Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
sagen durfte und was nicht, um mich nicht unnötig aufzuregen. Dann begann er: »Cesare hat mich um freien Durchzug seiner Truppen durch das Herzogtum Urbino gebeten. Und um militärische Unterstützung bei der Eroberung von Camerino. Er will meine Kanonen, um die Festung von Camerino sturmreif zu schießen.«
»Um Gottes willen!«, flüsterte ich. Camerino war nur ein paar Meilen von Urbino entfernt, und Guidos Nichte Fioretta war mit dem Sohn des Regenten der Stadt verheiratet.
»Ich brauche deinen Rat, Caterina! Soll ich ihm meine Kanonen geben, die besten von ganz Italien? Soll ich die Festung Urbino ihrer Verteidigung berauben, mich mit Cesare verbünden, damit er Urbino in Ruhe lässt? Soll ich um des Friedens willen meine Souveränität als Herzog aufgeben und mich ihm unterwerfen?«
Ich richtete mich auf und sah ihn ernst an. Der Feuerschein spiegelte sich in seinen Augen, als er meinen Blick erwiderte. »Als Lehensfürst des Kirchenstaates kannst du dem Bannerträger des Papstes deine Unterstützung nicht verweigern, Guido. Du würdest deine Exkommunikation und das Interdikt riskieren. Und Cesare würde Urbino erobern und keinen Stein auf dem anderen lassen.«
»Ich soll ihm also meine Kanonen geben und ihm Urbino auf dem Präsentierteller offerieren, in der Hoffnung, dass er das mächtigste Herzogtum Italiens nicht an sich reißt?«, fragte Guido. Ärgerlich warf er ein Stückchen Holz ins Feuer. »Wenn er Urbino unterworfen hat, liegt die gesamte Toskana offen vor ihm. Was kommt als Nächstes? Florenz?
Von der Eroberung deiner Heimatstadt hält ihn doch nur die Tatsache ab, dass Louis seine Gemahlin Charlotte d’Albret und seine Tochter Louise in Valence als Geiseln festhält, damit Cesare sich nicht zu viel vom Kuchen Italien nimmt und sich gierig auf seinen eigenen Teller legt. Wenn Cesare Urbino und Florenz unterwirft, kann er Louis aus Italien vertreiben, und alle Absprachen zwischen Spanien und Frankreich hinsichtlich einer freundschaftlichen Teilung des Kuchenstückchens Neapel wären hinfällig. Das Königreich Neapel wäre dann nur noch die Garnierung auf seinem Teller. Er könnte sich zum König von Italien machen.« Guido ließ sich müde in den Sand zurückfallen und sah hinauf in den Sternenhimmel. »Caterina, was soll ich tun?«
Am nächsten Morgen kehrten wir nach Urbino zurück. Guido schickte einen Reiter nach Mantua, um Elisabetta zu bitten, bei ihrem Bruder, dem Marchese, zu bleiben. Ein weiterer Bote sollte den Dogen von Venedig um Unterstützung bitten. Dann sandte er Cesare zähneknirschend seine Kanonen, damit er Camerino einnehmen konnte.
Cesare bedankte sich ein paar Tage später mit einem überaus freundlichen Brief bei Guido, »dem einzigen Bruder, den er in Italien hatte«. Mich ließ Cesare herzlich grüßen.
»Was hältst du davon?«, fragte Guido, als ich Cesares Zeilen gelesen hatte. Abwartend lehnte er sich auf der Holzbank gegen die Klosterwand zurück und beobachtete meine Reaktion, während er von den Oliven naschte.
Sein Neffe Francesco, der uns an diesem herrlichen Juniabend auf unserem Ausritt zum Kloster von San Bernardino begleitet hatte, wo wir im schattigen Obstgarten zu dritt zu Abend speisten, riss mir den Brief aus der Hand, um ihn selbst zu lesen. Seit er wusste, dass ich mit dem Duchino schwanger war, und mein Sohn – nicht er selbst – der Erbe des Herzogtums sein würde, waren die Launen des Zwölfjährigen kaum zu ertragen.
»Ich traue dem Frieden nicht«, gab ich zu und sah den Vögeln nach, die aufgeregt zwitschernd aus den Obstbäumen aufflogen und in Richtung der untergehenden Sonne verschwanden. Was hat sie so erschreckt?, fragte ich mich im Stillen. Und: Was erschreckt mich so?
Guido spießte mit seinem Dolch ein Stück Pecorino auf und steckte es in den Mund. Mir war der Appetit auf Schinken, Salami und Brot vergangen, und ich steckte meinen Dolch ein.
»Ich traue Cesare auch nicht«, sagte Guido ernst. »Aber was soll ich tun? Ich habe ihm freien Durchzug durch das Herzogtum gestattet. Er ist in Fossombrone, wie er es angekündigt hatte, um sich während der Sommerhitze einige Tage zu erholen, bevor er nach Camerino marschiert. Und er schreibt liebenswürdige Briefe, die keinen Angriff meinerseits rechtfertigen. Was soll ich denn tun? Ihn zum Abendessen nach Urbino einladen?«
» Diese Einladung würde ich nicht ablehnen, Exzellenz«, hörte ich eine Stimme hinter mir.
Ich fuhr herum und erkannte Cesare in seiner Rüstung, den Helm
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