Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
schon gar nicht!«
»In Bracciano hast du versprochen, dass Rodrigo Borgia nicht mehr lange leben wird!«, erwiderte er hitzig.
»Ich kann mich nicht erinnern, dir oder Giuliano ein Datum für das nächste Konklave genannt zu haben!«, konterte ich. »Wenn ihr also schon Einladungskarten für die Krönungsfeierlichkeiten verschickt, ist das etwas voreilig! Es wäre nett, wenn ihr künftig derartige Aktionen mit mir abstimmen würdet, wenn ich dabei eine der beiden Hauptrollen, nämlich die der Papstmörderin, übernehmen soll.«
Giuliano trat zwischen uns und hielt Gian Giordano davon ab, in seinem unbeherrschten Zorn auf mich loszugehen. Mein Cousin war durch die Ermordung von Francesco und Paolo und die Gefangennahme der beiden Kardinäle und Giulio Orsinis aufgebracht und sann auf Rache an den Borgia.
Niccolò Orsini trat auf mich zu. »Caterina, bitte entschuldige Gian Giordanos Zorn. Wir sind alle beunruhigt wegen unserer Cousins. Die Gefangenen der Borgia kommen selten lebendig und unversehrt aus der Engelsburg heraus. Wir haben lange beraten, ob wir dich fragen sollen, uns zu helfen, denn wir kennen dein … ähm … Verhältnis zu Rodrigo Borgia. Aber glaube mir, wir hätten dich nicht hergebeten, wenn es einen anderen Weg gäbe, Gian Battista, Rinaldo und Giulio Orsini das Leben zu retten …«
»Es gibt immer einen anderen Weg, Niccolò«, sagte ich und griff in die Tasche meiner Jacke, um eine Goldmünze hervorzuholen. Ich warf sie ihm zu. »Tu es selbst, Condottiere! Für einen Dukaten bekommst du in jeder Apotheke in Rom so viel Cantarella wie du willst. Für die tödliche Dosis wird es sicherlich reichen.«
»Du genießt sein Vertrauen, Caterina!«, begann Niccolò. »Nur du kommst nah genug an ihn heran, ihm das Gift in den Wein …«
»Nein!«, fuhr ich ihm in die Parade.
»Wir wissen alle, was du zu verlieren hast«, versuchte mich Niccolò wie ein kampferprobter Condottiere aus der Reserve zu locken, doch ich ließ mich nicht provozieren.
»Ich habe nichts zu gewinnen, wenn ich ihn töte«, erklärte ich.
»Was verlangst du, Caterina? Nenne uns deinen Preis!«, eröffnete Niccolò die Verhandlungen über die dreißig Silberlinge, die Rodrigo das Leben kosten sollten. »In bin vom Dogen der Republik Venedig ermächtigt, jeder Forderung zuzustimmen.«
»Nicht für eine Million Dukaten, Niccolò! Ich bin nicht käuflich. Ich werde an eurer Verschwörung nicht teilnehmen. Und ich sage euch auch, aus welchem Grund: Weil ihr mich nicht gefragt habt, warum ich Rodrigo Borgia nicht umbringen kann und will.«
Und auch jetzt brachte keiner von ihnen dieses vergessene und doch so wichtige Wort »Warum« über die Lippen.
»Wenn ich heute Nacht Rodrigo Borgia ermorde: Was dann? Dann wird in zehn Tagen das nächste Konklave stattfinden. Giuliano wird es sicherlich freuen, denn er kann sich den langen Rückweg ins Exil nach Savona ersparen.«
Giuliano, der wieder mit verschränkten Armen in seiner Fensternische lehnte, beobachtete mich scharf, während ich weitersprach:
»Da sich auch die meisten der französischen Kardinäle zurzeit in Italien befinden, werden sie rechtzeitig in Rom sein. Es dürfte also ein kurzes Konklave werden, nicht nur, weil Cesare mit seinem Heer vor den Toren Roms steht und keinen Stein auf dem anderen lassen wird, wenn sein Vater ermordet wird.
Ein Konklave in der Sixtina wird einer Belagerung und einem Beschuss aus Cesares Kanonen nur ein oder zwei hektische Wahlgänge lang standhalten, befürchte ich. Es wird also wahrscheinlich eine Papstwahl per Akklamation werden.« Giuliano nickte nachdenklich, sagte aber nichts. »Wie wir alle wissen, hat Rodrigo Borgia Adriano und die anderen neuen Kardinäle, die mit dem Kauf ihres Amtes Cesares Feldzüge zur Eroberung Italiens finanzieren sollen, noch nicht ernannt. Es werden also kaum spanische Kardinäle in Rom sein, die Papst Alexander nachfolgen können.«
Ich blickte in die Runde und ließ ihnen ein wenig Zeit zum Nachdenken. Adriano erwiderte meinen Blick. Dann fuhr ich fort:
»Da nach dem Tod von Rodrigo Borgia dann also König Louis als Cesares Verbündeter die stärkste Macht in Italien sein wird, schlage ich vor, dass ihr alle schnellstmöglich Französisch lernt. Denn wenn Kardinal d’Amboise, Louis’ engster Vertrauter, dank der schlagkräftigen Argumente von Cesares Kanonen per Akklamation Papst wird, könnte er sich den gut befestigten Papstpalast von Avignon als Residenz aussuchen. Wie wir alle wissen, lebt
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