Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Schmerzen?«
»Und wie.«
»Willst du noch ein wenig Opium?«
»Nein, Guido. Die Dosis, die du mir heute Morgen gegeben hast, hätte ausreichen müssen, um mich für einige Stunden von meinen Qualen zu erlösen. Doch sie hat nichts genützt. Ganz im Gegenteil: Der Opiumrausch hat die Schmerzen nur noch verstärkt und mir fast den Verstand geraubt. Es ist sinnlos«, presste ich hervor.
»O mein Gott!« Er ließ sich neben mich in die Kissen sinken, wandte das Gesicht ab.
Ich lag eine Weile still und lauschte. Weinte er? Wenn, dann ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Leise wehte eine Melodie in den Raum, zart, süß, wie der Gesang von Engeln.
»Was ist das für Musik, Guido?«, fragte ich. »Hat der Empfang für den Botschafter der Romagna schon begonnen?«
»Ja, vor zwei Stunden«, murmelte er ins Kissen.
»Und wieso bist du nicht im Bankettsaal, um ihn zu empfangen?«, fragte ich.
»Weil ich dich in dieser Nacht nicht allein lassen wollte, Caterina. Mein Neffe Francesco vertritt mich.«
»Hältst du es angesichts von Cesares Feldzügen für vernünftig, ihn derart zu beleidigen, indem du seinen Botschafter nicht empfängst und stattdessen mit mir im Bett liegst?« Als er schwieg, fuhr ich fort: »Guido, bitte hör auf, dir um mich Sorgen zu machen, und sorge dich lieber um Urbino.«
»Caterina …«
»Bitte lass mich allein, Guido! Ich würde gern noch ein wenig schlafen. Empfange den Botschafter der Romagna und lass ihn Cesare meine herzlichen Grüße bestellen.«
Er zögerte, dann seufzte er: »Wie du willst.« Nachdem er mich geküsst hatte, erhob er sich und verließ schweigend das Schlafzimmer.
Ich blieb allein mit meinen Tränen.
Was mute ich ihm mit meiner Anwesenheit im Palazzo zu?, fragte ich mich. Der Anfall wenige Stunden zuvor war lebensgefährlich gewesen. Guido liebte mich so sehr, dass er nicht von meiner Seite wich, während ich schlief, und dabei sogar eine Verstimmung des Herzogs der Romagna in Kauf nahm. Ich war nicht nur eine Belastung für Guido, der jederzeit mit meinem Tod rechnen musste: Meine Anwesenheit war auch gefährlich für Urbino. Das wurde mir in diesem Augenblick klar.
Was tue ich eigentlich hier?, fragte ich mich. Wir hatten doch von Anfang an gewusst, dass uns nicht mehr als ein paar Wochen Glück blieben. Der Anblick des kleinen Jungen an diesem Morgen hatte mir fast das Herz zerrissen: Ich würde Guido keine Kinder schenken können. Ich könnte ihm niemals die Geliebte sein, mit der er die nächsten Jahre verbringen wollte. Mit einem Wort: Ich war eine Belastung für Guido und eine Gefahr für den Herzog von Urbino.
Und was wollte ich eigentlich noch? Mein Verstand war durch das Opium so vernebelt, dass ich in den nächsten Wochen keine Chance mehr haben würde, mein Wissen aufzuschreiben oder einen Schüler zu lehren und in die Mysterien einzuweihen, bevor es zu spät war.
Vielleicht war es wirklich das Beste, ohne Abschied von Guido zu gehen – den Zeitpunkt der Abreise selbst zu wählen, bevor der Tod mich gegen meinen Willen mit sich nahm.
Ich trocknete meine Tränen. Ganz still lag ich auf dem Bett und lauschte der fröhlichen Musik, die aus dem Bankettsaal zu mir herüberdrang. Ich stellte mir vor, wie Guido während des Empfanges mit galanten Komplimenten um sich warf, sich von schönen, jungen Madonnen zum Tanz auffordern ließ und während des Saltarello bedauerte, dass er mit mir nicht tanzen konnte. Ich hoffte, er würde dem Botschafter der Romagna meine Grüße an Cesare ausrichten. Und dass sein Entsetzen und seine Trauer …
»Vergib mir, Geliebter!«, flüsterte ich. »Vergib mir, dass ich dir das alles angetan habe!«
Ich schob die Brokatdecke zurück und richtete mich auf. Langsam rutschte ich zwischen den seidenen Laken hindurch, bis ich den Rand des Bettes erreicht hatte. Meine Beine waren so steif, dass ich sie nicht bewegen konnte. Aufstehen oder gehen war ausgeschlossen. Ich musste kriechen. Nun gut, diese letzte Demütigung des Schicksals würde ich auch noch hinnehmen. Ich ließ mich auf den Teppich vor dem Bett fallen. Der Schmerz des Aufpralls nahm mir den Atem, und so lag ich eine Weile still auf dem Boden.
Stöhnend drehte ich mich auf den Bauch, richtete mich auf und zog mich vorwärts in Richtung der Kassette aus Walnussholz, die neben einer Büchertruhe an der Wand des Schlafzimmers abgestellt war. Das Holzpferdchen des kleinen Jungen stand auf der Truhe. Guido hat es wohl dorthin gestellt, dachte ich, während ich
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