Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
man in Rom gefährlich, weil die Orsini keinen Frieden halten können. Gian Giordano, lass mich ausreden!«, herrschte ich meinen Cousin an, der mir ins Wort fallen wollte. Gian Giordano war ein Verbündeter von König Louis: Natürlich schmeckten ihm meine Worte nicht!
    »Und wenn dann mit einem französischen Papst endlich der Widerstand Italiens gebrochen ist, wird Louis von der Lombardei aus in Richtung Süden marschieren«, fuhr ich fort. »Mailand ist fest in der Hand der Franzosen, und Florenz kann ohne Frankreich nicht überleben. Neapel hat aufgehört, ein selbstständiges Königreich zu sein, und ist zum Zankapfel zwischen Frankreich und Spanien geworden. Das restliche Italien – Umbrien, die Marken und die Romagna – hat sich Cesare unterworfen: der Herzog von Valence, le cher cousin et ami du Roi Très Chrétien.
    Louis wird Italien erobern. Und kein machtverliebter und ruhmsüchtiger italienischer Fürst wird sich ihm kampflos ergeben oder ihm auf dem Schlachtfeld ausweichen, wie die Römer Hannibal ausgewichen waren, um ihn jahrelang ins Leere laufen zu lassen. Einen nach dem anderen wird Louis entmachten und ins Exil schicken, wie Spielfiguren im Shah-Spiel, weil wir nie gelernt haben, einig zu sein, und weil auf dem italienischen Spielbrett der Macht jede Figur, auch die ganz kleinen, ihr eigenes Spiel spielt, statt sich auf die mächtige Figur des Papstes im Hintergrund und auf seine Pferde und Türme zu verlassen. Und deshalb wird Italien erobert.«
    Piero wollte etwas sagen, aber dann besann er sich und schwieg.
    »Ja, vielleicht könnten wir Gian Battista, Rinaldo und Giulio Orsini das Leben retten, indem wir Rodrigo Borgia töten, bevor er den Befehl zur Hinrichtung gibt«, erklärte ich. »Ihr sagt: drei Leben gegen eines? Ich aber sage: drei Leben gegen die Plünderung von Rom, gegen ein Massaker, gegen den unvermeidlichen Krieg mit Louis. Deshalb … Lass mich gefälligst ausreden, Gian Giordano!«, fuhr ich meinen wütenden Cousin an:
    » Deshalb werde ich Rodrigo Borgia nicht nur heute Nacht nicht vergiften, sondern sein Leben mit meinem gegen jedes Attentat schützen. Er mag ein Unheiliger Vater sein, aber das waren die meisten seiner Vorgänger auch. Er ist kein Despot wie Giulianos Onkel Sixtus IV ., der seine Macht durch eine blutige Vendetta und ein Attentat auf Lorenzo und Giuliano de’ Medici im Dom von Florenz sichern wollte, er ist kein Inquisitor wie Innozenz VIII ., kein Kreuzritter wie Pius II . ›Rom ist eine freie Stadt – jeder kann tun und lassen, was er will‹ – dieser Spruch ist von ihm.
    Und er hat es sogar geschafft, aus Rom eine friedliche Stadt zu machen – ich meine: soweit es die Orsini zuließen. Selbst seine Feinde geben zu, dass er Rom beherrscht wie noch kein Papst vor ihm. Er hat zusammen mit Cesare aus der Kirche eine unabhängige militärische Macht gemacht, die sich weder von Frankreich und Spanien noch vom Möchtegern-Kaiser Maximilian in die Knie zwingen lässt.
    Er, der Spanier, versucht wie Lorenzo vor ihm, Italien in Frieden zu einigen. Dass die Fürsten ihm den Krieg erklären, weil sie ihn mit ihrem eigenen zu kurz geratenen Maß messen und ihn für einen machtgierigen Tyrannen halten, und er Cesare auf das Schlachtfeld Italien schicken muss, um sie zur Vernunft zu bringen, ist nicht seine Schuld. Dass einer dieser Fürsten in seinem Wahn, unbesiegbar zu sein, die Franzosen ins Land rief, konnte er nicht verhindern. Und dass er es in all den Jahren noch nicht geschafft hat, die Franzosen wieder hinauszuwerfen und die Spanier gleich hinterher, bereitet ihm von uns allen wohl die meisten schlaflosen Nächte. Vor allem jetzt, nachdem sich Cesares Condottieri aus eigenen Machtinteressen gegen ihn verschworen haben und Cesare ermorden wollten. Diese unglaubliche Dummheit haben Francesco und Paolo Orsini mit ihrem Leben bezahlt! Rodrigo Borgia konnte doch nicht anders handeln, als sie für ihren Verrat zu richten!«
    Gianni sah mich blass, ja geradezu entsetzt an, als ich weitersprach:
    »Nein, Papst Alexander ist ganz sicher kein Heiliger. Aber er hat auch nie behauptet, einer zu sein. Er ist ein sehr liebenswerter Mensch, ein verlässlicher Freund, wenn man sein Vertrauen besitzt. Ich sage euch: Rodrigo Borgia ist der vernünftigste Papst, den wir seit langem hatten. Und ihn wollt ihr umbringen? Ich nicht. « Mit einem Seitenblick auf Giuliano in den tiefen Schatten der Fensternische fügte ich hinzu: »Ich hoffe, dass der nächste Papst ebenso

Weitere Kostenlose Bücher