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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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tun, was ich will. Ich besuche ein paar historische Vorlesungen über Julius Caesar, spreche Italienisch, Spanisch, Französisch, Latein und Griechisch, besuche meine Freunde und genieße mein Leben.«
    »Und wenn dir zufällig langweilig sein sollte, lässt du Priester weihen.«
    »Ich habe Giulio einen Gefallen getan.«
    »Ich bin nicht sicher, ob du ihm mit der Weihe und dem Priorat von Capua wirklich einen Gefallen getan hast. Lorenzo wird darüber ziemlich wütend sein.«
    »Der allmächtige, allwissende Lorenzo de’ Medici wird zornig sein«, lachte Cesare übermütig, um sofort wieder ernst zu werden. »Caterina, tu dir selbst und deinem Bruder einen Gefallen, und lass ihn seine Entscheidungen selbst treffen.«
    »Ich habe nur diesen einen Bruder – und den kenne ich erst seit ein paar Tagen«, verteidigte ich mich. »Hast du Geschwister?«
    »Mehr als genug! Mein älterer Bruder Pedro Luis war Herzog von Gandía, als er vor drei Jahren starb. Juan ist ein Jahr jünger als ich, also fünfzehn, Lucrezia ist elf und Jofré spielt noch mit Holzpferdchen. Die anderen kenne ich nicht. Und eigentlich will ich sie auch nicht kennen lernen.«
    »Das ist keine große Familie – ich meine: für einen Kardinal«, zog ich ihn auf. »Papst Innozenz hat acht Kinder, Kardinal della Rovere hat drei, Kardinal Piccolomini hat sogar zwölf Kinder. Da muss sich dein unheiliger Vater aber noch ein bisschen mehr amüsieren, damit er vor den Signori della Rovere oder Piccolomini Papst werden kann.«
    Cesare grinste über meine freche Bemerkung über das Liebesleben seines Vaters. Doch dann wurde er ernst. »So sehr er sich auch anstrengt, er wird keine Familie aus uns machen, Caterina. Wir Kinder sind nicht zusammen aufgewachsen. Wir haben nicht dieselben Mütter. Wir haben einen Kardinal als Vater, die rechte Hand des Stellvertreters Gottes – unfehlbar wie der Papst und unerreichbar wie Gott. Mein Vater hat ständig neue Geliebte. Die Liebe ist das Lebenselixier, das ihm ewige Jugend verspricht. Er ist derart in Giulia Farnese verliebt, dass ich an seinem Verstand zweifle – Giulia ist nur ein Jahr älter als ich!
    Die Einzige, mit der ich mich hin und wieder treffe, ist meine Schwester Lucrezia. Aber sie soll bald heiraten – einen spanischen Conte. Dann wird sie nach Spanien gehen.«
    Ich lehnte in den Kissen und strich über sein Haar.
    »Mea culpa!« , sagte er plötzlich. »Ich bekenne mich schuldig der Todsünde der Langeweile!«
    » Diese Sünde wirst du wohl nie begehen, Cesare.«
    »Ich könnte es nicht ertragen, wenn du mich eines Tages verlässt, weil du dich mit mir gelangweilt hast. Lass uns aufstehen: Die Sonne ist schon aufgegangen. Ich bringe dich zurück in den Palazzo Medici.«
    »Willst du Pater Giulio deine Sünden beichten?«, neckte ich ihn.
    »Nein, denn ich habe keine Sünde begangen.«
    »Du hast mit mir geschlafen, Exzellenz«, erinnerte ich ihn.
    »Das war keine Sünde, sondern ein Vergnügen. Und ich würde es jederzeit wieder tun.«

    Mir war feierlicher zumute als während einer Ostermesse im Florentiner Dom, als ich eine Stunde später auf der ehrwürdigen Sitzbank Platz nahm. Das alte Holz knarzte. Mit beiden Händen fuhr ich liebevoll über das Lesepult vor mir. Ich saß im Auditorium der Sapienza von Pisa, der berühmtesten Universität Italiens!
    Cesare hatte mich hierher geführt. »Ich hoffe, du bist angemessen beeindruckt«, rief er zu mir herauf. Er hatte in der Mitte des großen Hörsaals auf dem Rand des Dozentenpults Platz genommen und beobachtete mich mit verschränkten Armen.
    »Ich bin überwältigt! Es war schon immer mein Traum, eine Universität zu besuchen. Das Studio von Florenz, vielleicht. Aber hier in der Sapienza von Pisa zu sein … das ist einzigartig.«
    »Und was willst du in einer Universität?«, fragte Cesare.
    »Studieren.«
    »Die Artes Liberales? Welche? Das Trivium: Grammatik, Rhetorik und Dialektik? Oder das Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik? Wie wäre es mit der Historia Naturalis? Dann: Medizin? Philosophie? Theologie?«
    »Alles oder nichts!«, lachte ich übermütig. Es klang wie ein Schlachtruf.
    »Dann willst du also ein Doctor Universalis werden wie vor zweihundert Jahren Albertus Magnus?«, fragte Cesare. Schwang da Spott in seiner Stimme?
    »Warum nicht?«, fragte ich in einem möglichst herausforderndem Tonfall zurück. Die männliche Überheblichkeit, die sich darin gefiel, mich ständig zu erinnern, dass ich eine Frau war,

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