spalt breit und ein Wächter steckte seinen Kopf heraus. »Was wollt Ihr? Warum macht Ihr solchen Lärm?«
»Lasst mich in die Stadt. Ich will mit Herzog Guido sprechen«, verlangte ich. Eine Hand voll Golddukaten überzeugte ihn von der unaufschiebbaren Dringlichkeit meines Anliegens bei Seiner Exzellenz.
Der Wächter begleitete mich, wohl weniger aus Furcht vor einem Attentat auf den Herzog als in der Hoffnung auf eine weitere Goldmünze. Durch die von Fackeln erleuchteten Gassen der Stadt führte er mich bis zum Palazzo Ducale, wo er mich beim Sekretär Seiner Exzellenz melden ließ.
Guido empfing mich in seinem Audienzraum. Offenbar hatte er so spät noch gearbeitet – sein Schreibtisch war von einem Haufen Schriftstücken bedeckt.
Er stand am Fenster und wandte mir den Rücken zu, als sein Sekretär mich in den Saal führte, und er drehte sich auch nicht um, als die Tür hinter mir geschlossen wurde.
»Was willst du?«, fragte er.
Ich erschrak über seinen Tonfall, ließ mich aber nicht beirren. »Ich will dich etwas fragen, Guido.«
Keine Reaktion, außer einem »Was?«
»Ich würde gern wissen, ob es den Raum noch gibt, von dem du mir in Nepi erzählt hast. Den du für mich eingerichtet hattest, weil du glaubtest, ich würde mit dir nach Urbino gehen.«
»Ja, den gibt es noch«, murmelte er mit gesenktem Kopf. Sich zu mir umzudrehen fiel ihm schwer. Noch. Ich ließ ihm Zeit. »Ich habe das Bett, die Truhen und die Gemälde selbst ausgesucht. Und ich hatte gehofft, es würde dir gefallen«, fuhr er fort, als er das Schweigen nicht mehr ertrug.
»Hättest du etwas dagegen, wenn ich dort eine oder mehrere Nächte verbringe, bevor ich … endgültig abreise?«
Er verstand sehr wohl, was ich sagen wollte, obwohl ich die Worte Sterben und Tod sorgsam vermied. Seine Schultern zuckten. Schluchzend schüttelte er den Kopf.
»Wenn du es wünschst, werde ich dir für die Zeit meines Aufenthaltes in Urbino aus dem Weg gehen, Guido. Du wirst nicht einmal merken, dass ich da bin – das verspreche ich dir. Und wenn … wenn ich dann eines Tages … abreise … für immer fortgehe …, dann werde ich das ganz still und leise tun. Ich will dir nicht mehr wehtun. Nie mehr.«
Er drehte sich zu mir um. Tränen liefen über sein Gesicht. Er rang um Worte, um Haltung. Ich trat zu ihm und küsste ihm zart die Tränen von den Wangen. Er umarmte mich und hielt mich fest, als wollte er mich nie wieder loslassen.
In jener Nacht liebten wir uns mit einer Ernsthaftigkeit und einer selbstverlorenen Seelenruhe, als hätten wir alle Zeit der Welt – den ganzen Rest unseres Lebens.
Wir lagen eng umschlungen nebeneinander in seinem Bett. Ich hatte ein Bein über seine Hüfte gelegt und ihn tief in mich eindringen lassen. Er umarmte mich, atmete tief den Duft meines Haares und streichelte mich, während er fast unmerklich begann, sich zu bewegen.
Mit den Fingerspitzen wischte ich ihm die Tränen aus seinem Gesicht und küsste ihn.
»O Gott, Caterina, wie sehr ich dich liebe!«, hauchte er, ohne mit seinen sinnlichen Bewegungen aufzuhören. »Die letzten
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